Zurück

Keine Burg für die Armut


Burg der Armut
Steinzeichnung von Gusto Gräser


16. August 1942  Gräser besucht Stella von Spaun, die Tochter von Diefenbach, in Dorfen bei München. Aus dem Tagebuch von Lorenz Stiefel, einem Urenkel Diefenbachs:
Als wir alle eifrig bei der Gartenarbeit waren, kam mit einem Male von der Landstraße ein Mann daher, der aussah wie K.W.Diefenbach, nur etwas abenteuerlicher. Er hatte lange Haare und einen Vollbart, trug ein grünes Wollhemd mit einem Poncho aus braunem Sammet darüber, gelbgrüne Kniehosen, zu denen er den Schnitt wahr-scheinlich selbst entworfen hatte; die Füße waren mit Sandalen bekleidet, am Gürtel trug er ein gesticktes Brillenetui und in der Linken mit künstlerischer Würde die Zeichenmappe. Großmutter [das ist Stella von Spaun, die Tochter Diefenbachs] erkannte in ihm einen Kollegen ihres Vaters, Gustav Kreser. Nach dem Mittagessen half er uns beim Erbsenauspukeln.

Stella von Spaun schreibt am 8. September 1942 an Gräser:
Lieber Gräser! Ihre "Burg der Armut" geht mir nicht aus dem Sinn u. ich möchte mir sie für "Mütterlichkeit" umtauschen. Wenn es Ihnen möglich ist, bitte, mir diesen Wunsch zu erfüllen.Hoffentlich geht es vorwärts auf Ihrem Wege!

Gräser am 15. Januar 1943  an Stella von Spaun:
Werte Frau Stella – Muss notgedrungen fragen, ob bei Euch ein Wohnraum mietbar wär. Aus Freimann muss ich fort, längst fort. Ists bei Euch auch entlegen, ist doch auf allen Wegen Wald der Trost. Wenn dort nicht möglich, bitte einen Wink zu einem Winkel. Wohlauf!
Arthur Gräser

Stella von Spaun am 20. Januar 1943 an Gräser:
Lieber Gräser! Es ist mir aus innerlichen wie äusserlichen Gründen ganz unmöglich, Sie aufzunehmen. Mein Häusl ist zum Bersten voll; es muß mir durch Miet-Ertrag den Unterhalt gewähren u. soll ausserdem fünf Kindern u. 9 Enkeln bleibend od. vorüber-gehend Heimat sein. Mehr kann man von solch einem Schneckenhaus wahrlich nicht verlangen!... Es ist also kein Plätzchen frei! Ich weiß auch sonst nichts für Sie.

Gräsers Entwurf zu einem Brief an Unbekannt, ohne Datum:
Werter – bevor ich weitergeh, muss ich Deutschland in seiner Herzgegend befragen, obs mich nun brauchen kann. Denn ich hab wohl lebendig notwendigste Frucht für seine Genesung, Heimkehr, gebracht, als Bildner und vor allem als Dichtersmann hervorgebracht. Drum muss ich mit Männern herzhaften Geistes, wie Ihr wohl seid, Fühlung nehmen, weil so nur unser volk- und völkernotwendig Heilswerk tiefer und heitrer gedeihen kann. - Wann also darf ich zu einer Besprechung kommen?

Barbara Klostermann aus Freimann am 7. November 1944 an ihre Tochter:
Wie ich heute in der Adalbertstrasse fuhr, heute mit der Trambahn, weil der Wind so heftig ging und es ist recht kalt, saß der alte Mann von Schwegerle [Gräsers Hauswirt] auch im Wagen. Die Leute staunen ihn an und lachen über ihn, er pfeift und singt so nett leise vor sich hin, es kümmert ihn gar nicht, dass über ihn gelacht und gespottet wird. Der hat recht.

Eintragung im Gästebuch Spaun in Dorfen:

Bau nur hinein in den Wust dein Gebilde
bau ihn heiter still hinein, deinen Stern –
alles Andre lass gehn, lass sein!
Bau –
Der Wirkliche muss ein Blühen erwirken.
Bau nur hinein!

                                                                               
Arthur Gräser
 


Zurück