SPIEGEL
Geschichte
16. Dezember 2021, 00.08 Uhr •
Kaum rollt der Zug aus Stuttgart ein, gibt es einen kleinen Auflauf, als Gusto Gräser im Juni 1909 Pforzheim besucht. »Naturmensch« oder auch »Kohlrabi-Apostel« nennt man Typen wie ihn dieser Tage. Dass die moderne Industriegesellschaft und die bürgerlichen Zwänge des Wilhelminismus Seelen und Körpern nicht guttun, hat sich auch abseits des Klassenkämpferischen bis in die Köpfe der Bürgerkinder gebrannt.
So eins ist auch der gebürtige Siebenbürger Gräser. Rohkost, Nacktkultur, »Fernost« – der »Pforzheimer Anzeiger« schreibt: »Seinen Anschauungen gemäß verwirft er die Kleidung der heutigen Kulturmenschheit und trägt über dem Hemd einen buntfarbigen Ueberwurf; an seinen Bart läßt er kein Schermesser kommen, ebensowenig auf sein Haupt, so daß ihm die dunkelblonden, gepflegten Haare bis auf die Schulter wallen.«
Der Ausflug ins Badische endet indes in der Arrestzelle: »Leider kannte man den Fremdling in Pforzheim nicht, so daß er hier recht übel empfangen wurde. Während ihm die Jugend johlend nachsprang, verlangten Erwachsene, daß die Polizei gegen ihn einschreite«, berichtet die Zeitung weiter.
Papiere hat Gräser, 30, keine. Tags drauf sitzt er daher in der Bahn retour nach Stuttgart, statt seine Gedichte und Sinnsprüche zwischen herzhaftem Spott, Avant-la-lettre-Dada und schwülstiger Naturmystik für Pfennige auf selbst gedruckten Flugblättern zu verkaufen.
Barfüßiger Vagabund auf Europatour
Es wird nicht seine letzte Ausweisung sein. Seit gut einem Jahrzehnt ist Gräser bereits Vagabund, streift durch Europa, lebt zeitweilig in Weimar oder Zürich, in Berlin, München oder Wien. Seit er seine Lebensgefährtin Elisabeth Dörr kennengelernt hat, sogar mit großer Familie im Planwagen.
Stuttgart, wo er nach der Ausweisung aus Sachsen 1912 wohnt, wird ihnen mehr und mehr zur Heimat. Eine »Herzgegend« nennt er Schwaben. Jahrzehnte später wird er Stuttgart einen Brief schreiben: »Stuttgart! – Allwelt – ihr Notmund ruft: Bist uns berufen, heimlich auserlesen, Gutstart zu sein, RINGHORT zu sein dem notgen Weltgenesen: Heimkehr zur Wirklichkeit!«
1915 soll er jedoch auch Stuttgart verlassen. Kein gutes Pflaster für barfüßige Bartträger. Per Flugblatt verteidigt er sich und hebt an: Nun solle er, ein deutscher Mann, wegen seines deutschen Tuns ausgewiesen werden? »Jawohl, wegen der Deutschheit seines Tuns, denn es ist aufrichtig und sein Beweggrund ist, des deutschen Lebens Rein- also Einigung«, schreibt er lässig empört.
Kinderimpfung gegen Pocken? Auf keinen Fall
Dazu gehört für ihn unbedingt auch: Keinesfalls will er der Pflicht nachkommen, seine Kinder gegen die gefährlichen Pocken impfen zu lassen. Gräser im Flugblatt:
»Und auch … Ihre Weigerung, ihre Kinder impfen zu lassen. Auf deutsch aber – Haben sie eben keine Bazillenangst, brauchen sie keine Bazillenpolizei und sind so frei, zum Wohle aller ihre eigenen Gesundheitswächter zu sein, indem sie immer wacher und wackrer sich aller kränkend fremden Eingriffe und Einflüsse erwehrend, immer gesünder und gesundheitansteckender leben.«
Sonstige / nicht zuzuordnen
Am 16. Dezember kommt »Monte Verità – Der Rausch der Freiheit« ins Kino, ein Spielfilm über die legendäre Kolonie früher Aussteiger im Tessin. Das Hippie-Urbild Gusto Gräser hat darin keinen großen Auftritt, obwohl er zu den Gründern der Siedlung zählte. Eine weithin vergessene Symbolfigur einer neuen Lebensweise in Mitteleuropa.
