Hermann Müllers Gedanken zur Corona-Pandemie ab 2020, zum Impfzwang und zu Gusto

Es ist höchste Zeit, dass wir zur aktuellsten Frage, zur Gesundheitsfrage (Impffrage!), Stellung beziehen! Und zwar nicht nach dem Stand von 1915, sondern auf dem von heute. Dass Gusto damals Impfgegner war, ist bekannt. Dass er es heute noch wäre, möchte ich bezweifeln.

Exkurs

Statistische Untersuchungen über frühere Impfkampagnen gegen Mumps, Masern, Röteln oder Windpocken haben aufgezeigt, dass damals die Impfungen jeweils zu einem sehr späten Zeitpunkt, nämlich als die Krankheiten unter anderem wegen verbesserter Hygiene bereits auf dem Rückmarsch oder schon stark abgeklungen waren, auf den Markt kamen. Damit war das Erkrankungsrisiko sehr gering. Nebenwirkungen gibt es immer, und wenn eine ganze Bevölkerung, die sonst ja kaum erkrankt wäre, geimpft wird, können tatsächlich die Nebenwirkungen schlimmer ausfallen als die eigentliche Krankheit. Deshalb war und ist es berechhtigt, die herkömmlichen Impfungen in Frage zu stellen und Gegnerschaft verständlich.

Ganz anders verhält es sich mit den Corona-Impfungen, hier wurden mit modernen wissenschaftlichen Methoden die Impfstoffe in Rekordzeit innerhalb eines Jahres entwickelt. Natürlich konnte man mögliche Lanzeitwirkungen nicht erforschen, aber, so scheint es, haben die rasch verabreichten Impfungen die Pandemie doch einigermassen frühzeitig eindämmen können. Und damit scheinen doch die Nebenwirkungen auch relativ gering im Verhältnis zum Erfolg gegen die Krankheit zu sein. Die grössten Massenerkrankungen scheinen doch einigermassen eingedämmt worden zu sein, wenn auch 2022 noch immer eine kontinuierlich hohe Anzahl von Erkrankungen und Todesfällen zu verzeichnen ist.

Ein Hinweis sei erlaubt, wenn er auch nicht wissenschaftlich erhärtet ist: Während der Virusgrippewelle der Jahre 1918 bis 1920 starben nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation bei einer damaligen Weltbevölkerung von ruund 1,8 Milliarden Menschen um die 20 bis 50 Millionen, oder etwa 1 bis 3 % der Weltbevölkerung, heute scheinen bei einer Bevölkerung von 8 Milliarden bisher weniger als 7 Millionen Tote oder mit etwa 0,1 Prozent ein Zehntel oder ein Dreissigstel der damaligen Todesfälle zu beklagen zu sein.

Reinhard Christeller, Webmaster, Dezember 2022

Denn die Lage war damals eine völlig andere. Die Anhänger der Naturheilkunde befanden sich in einer Kampfsituation. Sie wurden als „Scharlatane“ und „Quacksalber“ von der Schulmedizin bekämpft, verunglimpft und manchmal sogar bestraft. Eine winzige Minderheit von Laien – Bauern und Schäfer, Künstler und Geistliche – musste sich der überwältigenden Macht der professionellen Ärzteschaft erwehren. Der Glaube an die Wissenschaft stand damals ja auf ihrem Gipfel. Ein Wissenschaftler wie der berühmte Virchow konnte sogar behaupten, Vegetarier seien gar nicht überlebensfähig. Ernährungsreform und Natur-heilkunde waren damals die beiden Säulen der erst später so genannten „Lebensreform“. Sie musste erst einmal erschaffen werden.

