Karl Wilhelm Diefenbach (1851-1913)

Ich bin einer jener Menschen, welche selbst bei den ihnen nächststehenden und wohlwollenden Mitmenschen Schauder, Entsetzen und Trennung hervorrufen, über welche von diesen Nächststehenden ohne Ahnung und ohne Absicht ein Entsetzen erregendes Schicksal heraufbeschworen wird, welche aber ihren Weg, von ihrem Genius klar und bestimmt vorgezeichnet, gehen müssen, auch wenn er von den Nächststehenden und aller Welt als Irrweg erklärt und mit Dornen und Steinen belegt wird. Man kann solche Menschen verlassen, verurteilen und zu Tode martern, aber keine Macht dieser Welt kann dieselben abbringen von ihrem Wege.

So der Maler und Sozialreformer Karl Wilhelm Diefenbach, der sich als Naturpropheten sah, als Bahnbrecher einer neuen, ökologisch ausgerichteten Kultur, in seiner Zeit aber als Sonderling verspottet und für wahnsinnig erklärt wurde. 1897 gründete er in der Nähe von Wien die erste deutsche Landkommune, den Himmelhof, der ein Modell der Zukunftsgesellschaft werden sollte. Als Maler sensationell erfolgreich, wurde er als Reformer boykottiert, entmündigt und schließlich außer Landes getrieben. Auf der Insel Capri fand er eine Zuflucht, in seiner deutschen Heimat wurde er als Maler wie als Reformer vergessen.


Sein Eintreten für die Beachtung der Naturgesetze, sein Werben für ein einfaches, naturverbundenes Leben und die kompromißlose Konsequenz, wie er nach diesen Grundsätzen sein eigenes Leben gestaltete, wurden in seiner Zeit nicht verstanden. Er hat vor 100 Jahren schon vorausgesehen, was in der heutigen Gesellschaft in vollem Umfang bewußt geworden ist: Daß der Mensch nur in der Versöhnung mit der Natur und der Bewahrung der natürlichen Lebensgrundlagen auf Dauer menschenwürdig leben und überleben kann.
(Hermann Bellinger)


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