Vermutlich prägte er auch das Denken des Literaturnobelpreisträgers Hermann Hesse und soll für »Demian« Modell gestanden haben. Und wie der Demian ist Gräser von unheimlicher Ambivalenz. »Monte Verità« zeichnet epische Bilder schöner Menschen auf sonnengefluteten Bergwiesen.
Im Idyll von Urwüchsigkeit und Aufstand geht verloren, dass in der Lebensreform auch die Wurzeln von heutigen Bewegungen wie »Querdenken« liegen.
Zeitlebens ein stolzer Außenseiter
Gustav Arthur Gräser, Jahrgang 1879 und Sohn eines Amtsrichters, gefällt sich schon als Jugendlicher in Kronstadt, dem heute rumänischen Braşov, als stolzer Außenseiter. Er bricht Schule und Ausbildungen ab, seine Künstlerkarriere endet, bevor sie richtig beginnt. Mit 19 Jahren zieht er in die Kommune des Münchner Malers und Vegetarismus-Pioniers Karl Diefenbach, wo man barfuß, in weißen Gewändern und mit Blumen im Haar schon eine neue Zeit lebt – unter autoritärer Führung.
Wenig überzeugt verlässt Gräser die Gemeinschaft, verbrennt seine Werke, streunt durch Europa. Mit seinem Bart, den langen Haaren und dem geflochtenen Haarreif halten Kinder der Alpendörfler für den Heiland selbst. 1899 trifft er seinen Bruder zu einer Italienreise. Karl Gräser, frustrierter Offizier der k. u. k. Armee, hat zuvor in einer Naturheilanstalt neue Freunde gefunden, einen belgischen Industriellensohn, eine deutsche Pianistin. Vielleicht wollen auch sie das versuchen: ein Sanatorium gründen, gesunde Ernährung, Licht- und Luftbäder.
Um das Jahr 1900 herum entsteht in Deutschland eine Vielzahl von Bewegungen. Gebündelt tragen sie bald einen Namen, zugleich ganz groß und ganz klein: Lebensreform. Reform, das ist immer eine Nummer kleiner als Revolution. Und Leben, das ist immer ein bisschen zu viel, um es noch greifen zu können.
Eine ziemlich anstrengende Kommune
Friedrich Nietzsche und Lew Tolstoi können als Vorbilder dieser Denkweise gelten: Philosophen eines neuen Individuums, der Befreiung von Zwängen durch Verzicht wie durch Feste. Viele sollten ihnen folgen – neue Mode, neue Gemeinschaften, neue Ernährung. Frauenbewegung und Vegetarismus, Wandervogel, Reformhaus und Freikörperkultur.
Auch Karl Gräser, Henri Oedenkoven und Ida Hofmann gehören zur Lebensreform-Bewegung, bald auch der wandernde Gusto, ebenso Idas jüngerer Schwester Jenny Hofmann sowie Lotte Hattemer, Kellnerin aus gutem Hause. 1900 gründen sie im Dorf Ascona ein Sanatorium, das bald mystische Dimensionen annimmt.
Der Monte Verità ist ein Nullpunkt. Hier haben Gesundheits- und Massentourismus ihre Keimzelle wie auch der Ausdruckstanz; hier entwickeln sich der europäische Anarchismus weiter, der Vegetarismus und die abgespaltenen Schulen der Psychoanalyse. Es ist ein Greatest Hits der kommenden Avantgarden. Alle sind da, alle haben auch was mit allen, stopfen sich trotz »Vegetabilismus« heimlich ein Schnitzel in den Mund und Koks in die wunde Nase: Hermann Hesse und Erich Mühsam, Otto Groß, Mary Wigman und Käthe Kruse.
