|
„Welcher
Abstand zwischen meinen Lebensanschauungen und der Ihrer Tochter!“
Diefenbach im März 1881
an den Vater von
Madeleine Atzinger:
Als ich ihre Tochter kennen
lernte, war ich
körperlich schon sehr leidend und im tiefsten Inneren
unglücklich durch außergewöhnliche Schicksalsschläge.
Madeleine näherte sich mir,
angezogen durch
die ideale Lebensanschauung, die sie aus meinen Worten erkannt zu
haben versicherte. Meine Leiden, äußerliche wie
innerliche, vergrößerten sich in einem solchen Grade, dass
eine schwere Erkrankung mich 6 Wochen lang ans Krankenlager fesselte.
Meine elende Lage im Gegensatz zu meinen hohen Zielen brachte mich
dem Wahnsinn nahe. Mein Arzt erkannte, dass mein inneres Leiden
größer als das körperliche, und dass dieses von jenem
abhänge. Er riet mir deshalb, Zerstreuung und Erheiterung des
Gemütes zu suchen.
Ihre Tochter, die damals seit
einem Jahr mich
kannte, besprach sich mit meinem Arzte und versicherte mir eines
Tages, dass sie ihr höchstes Lebensglück darin finden
würde, mich zu pflegen und mir wieder zu Gesundheit und Kraft zu
verhelfen. Ich sagte ihr, dass ich dieses Anerbieten nicht annehmen
könne, weil es mir unmöglich sei, sie zu ehelichen. Die
Begründung dieser Unmöglichkeit schien sie damals zu
erkennen, wenigstens versicherte sie mir, dass sie ohne jeden
Anspruch auf eine Ehe ihr Leben meiner Gesundheit und meinem idealen
Streben weihe.
So wohl mir ein solches
Anerbieten tat, so erkannte
ich doch, dass Madeleine der Ausführung eines so hohen
Entschlusses nicht fähig sei. Ich stellte ihr mehrere Wochen
hindurch die Folgen desselben für sie wie für mich vor und
betonte namentlich, dass in dem ungünstigen Falle meine ohnedies
schreckliche Lage nur verschlimmert würde. Sie versicherte mir,
dass ihr Leben mir gehöre und nichts imstande sei, sie davon
abzubringen.
Ich reiste, völlig
arbeitsunfähig, ins
Gebirge und ließ, nachdem ich in größter Einsamkeit
in einem Försterhaus Unterkunft gefunden hatte, Madeleine zu mir
kommen.
In der ungestörten Ruhe unseres
dortigen
Aufenthaltes suchte ich ihr klar zu machen, welcher Abstand zwischen
meinen Lebensanschauungen und der der großen Masse, in der sie
sich seither bewegte, bestehe. Stellte ihr vor, dass ein Mensch mit
meinem Streben die Kraft haben müsse, einen ungeheuren Kampf zu
bestehen und sich völlig selbstlos seinem Ideale zum Opfer zu
bringen. Dass diese Kraft, die ich trotz meiner elenden Lage besitze,
sich nicht einem anderen Menschen, zumal einem Weibe, mitteilen lasse
ohne das unbedingteste gehorsame Vertrauen. Wenn sie jetzt noch bei
ihrem Entschlusse beharre, so müsse sie zuerst zu einer höheren
Erkenntnis gelangen, als leider unsere gegenwärtige allgemeine
Erziehung, am meisten aber die Klosterziehung, möglich mache.
Sie schätzte sich glücklich,
einen solchen
Lehrer gefunden zu haben und versprach, mir zu folgen wie ein Kind,
und sich Mühe zu geben, mich verstehen zu lernen mit der ganzen
Kraft ihrer Seele.
Meine Achtung für den sittlichen
Charakter
Ihrer Tochter und eine durch solch kindliche Hingabe erzeugte
Zuneigung ließen mich schließlich glauben, dass es mir
gelingen werde, sie über die Stufe der Alltagsmenschen
emporzuheben, deren Gott die Gewohnheit und deren Leben daher für
die höhere Entwicklung der Menschheit von keinem Werte ist.
Aus Clemens Drießen: Die
Ehe K.W.