Die Naturheilkunde wurde erfunden von Menschen, denen die Schulmedizin nicht mehr helfen konnte, die von den Ärzten aufgegeben waren. Kneipp, Diefenbach, Fidus, Nietzsche, Richard Wagner und viele andere – sie vertrauten nicht aus Spaß und Genuss den oft beinharten Methoden der Naturheilkundler, sondern weil sie in ihnen die einzige Hilfe und oft die letzte Rettung fanden. Wer Hilfe und Rettung findet, wer neue, an Wunder grenzende Erfahrungen macht, der über-schätzt dann leicht die Möglichkeiten seiner Entdeckungen. Diefenbach glaubte, mit Vegetarismus sogar den Tod überwinden zu können, so wie heute manche Datenspezialisten glauben, als Digitalisat Unsterblichkeit zu erlangen.

Es gibt den Aberglauben der Wissenschaftsgläubigen, und es gibt den Aber-glauben der Naturheilgläubigen. Jede Denkrichtung bringt Dogmatiker und Fanatiker hervor. Normalerweise bleiben sie eine kleine Minderheit von Sonderlingen und Querulanten. Wenn aber die Gefahr groß wird, wenn Angst und Druck steigen - dann gewinnt diese Minderheit an Einfluss, dann wird die Eigenbrötelei von Einzelnen zum kollektiven Wahn. Dann sucht man einen Schuldigen für die Not, dann glaubt man an Verschwörungen, dann projiziert man seine Ängste auf vermeintliche Feinde. Als im Mittelalter die Pest ausbrach, wurden die fremdartigen Juden als Schuldige ausgemacht. Angeblich vergiften sie Brunnen und schlachten Kinder in ihren Ritualen. Grund genug für ein Pogrom.

Nach der selben Psychomechanik entstand der Hexenwahn, entstanden Ketzer-verfolgungen und der Rassenwahn der Nazis. Jetzt haben wir eine neue psychische Epidemie: der kleine Pieks in den Arm bedroht unsre Freiheit, ist unerträglicher faschistischer Zwang!

Merkwürdig: den Steuerzwang haben wir bisher geduldig ertragen, den Schulzwang auch, den Gurtenzwang, den Versicherungszwang, den Meldezwang, den Gesetzeszwang überhaupt, sogar den Nichtrauchezwang in öffentlichen Gebäuden und in Lokalen hat die Bevölkerung – erstaunlicherweise – widerstandslos hingenommen. Aber eine grandiose wissenschaftliche Erfindung, die zum Schutz unserer Gesundheit gemacht worden ist und uns angeboten wird, die lehnen wir ab? Die bedroht unsre Freiheit? Lieber sterben, als sich impfen lassen?

Viele sterben jetzt, reihenweise, Zehntausende. Nicht nur an einem Virus, auch an ihrem Wahn. Lieber sich und andere gefährden als eine Hilfe annehmen.

Wir leben nicht mehr im 19. Jahrhundert, die starren Fronten haben sich aufgelöst. Die akademische Wissenschaft behauptet nicht mehr, im Alleinbesitz der Wahrheit zu sein. Naturheilkundliche Methoden haben sich auf breiter Front durchgesetzt. Wer höhnt noch über Kneippkuren? Wer leugnet noch die wohltuende und heilende Wirkung von Wasser, Licht, Luft und Bewegung? Asiatische Heilmethoden von Chi Gong bis Yoga und Ayurveda haben Eingang gefunden. Vegane Kochbücher haben Konjunktur. Ja, die wissenschaftliche Medizin hat viel an Vertrauen verloren, nicht, weil sie nicht erfolgreich wäre (sie vollbringt ja wahre Wunder!), aber weil sie den Menschen als Ganzes, als Person und Seele, nicht genügend wahrnimmt.

Die Naturheilkundigen der verschiedensten Arten füllen eine Lücke, entsprechen einem Bedürfnis. Und das führt bei den Naturheilgläubigen, den vom wissenschaftlichen Materialismus Enttäuschten, zu einer Überschätzung ihrer Position und bei Ablehnung zu einer Trotzreaktion.