Das Leben auf dem Schweizer Hügel ist anstrengend, fordernd. In der klassischen Erzählung darüber bleibt Gusto Gräser eine Randfigur. Immer ein Gramm weniger Bedarf als du, weniger Besitz als du, weniger Begier als du – das kommuniziert er auch.
Hermann Hesse lernt Gräser 1906 in Schwaben kennen, auf Wanderschaft. Der ältere Schriftsteller schließt sich der kleinen »Sonnenbrüder«-Truppe an und wird bald Stammgast im Tessin. Gräser lebt da schon in einem Nachbardorf in einer Höhle – richtig dabeihaben will den exzentrischen Lebensreform-Fanatiker kaum jemand. Er übt sich im Eremitischen, schnitzt einen Einbaum, übersetzt Laotses »Tao-Te-King«.
»Er ist ein schöner Mann und von der grössten Liebenswürdigkeit, offen, wahr und treu.«
Aus einer Reportage über Gusto Gräser (1904)
Seine Schriften mögen von einer konservativen Naturmystik zeugen, zugleich zeigt seine Lebensweise eine anarchisch-politische Haltung: Obstbäume pflanzen, damit Wandernde essen können, und stundenlang in der Sonne liegen. In der Reportage »Die Vegetarier-Ansiedlung in Ascona und die sogenannten Naturmenschen im Tessin« von 1904 heißt es über Gräser:
»Er hat vor, sein Felsenheim zwar klassisch einfach, aber doch malerisch und gemüthlich auszugestalten aus allerhand Siebensachen, und dann eine Lebensgefährtin zu suchen, ein braves und schönes Felsenweib, das er gewiss noch finden wird, denn er ist ein schöner Mann und von der grössten Liebenswürdigkeit, offen, wahr und treu. An ihm ist alles echt und eigen, und ein reges, tiefes Gemüthsleben liegt in ihm.«
Elisabeth Dörr und Gusto Gräser, ihre wachsende Kinderschar und ihr Esel werden weithin bekannt in den alternativen Nischen des Deutschen Reichs. Gräser hält Vorträge, verärgert mit seinem Schmarotzertum Freunde und mit seiner Aufmüpfigkeit Obrigkeiten. Schon 1901 gab es Festungshaft wegen Militärdienstverweigerung, 1916 soll er gar im Habsburgerreich zum Tode verurteilt werden, weil er sich der Einberufung entzog. Stattdessen wird er in eine Anstalt eingewiesen.
Furcht vor Impfungen, typisch deutsch
Bei seinem Rauswurf aus Schwaben im Jahr zuvor verteidigt er sich spöttisch: Was ihm und seiner Familie zur Last gelegt werde, sei eigentlich typisch deutsch. Tatsächlich sind die Vorwürfe nicht ohne Komik – eine kleine Menschenansammlung bei Vorträgen, Widerworte gegen die Straßenpolizei. Schwerer wiegt da schon, dass er keine Schulpflicht akzeptieren will. Und ebensowenig die Impfpflicht gegen Pocken
Heute wissen wir: Sich aus ganz grundsätzlichen, ideologischen Gründen nicht impfen zu lassen, ist in der Tat typisch deutsch. Schon 1881, bald nach dem Reichsimpfgesetz gegen die Pocken, entstanden die Zeitschrift »Der Impfgegner« und 1908 der »Verein impfgegnerischer Ärzte«.
Auch auf dem Monte Verità ist die Impffrage zentral. In ihrem Manifest »Vegetabilismus! Vegetarismus!« von 1905 ruft Ida Hofmann in einem Atemzug zu Gleichberechtigung unter den Geschlechtern und zur Impfgegnerschaft auf. Das könnte als anekdotischer Zufall durchgehen, als groteske Fußnote, doch verrät sie im Grunde viel über die Janusköpfigkeit der Lebensreform an sich.