Diefenbachs, Abschrift von Fridolin von Spaun, S. 15f., nach dem
Kopierbuch von Clemens Drießen
Eine
unmögliche Ehe
Stella Diefenbach über
ihre Mutter
Meine Mutter war ehrlich
bestrebt, nach den
Grundsätzen meines Vaters zu leben und vor allem uns Kinder
leben zu lassen, was keineswegs leicht gewesen sein kann. Denn mein
Vater war so erfüllt durch seine von langjähriger Krankheit
gewonnenen Erkenntnisse, daß er mit dem Fanatismus des
Entdeckers und seiner 33 Jahre von seiner Frau absolute Gefolgschaft
auf allen Gebieten des Lebens forderte. Da das damals ganz neue Ideen
waren, gegen die sich alle "normalen" Menschen auflehnten
und die von Staats wegen sogar verboten waren, mag die arme Frau
manchmal der Zweifel gequält haben, wer nun recht hatte: die
Welt oder ihr Mann.
Sie hatte ihn doch - 6 Jahre
vorher - als ganz
normalen Menschen kennen gelernt, auf der Reise über den
Brenner, die sie nach kurzem Urlaub wieder auf das Schloß in
Südtirol zurückführen sollte, wo sie seit 2 Jahren
Erzieherin war. Da war ihr der schöne bleiche Mensch
aufgefallen, der den rechten Arm in der Binde trug und erzählte,
daß er nach zweijähriger Krankheit zur Erholung auf das
Landgut eines Freundes bei Bozen fuhr. Ob sie ihn schon dahin
begleitete oder sie sich erst später wieder trafen, weiß
ich nicht; auf jeden Fall entstand damals ihr Bündnis zum
Entsetzen meiner Großmutter, die sich um den Erfolg der guten
Erziehung betrogen sah, die sie ihrer Tochter im "Sakrecör"
hatte zuteil werden lassen.
Der Aufenthalt auf jenem Obstgut
brachte die große
Wandlung in meines Vaters Wesen und Leben, da er ein Mann der Tat war
und seine Erkenntnisse sofort auf sein Leben übertrug. So hatte
er die gute Wirkung, die eine mehrere Wochen lange Traubenkur auf die
lang anhaltende Eiterung seines rechten Armes ausübte, zum Anlaß
genommen zu erproben, ob nicht überhaupt die Ernährung
durch reine Fruchtkost der Fleischkost vorzuziehen war.
Er wurde darin bestärkt, als sein
erstes Kind -
kaum lebensfähig geboren - von zwei kranken Eltern stammend,
durch seine ganz persönlich durchgeführte Ernährung
mit Haferschleim und Fruchtsäften zu überraschenden
Erfolgen führte. Natürlich die Ernährung im engsten
Zusammenhang mit Luft, Licht und Wasser.
Meine Eltern waren mittellos und
damals auf den
Verdienst meiner Mutter als Klavier- und Sprachlehrerin angewiesen,
da der Arm meines Vaters - zwar auf dem Wege der Besserung - noch
lange nicht die Kraft zu ständiger künstlerischer
Betätigung hatte. Dadurch war mein Vater gezwungen, den
weiblichenTeil der Arbeit zu verrichten, und das war vor allem die
Pflege seines Kindes. Das ist ihm zum wertvollen Studium geworden, da
es ihn dahin brachte, mit allen herkömmlichen Gewohnheiten auf
diesem Gebiet zu brechen. Zum Entsetzen seiner Schwiegermutter, die
eine berühmte Hebamme jener Zeit war und nur in aristokratischen
Kreisen ihres Amtes waltete. (13)
Also hatte die gute Frau alles
Recht sich
einzubilden, daß ihre Art, kleinen Erdenbürgern ins Leben
zu helfen und sie zu pflegen, die einzig richtige war, und nun mußte
sie erleben, daß ihr erster Enkel, das Kind ihrer ältesten
Tochter, das als schwaches, mit Ausschlag behaftetes Wesen zur Welt
kam, nicht auf ihre Weise, nach langjährigen Erfahrungen
behandelt wurde, statt dessen spielte sich vor ihren Augen eine ganz
seltsame Pflege ab, die das ohnehin schwächliche Kind von einer
Lebensgefahr in die andere stürzen mußte. Mein Vater
behauptete sein gesetzliches Vaterrecht und wies der standesbwußten
Hebamme, die seine Schwiegermutter war, die Türe.
