Auf dem monumentalen,
querrechteckigen Bild öffnet sich der Blick aus einer dunklen Höhle
hinaus aufs offene Meer. Der Betrachterstandpunkt liegt dabei so tief
im Inneren des Felsens, dass er sich, leicht erhöht, im Trockenen
befindet, während sich vor ihm die aufgepeitschte See, die Gischt und
die Wellen des Meeres ihren Weg durch die Steinbrocken bahnen. Die
Öffnung zum Meer hin zeigt das in dunkler Nacht liegende türkise
Gewässer gegen den blauschwarzen Himmel. Schwarz ebenso die wiederum
pastos modellierten Felsen im Bildvordergrund, die dem Motiv einen
natürlichen Rahmen geben. Dazwischen füllt wie ein Wirbel die beinahe
weiße Gischt der Brandung nahezu das ganze Rund der Höhle aus. Möwen,
die man vermeintlich kreischen hört, fliegen durch die Öffnung ins
Innere, lassen sich vom Sturm und den Wellen treiben oder finden einen
feuchten Platz auf den am Rand gelegenen Felsbrocken. Belebt wird die
Szene zudem durch filigrane nackte Nixen – weiße, feenartige Gestalten,
die wie ein Reigen, sich an den Händen greifend, mit wehendem Haar
durch die Gischt tanzen. Diese phantastischen
Wesen lösen sich durch ihre helle Farbigkeit in der Gischt zu körperlos
anmutenden Zauberwesen auf, die die natürliche Szene der Weißen Grotte
in die Welt des Unwirklichen rückt. Diefenbach schuf damit eines jener
Traumbilder, das die optischen Grenzen der erfahrbaren Wirklichkeit
sprengt und die Eigengesetzlichkeit aus dem Geist des Künstlers auf der
Leinwand umsetzt.
Der ausgelassene
Reigen und das Motiv des Tanzes tauchen in den Werken symbolistischer
Künstler vermehrt auf. Tanz bedeutet nicht nur die „einfache Beziehung
von Mensch zu Mensch“, sondern auch „die Überhöhung dieser Beziehung
durch einen Zustand des Entrücktseins, einem Gefühl dynamischer
Übereinstimmung mit dem Rhythmus des Lebens“. Claudia
Wagner: Der Künstler Karl Wilhelm Diefenbach, S. 186f. |