Greiner,
Steffen
Die
Diktatur der Wahrheit: Eine Zeitreise zu den ersten Querdenkern
Verlag:
Tropen, Seitenzahl:
272
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Diese Bewegung kreist nämlich stets um eine Vorstellung von Ursprünglichkeit und Reinheit. Den Körper vom Impfstoff freizuhalten zugunsten einer »natürlichen« Abwehrreaktion, die Landschaft vor der Industrie zu bewahren zugunsten einer »natürlichen« Entwicklung, die Zivilisation mit all ihren Lastern zurückzulassen zugunsten eines »natürlichen« Lebens – das alles ist typisch deutsch, auch im Rückblick auf die ebenfalls deutsche Romantik.
In der Lebensreform ist allenthalben von Degeneration die Rede. Die Völkischen wollen das Deutsche vom Fremden reinhalten, insbesondere vom Jüdischen, die Bürgerlichen wiederum vom Asozialen. Rechts wie links pflegt man eugenische Gedankenspiele. Um 1900 vertreten auch progressive Denkerinnen und Denker Vorstellungen von »Rassenhygiene« und Sozialdarwinismus.
Warum das Querdenkertum im Ländle wurzelt
Im November 2021 haben die Soziologin Nadine frei und ihr Kollege Oliver Nachtwey eine Studie zu den »Quellen des Querdenkertums« vorgelegt und untersucht, warum die Bewegung gerade in Baden-Württemberg so stark verwurzelt ist. Sie bestätigen, was auch ideengeschichtlich offenkundig ist: Dort entstammt ein Großteil der Gruppierungen gegen Coronamaßnahmen oder das Impfen eben nicht der radikalen Rechten. Diese Menschen waren im Alternativmilieu der Achtzigerjahre beheimatet, in der Anthroposophie oder Esoterik; sie kommen eher von links, bewegen sich aber nach rechts.
Im Blick auf gemeinsame Wurzeln beider Flügel löst sich der Widerspruch auf. Gusto Gräser war nicht nur der attraktive, anachronistisch fotogene Hippie mit zufälligem Impffetisch, er war etwa auch der naturphilosophische Bezugspunkt von Alwin Seifert. Der Vertraute von Heinrich Himmler, dem gefürchteten SS-Chefs, hat aus einer klar völkischen und antisemitischen Haltung heraus den deutschen Umweltschutz mitbegründet und im Nationalsozialismus als »Reichslandschaftsanwalt« institutionalisiert. Noch in der BRD prägte er die ökologische Bewegung: Seifert stand einer Vorgängerorganisation des BUND vor; sein Ratgeber »Gärtnern, Ackern – ohne Gift« von 1971 erlebte 2020 seine zehnte Auflage.
Auch »Wir selbst« bezog sich auf Gräser & Co.: Das rechtsextreme Magazin aus dem Umfeld des grünen Flügels der NPD stand von 1979 bis 2002 für den Versuch, nationalistische Töne in die staatskritische Linke zu tragen. »Gemeinsam aber war allen Teilnehmern der revolutionäre Impuls, die Gewißheit von der nötigen totalen Wende und die Sehnsucht nach einem neuen, besseren Morgen für Deutschland«, schrieb das Blatt 1990 über einen Kongress der Szene 60 Jahre zuvor – und integrierte Gräser und die Bewegung zwischen Anarchie, Lebensreform und völkischem Erwachen gleich in den Stammbaum der Neuen Rechten.
»Links oder rechts? – Krankengekrächz!«
Gusto Gräser selbst blieb regimeunabhängig stets Außenseiter. Obwohl er enge Freunde ins KZ verschleppt sah, hatte er keine Berührungsängste nach rechts. Politisch irrlichterte der Sonderling ziemlich ziellos, ganz von der Überzeugung eigener anarchischer Weisheit übermannt, durch die geistesgeschichtliche Landschaft des frühen 20. Jahrhunderts.
Die Botschaft seiner kryptischen Schriften ist eine von Frieden und individueller Freiheit. Oft genug stand er aber auch neben jenen, die von reinen Rassen und Führern schwärmten. Die NS-Diktatur überlebte er auf Hausbooten und in Dachkammern und starb 1958 einsam in München. »Links oder rechts? – Krankengekrächz! – Rings! so jubeln die Heilen«, ließ Gräser wissen. Das würden heute vermutlich die Coronaleugner von Grimma genauso unterschreiben wie jene am Bodensee.