Eigentlich waren wir im Lauf von gut hundert Jahren zu einem vernünftigen Kompromiss gekommen: Schulmediziner schließen Naturheilmethoden nicht mehr aus, Naturheiler ebensowenig die Errungenschaften der Schulmedizin. Die Mauern waren durchbrochen; jetzt werden sie wieder geschlossen. Die Impf-gegnerschaft, ein Relikt des 19.Jahrhunderts, erlebt eine absurde Wiederkehr. Denn die besseren Einsichten sind da, werden längst praktiziert. Nun, unter dem Druck der Angst und der Belastungen des Alltags, erstarren die Fronten. Jetzt sind es die einstmals und lange Gebeutelten, auch heute noch Belächelten und Verlachten, die sich aufbäumen und meinen, die Wahrheit in der Hand zu halten.

Lieber tot als geimpft! So schreitet man heroisch in den eigenen Untergang.

Ja, Gusto Gräser war für die Stärkung der eigenen Widerstandskraft, war für die Erweckung der Selbstheilung. Das ist sogar eine Grundlinie seines Denkens. Er war aber kein Fanatiker und kein Dogmatiker, ganz im Gegenteil. Er war Vegetarier und hat trotzdem hie und da mal ein Würstl gegessen – weshalb er aus den ‚Dokumenten des Vegetarismus‘ hinausgeworfen wurde. Er war, in seinen frühen Jahren, ein Ultraradikaler, der weder mit Geld noch Pass etwas zu tun haben wollte. Hat Geld weggeworfen, wenn er es auf der Straße fand. Hat keinen Pass bei sich getragen, weshalb er immer wieder festgenommen wurde. Diese Radikalität war auf der einen Seite unsinnig, auf der andern Seite aber nötig – wenn man denn einen radikalen Neuanfang wagen wollte. Gräser ging in seiner Ablehnung der Tradition sogar weiter als ein Franziskus oder ein Jesus. Der heilige Franz glaubte immer noch an die Kirche, unterwarf sich den Weisungen des Papstes. Jesus hat das alttestamentliche Gesetz durch Liebe gemildert aber nicht aufgehoben. Gräser dagegen wollte den reinen Anfang, den Anfang vom Nullpunkt. Nicht die Traditionen der Kultur, nur die Natur sollte ihm zeigen, was Wirklichkeit und Wahrheit ist. Religionen und Traditionen sind menschengemacht, sind künstliche Gespinste, die die Menschheit über die Wirklichkeit gezogen hat. Was bleibt, wenn man dieses Gewebe wegzieht?

O Menschgesell!
Dein Freund ruft hier zu deinem Frohberuf:
Gesundzusein -
durchsonnt zu sein vom Geist –
fern Geizkrepanz, fern Herrschwahntowabu,
durchfallend, durch, heim in das Ganz,
heim in den Kranz der
Wunderwirklichkeit!
*
Ihr in Euren Kummerecken, seht, da kommt der Sonnenheld,
die Gesundheit anzustecken rennt er durch die schöne Welt.
Wo er weilt, da wird die Welt von gemütruhreichen Wonnen,
von der Muttermannheit Sonnen warm durchhellt.

Gräser wagte es, sich auf dieses Experiment einzulassen. Er begann mit der Totalopposition – aber er blieb dabei nicht stehen, er lernte ständig dazu. Er lernte, nach und nach, den Wert des Geldes, der Pässe, der Wissenschaft und sogar den des Staates schätzen. Ja, er entwarf eine Theorie, wie Staat und Wissenschaft und Demokratie in der Menschheitsentwicklung gesetzmäßig hervorgehen. Er begann mit der Ablehnung der bestehenden monarchisch-patriarchalischen Kultur seiner Zeit, und er endete mit der dichterischen Grundlegung einer neuen Kultur. Ohne seine widerständige Empörung von einst hätte er diese Großleistung nicht schaffen können. Der Rebell und Empörer wurde zum Stifter und Gründer.

Hermann Müller, Dezember 2021


Nur immer weniger lügen, nur mehr getreu unsrem Grund,
so muss stets holder sich fügen all Unfug ins Urgesund!