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Hermann Müller
ergänzt und kommentiert

Maria Hermanns Brief
zu Gusto Gräsers Hinschied


Die 3 Schachteln mit dem Nachlass von Gräser hat Maria Hermann mir etliche Jahre später, um 1970 etwa, übergeben, nachdem ich durch Müllerott ihre Adresse erfahren hatte. Der Inhalt der Schachteln wurde dann zum Grund- und Hauptbestand meiner Sammlung. Mit Dr. Müllerott habe ich in München gesprochen, ihn zur Veröffentlichung seiner Erinnerungen an Gusto ermutigt, was dann auch geschah. Auch er hat mir einige Erinnerungsstücke überlassen. Über die Frau Condula habe ich mal einiges Wenige erfahren und durch meinen Bruder in München bei den Nachkommen nachforschen lassen. Es hat sich aber nichts daraus ergeben, und auch der vollständige Name der Frau ist mir nicht mehr im Gedächtnis. Ein Brief von Maria Hermann an Martin Müllerott befindet sich in der Siebenbürgischen Bibliothek in Gundelsheim.

Wenn man bedenkt, dass es keine Todesanzeige gab, keine Verwandten sich um ihn kümmerten, dann ist es umso erstaunlicher, dass immerhin 30 Trauergäste zusammenkamen. Die Nachricht von seinem Ableben muss sich in kurzer Zeit mündlich verbreitet haben, und das setzt eine enge Verbundenheit unter Freunden und Bekannten voraus, eine Art „Gemeinde“ um Gusto Gräser. Hinzu kommt: Nicht jeder, der einen Menschen schätzt, liebt oder verehrt, wird auch zu seiner Beerdigung gehen können oder wollen. Man muß also annehmen, dass der Kreis seiner Freunde und Verehrer gar nicht so klein war, wie es auf den ersten Blick den Anschein hat. Julius Kirchner, der als Student einige Wochen mit ihm zusammen war, auch in seiner Dachkammer übernachtete, berichtet sogar, Menschen, die Gräser nahe kamen, seien ihm „mit wahnsinniger Hochachtung“ begegnet.

Ich selbst erinnere mich an einen farbigen Sergeant der US-Armee, der im Café Klein-Bukarest an der Theke saß, lange zu uns herübersah, plötzlich aufstand, an unseren Tisch herantrat und mit strahlendem Gesicht einen Packen Schreibpapier und ein Bündel Bleistifte auf die Tischplatte schmetterte. Er verstand kein Wort Deutsch, konnte nichts sagen, wollte einfach dem Alten eine Freude machen. Und hatte sich dafür mit Überlegung ein passendes Geschenk für den Dichter ausgesucht: Papier und Schreibstifte. Sie schüttelten sich wortlos die Hände, der Schwarze und der Siebenbürger.

Ein anderes Beispiel: Die Schauspielerin Hannelore Dietrich aus Kaiserslautern schickt ihm am 24. Februar 1957 ein Geschenk und schreibt dazu: „Lieber Vater Gräser! ... Als ich Sie am 16. Februar in der Milchbar auf dem Münchner Hauptbahnhof sah, wußte ich, lieber Vater Gräser, daß ich Ihnen eine kleine Freude machen mußte ...“

Es hat also immer wieder Menschen gegeben, die den „Freund“ in ihm erkannten oder wenigstens spürten, eine verborgene Schar von meist heimlichen, manchmal auch bekennenden Verehrern.
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