L a s s e n,
Mut Du heiliger Enthaltung,
Entfaltung unsres Wesens ist Dein Preis,
und unsres Geistes heitere Gestaltung -
wohl uns, wenn einer recht zu lassen weiss!
So sammelt sich von selbst sein Sam, der Leben zeugt,
von selber fasst er Wurzel in dem Grund -
so kommt er heim, und heimlich kommt und keimt empor sein Stamm,
sprosst auf sein Volk - blüht auf des Menschseins weit und breit
verzweigter Baum. - - -
Oh Mensch - o lass - lass werden!


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Lass und es fliesset der heilige Saft –
lausch, und es rauschet die gottvolle Kraft;
herzlicher Hörer vernimmt sie – herrlicher Störer
verstimmt sie, dass sie ihn stösst in die Haft,
stürzt in Gramelends grausiges Nicht - - -
Willigkeit – Treue – Vertrauen
hebt die gewaltge ins Licht!

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Lass gehen, Freund:
Dich, mich - lass alles gehen!
Es geht allein zu dem, was wahrhaft hält.
Von selber wirkt das göttliche Geschehen,
gedeiht die Ordnung, die durch Zwang zerfällt.
Lass gehen, Freund - und alles wird, wird gut,
wo nur die Störerin, die Feigheit,
ruht.

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Vorüber – alles wohlbekannt.
Was haschen und was hassen?
Der warmen Sonnen zugewandt,
so geh ich ganz gelassen.
Aus allen Höhlen hallts: Hoho!
Wie sollts auch anders hallen,
wenn durch die Lande daseinsfroh
die freihen Tritte fallen?
Aus allen Kasten knarrt es: „Steh,
Du Narr!“ – Mich aber heißt es: „Geh!“
Jawohl, ich geh, was hält mich fest?
Hussah, wer will mich fangen?
Dem bleibt vielleicht ein fauler Rest
in seinen Fingern hangen.
Denn mit den Lüften geht mein Lauf,
hin durch die engsten Spalten.
Ich halt mich über Euch nit auf –
wie wolltet Ihr mich halten?
Ihr wollt mich greifen? Hahaha!
Begriffen bin ich nimmer da!
Ihr fangt mich nit in Fach und Stand,
bin da längst durchgefallen,
aus Euren Kasten durchgebrannt
ist längst mein heißes Wallen.
Und Du, Genoss im Ichfrostbann?
Oh hör, es flüstert Leben:
„Ich fließ in immerfleißgem Fluss, fließ mit,
fließ mit!“ - hörst Du den Gruß?
Wohlauf, Dich frei zu geben!
Allwarme Sonne steigt im Ost –
wohlauf, o Herz, entrinn dem Frost!

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