So fingen die Konflikte mit der
"Welt",
die in seinem späteren Leben eine so große Rolle spielen
sollten, schon im engsten Familienkreise an. Sie kosteten wohl Zeit
und Kraft, aber welche Fülle von Anregung, von Mut zur
Selbstbehauptung weckten sie! Meine arme Mutter war diesem Kampfe
nicht gewachsen, sie zog sich von ihm zurück.
Da sich aber das äußerst
lebensschwach
geborene Kind sehr bald kräftig entwickelte, beruhigten sich die
Gemüter der amtlichen Kontrolleure. ...
In jener Zeit war es, daß ich
meinen Vater zum
ersten und einzigen Male zornig gesehen habe. Er hielt sich meist
oben in seinem Atelier auf, offenbar um seiner Frau auszuweichen. Als
diese einmal abwesend war und nur das Kindermädchen "Resi"
uns betreute, kam er unrerwartet in die Wohnküche herunter, wo
die Resi rasch ein großes Salzfaß aus Porzellan
verstecken wollte. Mein Vater bemerkte das, griff danach und warf es
mit solcher Wucht zu Boden, daß es in viele Scherben zerbrach.
(14) Das machte großen Eindruck auf mich und ließ mich
tatsächlich das Salz als etwas streng Verbotenes empfinden.
Wir wuchsen gänzlich salzlos auf,
und ich habe
mir erst mit 18 Jahren erstmals eine gesalzene Speise gekocht, als
ich ganz alleine im Hause war und niemand es sehen konnte. Als Kinder
waren wir salzige Speisen nicht gewöhnt, so daß wir selbst
den Salzgehalt einer Semmel als unangenehm empfanden und das von
meinem Vater erfundene Schrotbrot mit Malz und ohne Salz und
Sauerteig hergestellt - jedem anderen Gebäck vorzogen. (15)
Meine Mutter hatte sich dieser
strengen Diät
offenbar nur widerwillig und ohne innere Überzeugung gefügt.
Es ist naheliegend, daß mein Vater zuviel von ihr verlangt hat
und sie versagen mußte.
Und doch durfte er nicht von
seiner in hartem Kampf
mit sich und der Welt errungenen Erkenntnis weichen und fühlte
die Pflicht, zunächst seine krank geborenen Kinder nach diesen
Erkenntnissen zu gesunden und wohlgebildeten Menschen heranzuziehen
und damit und darüber hinaus seine Erkenntnisse der Umwelt zu
erschließen. Daran hinderte ihn seine Ehe mit einer Frau, die
ihm nicht gewachsen war und zweifelnd vor der ihr unfaßbaren
Größe seiner Neuerungen stand. Als ich viele Jahre später
die ihr damals als einzg nahestehende Frau Keim besuchte, die meiner
Mutter immer ein gutes Andenken bewahrte, erzählte mir diese:
Daß meine Mutter ihr gesagt hat, "wenn ich nur wüßte,
ob er recht hat!"
Der Zweifel und Kleinmut meiner
Mutter ist nur zu
natürlich und deshalb verzeihlich. Sie war sicher ein guter und
opferbereiter Mensch - aber aus kleinbürgerlichen Kreisen
stammend, für welche Staat und Kirche mit allen ihren
Institutionen oberstes Gesetz bedeuten und sich dagegen aufzulehnen,
ebenso verbrecherisch wie sinnlos. Anders konnte die ehemalige kleine
Gouvernante meines Vaters Wirken nicht deuten. Gewiß wäre
unter normalen Verhältnissen ein stilles Auseinandergehen im
gegenseitigen Einverständnis das einzig Richtige gewesen, doch
trat als bedeutendes Hindernis hierfür die große
Bekanntheit dazwischen, die sich mein Vater in der Öffentlichkeit
erworben hatte. Diese verhinderte einen friedlichen Austrag, denn
nicht nur Mutter und Schwestern bestürmten meine Mutter sich
gegen meinen Vater zu wehren, sondern auch Behörden und hohe
Persönlichkeiten steckten sich hinter sie, (15) um meinen Vater
damit zu schlagen und mundtot zu machen, indem sie von
ihremMutterrecht Gebrauch machen und uns Kinder einfach zu sich
nehmen sollte, da der kranke Mann doch kein Kind betreuen konnte.
