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Auf, frischen Mutes!
Vorsicht ist Mutter
des dumpfen Blutes!
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Donnerdrein, Du Erdensohn! Komm hervor aus dem Gewohn!
Farbe musst Du mir bekennen – Du versteh, ich meine Blut –
innig in der Brust muss brennen, was Dein Haupt, Dein Handel tut.
Auf aus all der Pein – in den Kampf hinein!
Über all die Wichte halte Dich nit auf –
Deine Schritte richte nach des Blutes Lauf,
thu es nit verhocken in dem dumpfen Haus,
wenn die Lüfte locken –
Raus!
Wichte sitzen in der Kammer, kümmern sich um jeden Schiss,
wichtig tut auch noch ihr Jammer – oh du Kammerkümmernis!
Grauer wird ihr Blut und grauer, denn die Luft im Sittenloch,
die wird stinkig in der Dauer –
 raus –
denn sonst erstickst Du noch.
Nur wo Wetter droht, wird dein Blut dir rot!
Aber in dem Weichen wirst auch Du ein Wicht,
musst auch Du erbleichen – Bube, weiche nicht!
Lern die Stürme loben und den frischen Straus,
wenn die Wetter toben –
Raus!
Ohne Kampf in Saus und Braus muss das Herz verderben!
Drum in Deinen Kampf heraus – oder, in dem dumpfen Haus:
ducken, mucken, sterben. – Wer nicht kämpfen will, verdorrt –
Raus,
Gesell, an Deinen Ort!
Kampf ist uns Glück!
Friede – nimmts zurück!
Ringen unser Leben,
Wachsen unser Heil –
und dies Leben eben
hält kein Krämer feil.
Bursche, soll was lachen,
lass den satten Graus
 und aus all den Sachen –
RAUS!!!
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Was leben will – muss wagen!" frohlockt Urlebens Hauch. -
Komm jetzo – nit vertagen, zu Deinem Tage sagen,
jauchzen: Ich auch - ich auch!
O Freund, im Wissensgrauen vertrübt Dein Auge ganz –
komm, hier im Wesensblauen, kannst Du ihm nur vertrauen,
gewinnt es neuen Glanz!
Komm, Freundchen, sonder Zagen in den durchsonnten Raum.
Da fängt es an zu schlagen in wuchtigem Behagen,
Dein Herz, Dein Lebensbaum.
Fängt selig an zu glühen im heilgen Sonnenschein,
aus dunklen Erdenmühen in heller Lust zu blühen,
in fröhlichem Gedeihn.
Komm, treuen Hauptes ragen empor aus nichtgem Streit,
wildedle Früchte tragen, so voller Urbehagen,
harrei, voll Heiterkeit.
Mit tausend Samen fliegen ins mütterliche Feld!
Sich im Vertrauen wiegen: Es wird ja sicher siegen
der wärmste, hellste Held!
Hinein in Deine Leiden! Hinein in Deinen Grund!
Nur hinter Angst und Neiden erblühn des Herzens Weiden
und wiegen es gesund.
Jetzt scheint die Sonne eben, jetzt weht der Tauwind – auf!
Jetzt tritt hinein ins Leben! Jetzt setze Deins darauf!
Komm, geh mit mir vollkommen entschlossen in den Tag!
Froh harrend, was da kommen, was da noch keimen mag.
Komm mit, ein Freier, Frommer,
frischweg die Welt gefreit!
Sie harret voller Sommer –
komm, jetzt – ist hohe Zeit!
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Welt, ich will, jah, lass uns gehen,
willig will ich wandern,
nit verstockten Athems stehn
bei dummstolzen Andern –
ja, ich will, weils mir gefällt,
mit Dir, sonnentreue Welt!
Wie die Tiere, daseinsfroh,
ohne dumme Sorgen,
gehts nit so, dann gehts halt so,
irgendwann und irgendwo
sind sie doch geborgen.
Grad dieNot und die Gefahr
schafft sie all so hell und klar.
Locket mich das Morgenrot,
komm ich angesprungen,
und dann wird mit Erdennot
stillvergnügt gerungen –
und dann in die heilge Nacht,
grad so wie's die Erde macht!
Hah, ich folge ihr, ich fall,
mächtig angezogen,
bummle mit dem Erdenball
einen dreisten Bogen –
Denn es ist ja alles Eins:
Allso ist ja Alles Meins!
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Nun ich bereit zum Wandern,
hellt sich mir jeder Raum,
ein Schritt ergibt den andern,
ich geh – ich merk es kaum.
Ja, wer zum Wandern ganz bereit,
lebt hier – in aller Ewigkeit.
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Hinter mir die dumpfen Sichrungsplagen -
Wildgefahr, nimm den Gefährten auf!
Über Klippen, über Schollen, lass ihn
rollen, rollen, rollen,
dass er ründe in dem harten Lauf!
Nimm mein Bröcklein, Strom des grossen
Lebens, auf in Dir! - Gibt es ein seelger Fest?
