Cetatea - habsburgische Zwingburg über Kronstadt



Militärdienstverweigerung

Aus dem Tagebuch der Mutter, Eintragung von Nov. 1901


Vor was mir schon seit zwei Jahren, seit Gustav zum erstenmal bei der Stellung [Musterung] war, bangte, ist den 1sten November eingetreten. Gust hat den militärischen Eid verweigert.

O, schrecklicher Gedanke: Gefängnis!

Warum, lieber Gott, ist es so gekommen, daß er bei der Assentierung [Musterung] nicht untauglich war? Es wäre ihm und mir so viel viel Leid erspart geblieben, und er hätte ja doch ein guter Kämpfer für sein Vaterland sein können. Er konnte nicht gegen sein Gewissen etwas schwören, was er nicht halten kann, amen.

Ich will hier seinen ersten Brief aus dem Arrest [zitieren], wohin er abgeführt wurde, weil er bei der Eidablegung die Kappe vom Kopf nicht nehmen und die Hand zum Schwur nicht erheben wollte - die letzte Strophe eines Verses. Er schreibt:

In mein Herz sinkt Ruhe und Wonne, das ist der letzte Vers zu einem Gedicht, das ich gestern schrieb . . ." - das Papier kommt mir wieder in die Hand - „ . . . Ja, immer wohler wird mir zu Mut, immer wonniger, denn ich verläugnete die Wahrheit nicht. Auch heute nicht.

Schon in der Kirche, wo wir vor dem Schwur waren, wurde uns, mir, nahegelegt, daß wir ja aufrichtig und ehrlich sein sollten in all unserem Verhalten, denn, sagte uns Prediger Fischer: Was nutzt es dem Menschen, wenn er die ganze Welt gewänne und dabei Schaden litte an seiner Seele?

O, es ist nichts herrlicher, als wenn man treu ist einer edlen, einer reinen Überzeugung, mag dann kommen was da will, das Leid wird den, der treu ist, nie übermannen, ihn nie verbittern und die Freude wird ihn träulich beglei­ten. Könnt ihr mir das glauben, oder vielmehr: könnt ihr das einsehen, dann wird's Euch wohlsein und so wäre mir noch wohler, wenn ich euch froh wüßte. Ihr habt gar keinen Grund zur Trauer. O, nun das Leid für das Genießen, es hebt zu Freuden groß und leicht.

Ich hab Euch nichts mehr zu sagen. - Es kann nicht anders als nur gut gehen, wenn wir es nur an uns nicht fehlen lassen. Ich wünsche, daß es Euch so gut gehe wie mir. Hast Du, meine Mutter, dem Bruder schon geschrieben? Lasse es mich wissen, was Du schreibst. Wie sollte ich etwa schwören können, das ich in allem nicht halten kann?

Gustav

Nachschrift. - Und kannst Du Dich meiner nicht freuen, freu Dich des Karls, wie ich mich seiner freue."

Den 12ten November, Dienstagnachmittag nach 2 Uhr, ist mein Gustav durch 2 Soldaten, die das Bajonett aufgepflanzt trugen, aus der Altstedter Kaserne auf den Schloßberg ins Gefängnis eingesperrt worden.
Charlotte Gräser


Er predigte nicht Haß und Kampf, sondern war in stolzer Demut überzeugt, daß auf dem Grunde seiner Lehre ganz von selbst ein neues paradiesisches Menschendasein erblühen werde, dessen er selbst sich schon teilhaftig fühlte. Sein oberstes Gebot war: „Du sollst nicht töten!" was er nicht nur auf Mitmenschen und Tiere bezog, sondern als eine grenzenlose Verehrung alles Lebendigen auffaßte. Ein Tier zu töten schien ihm scheußlich, und er glaubte fest daran, daß nach Ablauf der jetzigen Periode von Entartung und Blindheit die Menschheit von diesem Verbrechen wieder völlig ablassen werde. Er fand es, aber auch mörderisch, Blumen abzureißen und Bäume zu fällen.
Hermann Hesse: Der Weltverbesserer


Trotz jugendlichen Alters hat er schon viel erlebt, beobachtet und nachgedacht. Er überlegt alles. Seine Verweigerung des Fahneneides als Rekrut in w w österreichischen Vaterlande hat ihm zwar eine Festungsstrafe eingebracht, aber sein Benehmen führte ihm die Achtung und die Neigung seiner Vorgesetzten und Kameraden zu. „Ich weigere mich zu töten", hatte er erklärt. 
Adolf Grohmann


Die Tore auf! Wir brauchen die Gefahren!
Kann‘s nicht der Feind, tritt auch der Freund nicht ein.
Hinaus, hinein! Lass wogen, wagen, fahren,
dass Feind und Freunde sich uns offenbaren.
Die Tore auf! Nicht nur dem Sonnenschein.
Auf Herzen, auf! Ob‘s noch so stürmt und droht:
Im Sturmgebrause wird die Freude rot.

Gusto