Gesetz und Gesellschaft standen
auf Seiten meiner
Mutter, und nur zu begreiflich ist, daß sie davon Gebrauch
machen und ihre Kinder allein nach ihrer Art erziehen wollte und sich
dem Neuerer, zu dem sich ihr Mann erst nach ihrer Vereinigung mit ihm
immer mehr entwickelte, verschloß. Daraus entstand ein Kampf,
der dem etwa 3 Jahre - von 1885-1888 - währenden Idyll von
Höllriegelsgreuth ein jähes Ende bereitete.
Mein Vater, aufgerieben vom Kampf
im engsten Kreis
wie der Öffentlichkeit gegenüber - flüchtete in die
Naturheilanstalt Kuhne in Leipzig und beantragte die Ehescheidung.
Seine 8jährigen Sohn Helios wollte er bei sich behalten, wozu er
auch gesetzlich berechtigt gewesen wäre, wenn er nicht der
berüchtigte Erneuerer und Fanatiker gewesen wäre, dem man
nach der Meinung normaler Menschen und des damaligen Kultusministers
Müller, an den sich mein Vater um Hilfe wandte, "keine
Kinder anvertrauen dürfe"!
Daß ihn, den großen Kinderfreund,
in
dessen Familie Kinderpflege in höchstem Sinne Tradition war,
diese Verkennung mit Erbitterung erfüllen mußte, ist nur
zu begreiflich, und sein Ältester, um dessentwillen er sich dem
Joch der Ehe überhaupt gefügt hatte, war eine strahlende
Verkörperung seiner von frühester Jugend an erträumten
und in höchster künstlerischer Vollendung dargestellten
Jugend. Und diesen Sohn, dessen Erscheinung wie aus einem
Heiligenbild entnommen wirkte, der sich in verständnisvoller
Liebe dem Vater anschloß, in dem es aber auch ein ganz
gefährliches Erbteil (offenbar von mütterlicher Seite), den
krankhaften Jähzorn, zu beherrschen galt, diesen Sohn sollte er
der kleinen Gozvernante überlassen, die ihn in moderne Kleidung
stecken und in moderne Schulen schicken würde? Sollte er sein
Lebensideal nur im Kunstwerk und nicht auch im Leben verkörpern?
Dagegen bäumte ich meines Vaters Wahrheits- und Lebensdrang auf
und er beschloß, den Kampf um seinen erstgeborenen Sohn bis zum
Äußersten zu führen. (16)
Clemens Driessen war durch seinen
Bruder Otto mit
meinem Vater bekannt geworden und war gewillt, meinem Vater zu
helfen. Er machte den Vorschlag, meine Mutter mit den 2 kleinen
Kindern bis zur erfolgten Ehescheidung zu sich nach Lichtenau zu
nehmen. Dadurch sollte mein Vater zusammen mit seinem damaligen
Schüler Hugo Höppener (Fidus) die Ruhe gewinnen, im
Steinbruchhaus das begonnene Werk "Kindermusik" zu
vollenden.
So übersiedelte meine Mutter mit
uns 2 Kleinen
nach Lichtenau, und damit war der Vorhang zu unserem Kinderparadies
gefallen, das mein Vater uns geschaffen hatte, und damit auch vor dem
Paradies, das meinem Vater für unser ganzes Leben vorschwebte.
Und weil ich dieses Kinderparadies am eigenen Leib erlebte, und noch
heute mir aus der Erinnerung daran Kraft und Zuversicht hole, trage
ich die unumstößliche Gewißheit in mir, daß es
möglich ist, das Paradies auf dieser Erde zu erleben. (17)
Erinnerungen
von Stella
von Spaun, Typoskript im Spaun Archiv Dorfen, Seite 13f.
Magdalene
Diefenbach-Atzinger in einem Brief an
ihren Schwager Friedrich Diefenbach:
Von Hochachtung und Liebe für
Ihren Bruder
erfüllt, glaubte ich mich jedes Opfers, jeder Mühe fähig.
So sehr mich aber seine ideale Lebensanschauung angezogen hatte, es
wurde mir unsäglich schwer, ihr tatsächlich nachzukommen.
Ich glaubte seinem und meinem Ruin entgegen zu gehen durch Befolgen
derselben und kämpfte daher gegen dieselbe. Da Karl den Grund
meines Widerstandes in meiner Erziehung entdeckte, suchte er mich in
liebevoller, ernster, aufgeregtester Weise zu jener hohen Erkenntnis
zu bringen, die Grundbedingung seines schweren, aber hohen Strebens
ist.