Nimm, du krafterfüllter heilger Weltenwillen,
nimm mich hin, mich völlig zu erfüllen -
 Du, der Seiner Keinen darben lässt!
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Ein Spiel ist dann erst ein schönes Spiel,
ist's ein gewagtes, ihr Jungen!
Drum zögert und zaudert und zagt nit zuviel
und fragt nicht nach Ausgang, nach Zweck und nach Ziel
und frisch ins Wage gesprungen.
Hinein ins Gewoge des Lebens gewagt,
dass uns Schönheit blühe,
uns Freude tagt!
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Erde,
dir mein Leben völlig zu ergeben
hab ich mich bereit'.
Hab dich nun gefunden,
kann nun ganz gesunden
von dem nichtgen Neid.
Treu im Wandel schreiten
willich meine Bahn
und in frischem Streiten
deinem Heile nahn.
Reger sind die Kräfte,
freiher ist der Blick;
nie - so tönts tiefinnen -
wend ich mich zurück.
Lass die Wolken drohen, deine Flammen lohen
göttliche Gefahr.
Brenne, zünde, zünde, bis ich überwinde,
was fürs Feuer war.
Bis ich tief verschweiße, golden, feuerhart,
hetze, heize Hitze – bis ich bleib im Blitze
und mich nichts mehr narrt.
Ha, nach Kammerkummer
 und nach Schlemmerschlummer
gier ich nimmermehr.
Durch die Lasten dringen,
 in die Lüste ringen,
das ist mein Begehr.
Treu mit trutzgen Tritten
in das Freihe traun,
aus des Herzens Mitten
froh mich zu erbaun.
Ha, zu Kreuze kreuchen
um den Knechteschmaus?
Herz und Hirn verseuchen?
Das ist aus – ist aus!
Not, dein ruhlich Treiben soll mich rühren, reiben,
rollen durch die Flut,
über Rasenlippen, über Felsenrippen – her,
was geht, ist gut!
So von Dir getrieben will ich wagen, lieben,
Nottatwege gehn.
Not, Du wirst mich lehren, meine Kraft zu mehren,
liebend zu verstehn –
dass ich nimmer tandle, ein verhuckter Wicht,
dass ich erdrecht wandle,
nimm mich ins Gericht!
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Ein Bächlein murmelt leise
ein Liedlein für sich hin:
„Ich quille, walle, quelle
mit willig heller Welle,
mit sprudelnd queckem Sinn,
weil ich ein Wandrer bin!
Ein Wandrer in allen Welten,
doch traulich weilend stets;
was meine Wellen schwellet,
das Glück, das mich erhellet,
aus dunklen Wolken wehts:
Es geht, doch nie vergehts.
Zu Tale trag ich heiter
der dunklen Wolke Gruhs.
Der Berg, der will es grühsen,
ich aber will es küssen
mit manchem kosgen Kuss.
Will singen ihm mein Liedel:
„Ruhringeringelreihn“,
das tut ihm so gefallen
und seinen Sprossen allen,
dass sie erblühn, erblauen -
dann muss ich weiter schauen.
O Wandern, Wenden, Winden,
dran hab ich nie genug!
Was auch die Menschen sagen,
um ihre Ruh sich plagen -
die stolze Ruh ist Trug,
ist traurig trüber Trug!
Fleissruhig will ich fluten
wohl mit der schönen Welt.
Zur Sonnen will ich wallen,
zur Erde wieder fallen,
flott, wie es mir gefällt.
Der Freundschaft holde Stille
ist meiner Wellen Wahl,
in Eintrachtfluten sinken
und kraftbeseligt singen
im endelosen All.“
O Bächlein, Freude, Freude!
Wohl mir, dass ich gelauscht!
Es hat in meinen Tiefen,
wo Urgefühle schliefen,
ein Widerhall gerauscht!
 

 
Leben ist ein Wanderwohnen,
eine Wonnewanderschaft –
wo das Eine ist zerronnen,
ist auchs Andre ohne Saft.
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Wandern, wohin? Wohinaus, wohinein?
Wandeln Allhier!
Das, Gesell, wird das Heitre sein!
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Leben – ist keine Reise,
werweisswieweit –
ist eine Art und Weise
Wandelgewohn im Kreise
des ewiglichen Heut,
voll Tiefanwesenheit.
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 Wandrer – wer ist's?
Freih wie der Wind, wie der Sonnenschein,
so – tritt – er – ein.
Wir fragen woher, wir fragen wohin? Von hier, heisst es heiter,
gradher wo ich bin!
Gibt frisch uns ein Lied, einen Ohrenschmaus –
wahrhaftig – sind wir oder er hier zu Haus?
Wir fragen, wir drängen, wir wollen verstehn - - -
da sehn wir schon ferne den Wonnigen gehen.
Doch in uns fühlen wir uns selber bewährt –
uns Alle hat seine Nähe genährt.

Gusto Gräser
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