Die Lebensreform bildete einen fruchtbaren Boden für viele Strömungen der deutschen Geistesgeschichte. Es gibt darin progressive Momente, die in das schöne Leben weisen. Aber noch ihre fortschrittlichsten Ideen blicken in ihrer Sehnsucht nach Ursprünglichkeit stets nach hinten. Sie sind schon zum Zeitpunkt ihres Entstehens rückwärtsgewandt. Heute erst recht.
Kurzkommentar:
Das ist ja ein recht freundlicher Artikel über Gusto Gräser, geradezu lieb. Greiner ist weithin um Gerechtigkeit bemüht, sieht Gusto allerdings unter einem Gesichtspunkt, der in dessen Denken und Leben kaum mehr als eine Fußnote ausmacht. Von Impfen oder Impfgegnerschaft ist in seinem Werk und seinen Briefen kein einziges Mal die Rede. Impfgegnerschaft gehörte damals einfach zum Repertoire der Lebensreform, das er schon vorfand. Gräser hielt ganz allgemein nichts von starren Regeln und Rezepten, blieb immer locker, hatte Humor, machte sich über die Dogmen der Reformszene ebenso lustig wie über die des Staates oder der Kirche. „Hier steht nicht Wahrheit!“ lautete sein Credo – über sein eigenes Schreiben! „Hier steht nit Wahrheit, / steht auch nit dort! / In keinem Satze sitzt sie, / vom Herzenshaupte blitzt sie, / wandelnd ineinemfort“. Alles ist im Wandel, alles ist Entwicklung, ist im Werden, und deshalb kann es keine feststehenden Wahrheiten geben. Gräser war Philosoph, kein Schulmeister.
Dass Greiner den von den Nazis gequälten Gusto über eine weitläufige Assoziationskette mit Namen wie Himmler in Verbindung bringt, ist weniger schön, sogar arg unfein. Denn Gräser, 1942 auf der Flucht vor der Gestapo, interessierte sich gewiss nicht für den Parteigenossen Seifert sondern für den weitsichtigen Ökologen, der übrigens wegen seiner grünen Ideen schwer mit dem Parteiapparat zu kämpfen hatte. Seifert hatte ihn in seinem Buch ‚Das Zeitalter des Lebendigen‘ als Vorkämpfer ökologischen Denkens gelobt, deshalb wollte er ihn sprechen. Dass Seifert ihn empfangen hätte, ist unwahrscheinlich und nirgends belegt.
„Ziellos irrlichternd“? – Unglaublich zielsicher bewegte sich Gräser zwischen den Abstürzen nach links oder rechts auf seinem eigenen felsigen Grat. „Was rechts, was links – uns heilet: Rings!“.
Ja, dass Gräser etwas mit Naturmystik zu tun hatte, ist wahrhaftig nicht falsch. Ein solches Denken und Dichten klischeehaft als „schwülstig“ abzutun, kolportiert nur ein billiges Vorurteil von Außenstehenden. Gusto weiß sich da in einer ehrwürdigen Reihe mit Franz von Assisi, Giordano Bruno, Goethe, Hölderlin, Novalis und anderen „schwülstigen“ Dichtergenossen.
Der Monte Verità, von Gusto Gräser wesentlich mitbegründet, war, nach Steffen Greiner, „ein Greatest Hits der kommenden Avantgarden“. Und seine Ideen sollen, ebenfalls nach Greiner, nach hinten gehen, sollen „rückwärtsgewandt“ sein? Da spricht die großartige Ambivalenz des Autors, der sich nicht recht entscheiden kann, ob er diesen Gusto Gräser für ein Genie halten soll oder für einen Narren.
Am Tag des Erscheinens dieses Artikels in SPIEGEL/GESCHICHTE online schnellten die Klicks auf Gusto Gräser in Wikipedia auf nahezu zehntausend hoch. Danke, lieber Steffen Greiner, für diese wirklich flott geschriebene, recht gut recherchierte Werbung!
H. M.