In einem anderen Brief
an Bekannte:
Die mir zu Teil gewordene
Erziehung bildete mich nur
in Äusserlichkeiten.
Diefenbach
in seinem
"Testament" von 1909:
Nie ist ein idealdenkender
"einfältiger"
Mann von einem raffinierten Weibe satanischer mit den zuerst
unsichtbaren Fäden des würgenden Netzes der "christlichen"
Zwangsehe umstrickt worden, zu welcher ich mich drei Jahre später
als dem einzigen Mittel, den damals einjährigen (12) Helios vor
rohester, mir geltender (!) Mißhandlung zu schützen,
gezwungen sah, als es in himmelschreiendem Mißbrauch meiner
Pflegebedürftigkeit und Verlassenheit mir geschah! Und nie hat
eine Rabenmutter satanischer ihre mißhandelten Kinder als
Geiseln und Werkzeuge in ihrem teuflischen Kampfe gegen den Vater
mißbraucht.
In meiner letzten Unterredung mit
ihr, etwa ein
halbes Jahr vor ihrem Tode, zu welcher ich sie in ihrer Wohnung
aufsuchte, um ihr vorzustellen, daß sie durch ihr Treiben gegen
mich (zuletzt monatliche Gerichtsexekutionen aller meiner noch
unfertigen Arbeiten) den Vater und Ernährer "ihrer"
Kinder vernichte, war sie, schon gebrochen in ihrer in solchem
zwölfjährihen Kampfe gegen mich aufgeriebenen Gesundheit,
ganz überwältigt durch mein unerwartetes Erscheinen und
mein ruhiges, ihr ins Gewissen dringendes Wort, daß sie mir zur
Entschuldigung ihres ungeheuren, mörderischen Vorgehens gegen
mich (welches nicht aus ihrem wurmhaft unbedeutenden Wesen allein
hätte hervorgehen und solche Wirkung haben können)
bekannte, daß sie nicht daran gedacht hätte, mir Helios zu
entreißen, nachdem ich ihr die beiden jüngsten Kinder
überlassen und ich der leiblichen und seelischen Stütze des
achtjährigen Helios, der mich so sehr liebte, bedürftig
gewesen sei; aber der Polizeipräsident von München habe
ihr, nachdem alle Gerichtsinstanzen den (durch ihn eingeleiteten)
Staatsanwalts-antrag auf gerichtliche Entziehung meiner gesetzlichen
Vaterrechte als unbegründet zurückgewiesen hatten, gesagt,
sie müsse mit List und Gewalt sich in den Besitz des Knaben
setzen, und dabei jede Polizeihilfe zugesagt, da ich ganz sicher des
Landes verwiesen oder in ein Irrenhaus untergebracht würde.
Außerdem habe eine aristokratische Gesellschaft ihr
lebenslängliche Versorgung für sich und die Kinder anbieten
lassen, sowie eine bayerische Prinzessin sich bereit erklärt,
die Taufpatin der noch ungetauften Kinder zu werden, wenn sie sich
dazu gebrauchen ließe, mich durch Aussagen aus unserem Eheleben
in ein Irrenhaus zu bringen. Da sie dies als aussichtslos erkannt,
habe sie sich in ihrer Bedrängnis und in ihrer von allen Seiten
aufgestachelten und bestärkten Wut gegen mich nicht anders zu
retten gewußt, als mir den vergifteten (!) Kuchen zu
übersenden.
Die Klosterschwester, welche sie
im Münchener
Krankenhaus bis zu ihrem Tode pflegte, berichtete mir auf meine
persönlich dort eingeholte Erkundigung, daß sie "in
den Schoß der heiligen katholischen Kirche zurückgekehrt"
(um "meine Frau" zu werden hatte sie ihren Austritt aus der
Kirche, um welche sie sich, seit ich sie kannte, nie gekümmert,
amtlich erklärt) und nach reuevoller Beichte und Empfang des
allerheiligsten Altarsakraments ruhig in Gott entschlafen sei (13).
Daß sie mich für das an mir begangene Verbrechen der
schwersten Schädigung meines Lebens durch zwölf Jahre
hindurch hätte um Verzeihung bitten lassen, daß sie die
öffentlich gegen mich verbreiteten Verleumdungen widerrufen
hätte - davon: kein Wort!
|