Heimat






Vom Heim also
und der Heimat will ich zu euch sprechen; ich, der heimlose Wanderer,
zu euch, die ihr Wandernde seid!
Bist du sicher in deinem warmen Steinhaus? Bist du des Herdes sicher, den du hast?
Bist du sicher auch nur einen Augenblick, dass er Rast habe, Weile und Dauer?
Gusto Gräser in Johannes Schlaf: Das Fruchtmahl

Menschen, Heimat braucht die Erde!
Darum all der Völkerstreit, darum all die grause Schwerde,
darum, darum all das Leid!
Heimat, nimmer zu erzwingen von der Lüge feigem Knecht
aber sicher zu erringen von dem Manne, brav und echt.
Menschen, Heimat braucht die Erde!
Hört die Not! Sie singt, sie schreit:
Mannheit wachse, Heimat werde.
Es ist Zeit!
*
Dort der gestempelte Schwindel -
hier Heimat: Aufrichtigkeit.
*
Vom Vaterland, zu oft verwechselt mit Futterland -
zur Heimat, der ganzen Menschheit Band.
*



Heimat –
so läutet's immer noch in mir seit Jünglingsjahren,
so klang's, wenn Graun diequer mir kroch, es sang,
wenn tief ich oder hoch das Leben durchgefahren.
Hier findt der Herzfunk seinen Halt in herdeng trauter Hege,
dass er als heisse Glut sich ballt, als heitre Flamm lohlachend wallt,
vergoldend alle Wege.
Bei mütterlichem Heimatherd, bei seiner trauten Atze,
da merkt er, was der Wehre wert, da lernt er, was nur Herdglut lehrt:
Schutzkraft dem heilgen Schatze.
Ein Trauerhaus nur wär die Welt ohn Heimatsingsangsonne!
Drum Heilgruss Dir, du schlichter Held, der Heimart übt in unsrer Welt,
Erdsternes Himmelswonne!
Sing uns, mein Lied, beschwing, mein Reim, herzhaftigliches Trauen,
dass wir vertraulich insgeheim die Blütezeit dem Menschenkeim,
Urheimatwelt erbauen!
*
O Wald am Berggelände,
Du rauher, trauter Wald,
wo von der Felsen Wände mein Echo widerhallt!
Es schauert mir im Grunde - o Wald, mein Heimatland -
wo all die weite Runde umschlingt der Ruhe Band!
Zu Deinem Urgeschlechte schlag ich mit rauhem Bart -
und nit zu dem der Knechte, fein, glatt und ohne Art!
Dem Redlichen, dem Rauhen, das in der Wetter Wucht
erwuchs, will ich mich trauen in all der Tage Flucht.
Dem gleissnerischen Glatten, das durch Paläste kriecht
wie Viperwurm und Ratten - schlägst Du ihm nach?!
Ich nicht!
*



Heimat ist des Lebens Mitte,
in der Freihes ringeruht -
aus der allerkleinsten Hütte
lenkt es zu dem grössten Schritte,
sprengt es ins Weltwohlgemut.
Fehlt das Mitteltum, verfällt
ruhlos, ruchlos alle Welt.
*
Was Weltherz will:
Aus Urgemüthes Still uns einvertraun,
aus Schauerschaun, aus Allerinnrungsmitten,
im Lebenswald tieftraute Notwendhütten,
Urheimatwelt aus Unheimwust
erbaun.
*
Versunkener, du unser Heimatsohn,
du suchst kein Glück, hahah, du bist's ja schon.
Du stehst in keiner Fron, an keiner Krippen -
hilfst, heilst und rettest aus des Herzens Mitten,
aus seinem Lohn. - Dein schönster Lohn!
*

*


 
Titelblatt von Willo Rall zu Gusto Gräser: Heimat. Berlin 1912

Von den stolzen Höhen steig
ich zum Heimatthale.
Werktagrauschen, Festgegeig,
Kinderjubel, Dorf am Teich
winken mir zum Mahle:
Iss und trink, o Volkessohn,
komm, lass dich nit bitten,
hier in unsrer Mitten
ist dein Heilgewohn!
*
Ihr heimatlichen Matten,
bin wieder da bei euch!
O Heimat, meine Freude, auf dieser Erdenweite
kommt dennoch dir nichts gleich!
Wie lange wird es währen, dass wir beisammen sind?
Wie lange werd ich bleiben? Wirst du mich weitertreiben?
O Heimat, halt dein Kind!
*
Oft muss gar weite Reise
durchwandert sein, zu fügen
traute Kreise.
*