
Selbstbildnis Arthur Streiter |
Seine Behausung im Roten Luch

Sonnenkreuzzeichen |
1.Juni
1931
Also der Bruch
ist unausweichlich: „Grünhorst" ist nicht zu halten,
nicht zu halten in diesem Kurs, der nicht aufs
letzte Ziel, von jeder Seite aus, auf: „letztgültige
Bruderschaft im Geiste Jesu guten Willens"
hinneigt. Max hat heute die endgültige Entscheidung
gefordert: entweder lebt ihr alle einander
Gemeinschaft, oder begebt Euch auf den Weg, um sie
zu erlangen oder einer von den beiden geht weg
von hier, geht dorthin, wo er das, was ihm momentan
nottut, leben kann. Gertrud und Henry Joseph
wollen möglicherweise jetzt noch nicht, aber wohl
späterhin mal diese umfassende und selbstlose
Bruderschaft in dem Sinne, wie es das Bekenntnis zum
Sonnenkreuz verlangt. Ganz besonders Henry ist
ja an und für sich bereit, diese Bruderschaft zu
tätigen, aber um seiner Liebe zu Gertrud
willen, die ja zu dieser Entscheidung lange nicht
reif ist, muss er auch für sich diese
Es war ein ungemein harter Kampf, der am Vormittag
geführt wurde, um des Geistes, um der Liebe willen!
Max ist bis zum Letzten gegangen, denn er hat
gesehen, dass von Henry, aber hauptsächlich von
Gertruds Seite der Materialismus, (auf) das
kaufmännische geschäftsmäßige allzu viel
Wert gelegt wird und das entspricht dem Geiste
des Sonnenkreuzes gar
nicht. So musste er eben jetzt, in letzter Minute
gewissermaßen, die Entscheidung fordern: also lebt unsere
Gemeinschaft im Sinne des Sonnenkreuzes oder
einer muss scheiden, der andere, der bleibt, muss dann
alles übernehmen. Wir, d. h., Erna und ich, sind zur
Gemeinschaft ständig bereit gewesen und sind es auch noch
jetzt. Ich für meinen Teil habe ja ständig darauf hin
gedrungen und mir alles vom Blickpunkte: „Was dient
der (werdenden) Gemeinschaft und was dient ihr nicht?"
angesehen; demzufolge versuchte ich möglichst Vieles
dem Dienste an der Gemeinschaft zuzuführen. Da es sich
dabei als selbstverständlich und notwendig zeigen
musste, dass verschiedene Dinge privater
Natur eingeschränkt bzw. ganz zu verschwinden hätten,
wurde ich der Gertrud, die alles das ja
noch unbedingt haben muss, vielmehr will,
unsympathisch. Das ist mir verständlich, denn wie anders
sollte sich das erklären, dieses Widerstreben, zu der
sie sogar Henry hinziehen konnte. Unser Zusammenleben
hat keinen Sinn, wirklich nicht, wenn ihm das, was uns in
„Grünhorst" zusammenführte, fehlt: die
Gemeinschaftlichkeit! Dass es so kommen musste, u. das
andere alles ich finde mich selbst nicht mehr zurecht: was
ist zu tun?------------------- Entscheidung für
Gemeinschaft ablehnen.
1. 9.1931
Wieder will ich zur Feder greifen, um mein
Tagebuchschreiben weiter zu führen. Wochen, Monate sind in
diesem Jahr vergangen, ohne dass ich für mein Tagebuch zur
Feder griff, - Mir ist hundelend zumute, - besonders,
wenn ich dessen bedenke, was in all der Zeit, seit wir
hier in Rosenthal wohnen, geschehen ist. ...
Erwartungen verknüpfen sich mit den Namen „Jansen", „Max",
„Rosenthal", "Sonnenkreuz", Gemeinschaft?Was aber ist
geworden? ... Nichts! Weniger denn nichts! Alles
Angestrebte ist schon im Entstehen in die Brüche gegangen.
Nichts ist aus dem allen geworden! ... Hätte ich das nur
ahnen können, dass aus dem Ganzen nichts wird, da wären
wir doch lieber in „Grünhorst" geblieben - da war
doch trotz allem, noch ein Rest von Gemeinsamkeit. Vor
allem hätte Mariannchen (seine am 11. 4. 1930
geborene Tochter, OS) dort ein Leben in der Natur, in Luft
und Sonnenschein! Was haben wir denn hier? Eine
knappe Stube (ohne Kochgelegenheit, so dass Erna auf
dem Petroleumkocher kochen muss!) - eine Umwelt, die uns
nie Heimat werden wird! - Ein Stadproletensein! - - -
Gewissermaßen betrogen, mit falschen Versprechungen sind
wir von Grünhorst weggelotst worden - .
Bitter steigt es in mir auf. Und derjenige , dass es so
geworden ist, Max, das alles so werden ließ, der hat sich
jetzt nach „Grünhorst" verzogen. Jetzt, nachdem er alles
verwirtschaftete mit seinem Autoritäts-, mit seinem
Diktatorenwesen, dass alles nach seinem Willen geschehen
sollte (und doch nicht geschehen ist!), jetzt ging er
nach „Grünhorst"! Hätte er doch damals kommen sollen -
damals, da wäre gewiss noch alles in „G." gut
geworden. Aber da war er zu eitel, seine begonnenen
Vorträge, um des doch mal wesentlicheren inneren
Aufbaus willen, fahren zu lassen.
|