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PHÄNOMEN
MONTE VERITÀ
Achtbändiges
Werk von
Eberhard Mros. Ein Kompendium des
Wissens um den Wahrheitsberg, ein Lexikon zum Nachschlagen.
Vieles erhält
Raum: das Spirituelle, das Zeit- und Kulturgeschichtliche, das
Alternative und Ökologische. Und zugleich bietet Mros das
Faktisch-Reale mit einer Genauigkeit und Vollständigkeit, wie
sie noch nicht da gewesen ist, bis auf die Quadratmeterzahl der
Zimmer und die Grundstücksnummern im Kataster.
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Im ersten Band
behandelt er die Siedler und von der Heydt. Dazu aber gibt er Exkurse
über das ganze 19. Jahrhundert, also über den
geschichtlichen Hintergrund und seine sozialreformerischen
Bewegungen.
Im zweiten
Band werden Gegend, Gelände und Gebäude dargestellt,
die von damals und die von heute. Aber auch die Schweiz als Ganzes
wird vorgestellt, dass Tessin, Ascona, die Parsifal-Legende, das
Bauhaus, die Hängenden Gärten der Semiramis und sogar
die
Grundlehren des Buddhismus. Wie auch in den anderen Bändchen
mit
ausführlicher Zeittafel (aber leider ohne Inhaltsverzeichnis
oder Register).
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Der dritte
Band gehört den Reformversuchen und ihren Protagonisten:
den
Siedlern und den Anarchisten, den Lebensreformern mit Fidus und
Diefenbach, den Vegetariern und Alkoholgegnern, der
Freikörperkultur
und der Frauenbewegung. Die freie Liebe wird ausführlich
behandelt, einschließlich einer Darstellung der Lehren von
Fourier, dann der O. T. O. und schließlich der Ausdruckstanz,
Dada, Eranos, C. G. Jung, Utopien, Anthroposophie und Theosophie.
Nichts wird nur oberflächlich gestreift, immer eine knappe,
konzentrierte, sachlich fundierte Einführung gegeben.
Nüchtern
und doch nachfragend, einladend, durchaus mit einem Hauch von
schwungvoller Begeisterung.
Der vierte
Band
ist ausschließlich dem Parco Monte Verità
gewidmet, freilich nicht ohne Ausflüge in das
„Heiligtum der
Bäume“, in die Geschichte des „neuen
Menschen“, zu den
Gartenfreunden Goethe und Pückler-Muskau, ja in eine
Geschichte
der Paradies-Bestrebungen der Menschheit überhaupt. Die
einzelnen Pflanzen werden vorgestellt, botanisch exakt, dazu die
neuen Attraktionen im Park: der Arcoboleno, das Mandala, der
Friedenspfahl, Teegarten und Teehaus und Kräutergarten. Dann
ein
Überblick über japanische Gärten und
Grünen Tee,
über Gingko biloba und Kraftplätze –
„Orte der
Energie“. Ein ganzes Kapitel befasst sich mit dem Magnetismus
des
Berges und mit Magnetismus allgemein, andere mit der Heilkraft der
Bäume und mit Meditation.
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Der fünfte Band
bringt in 2 Teilbänden 21 biographische Porträts von Aktiven
und Gästen des Monte Verità. Von Gusto Gräser,
Hermann Hesse, Gerhart Hauptmann, Hans Arp, C. G. Jung, Mary
Wigman, Rudolf von Laban und anderen. Je rund 130 Seiten mit vielen
Bildern, Zitaten, Dokumenten und Tabellen.
In Band 5.1:
Einzelporträts von Otto Gross, Ernst Frick, Isadora Duncan, Mary
Wigman, Paul Klee, Carl Gustav Jung. Außerdem Partnerschaftsporträts
von Jean Arp, Sophie Taeuber-Arp, Hugo Ball, Emmy Hennings, Alexej von
Jawlensky und Marianne von Werefkin.
In Band 5. 2:
Porträts von Raphael Friedeberg, Friedrich Glauser, Gustav Arthur
Gräser, Gerhart Hauptmann, Hermann Hesse, Erich Mühsam, Franziska zu
Reventlow, Leopold Wölfling. Außerdem Anlagen zu Bertolt Brecht, Emil
Szittya und Erich Mühsam.
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Mros zeigt mit
seinem Buch, dass sich erdfester Realismus und aufsteigender
Spiritualismus durchaus verbinden lassen, in dieser
Schwingungsbreite, nicht in der reichen Informationsfülle
allein, liegt die große Leistung dieser Publikation. Dass
dahinter gleichgerichtete reale Veränderungen auf dem Berg
selber stehen, macht diese Schrift doppelt glaubhaft und
überzeugend:
Zeugnis dafür, dass der Berg zu neuem Leben erwacht.
Die acht Bändchen
im Format A5 (je etwa 100-120 Seiten, viele Abbildungen, je CHF
15.- )
im Selbstverlag des Verfassers
werden in der
Rezeption des Hotels Monte Verità und in der Casa Anatta
angeboten.
Fondazione
Monte Verità - Via Collina 84 - CH-6612 Ascona - Tel +41 91 785 40 40
www.monteverita.org
info@monteverita.org
Eine kleine
Skizze
über die „Wahrheit“
Sie kamen
auf die
bewundernswerte Anhöhe oberhalb Asconas, geradezu magisch angezogen,
aus allen Gesellschaftsschichten und aus allen Ländern Europas, ein schillerndes
Spektrum
aus Heilsuchern, Fanatikern, Asketen, Abenteurern und Visionären. …
Das
Geschehen zwischen
1900 und 1920 auf dem Monte Verità ist durchaus vergleichbar mit der Hippie-Bewegung
unserer Tage. Ähnlich
der Monte Verità: auch hier eine Abkehr von den etablierten Werten und Suche
nach einem neuen Sinn. Das Ganze freilich ohne Drogen, sondern mit
Vegetarismus, Lichtbad, Freikörperkultur und Theosophie. Passende
Begriffe
waren Licht und Leben – selbstbestimmt. Der „neue“ Mensch war ein sich
selbst
entfaltender Mensch, frei von Staat und Kirche.
Die Thematik scheint
auch deshalb wohl unerschöpflich
zu sein, weil hier das
Wort „Wahrheit“ vorkommt und ein Berg danach
benannt wurde. Es ist
also an der Zeit, sich in skizzenhafter
Form damit zu
beschäftigen, warum wohl die ersten Siedler diesen
sicherlich
anspruchsvollen Begriff für „ihren“ Berg wählten und
was sie damit zum
Ausdruck bringen wollten.
Heute kann man
resümieren: Dem Neuen nicht gleich ablehnend
gegenüberstehen,
sondern erst einmal sorgfältig prüfen,
analysieren,
sine
ira et studio –
keine Vorverurteilung und keine Vorurteile
zuzulassen – das wäre
das Fazit der Anstrengungen und Überlegungen,
die die Avantgardisten
des Monte Verità uns heute noch
und immer wieder
lehren könnten.
Sie waren es doch, die
die Tore zu neuen Vorstellungen über unser
Leben aufstiessen und
es nicht nur bei theoretischen Erörterungen
beliessen. In der
Praxis veränderten sie kraftvoll, von sich und
ihrem
Tun (fast) immer
überzeugt, Essgewohnheiten, führten neue
Formen der Sport- und
Freizeitgestaltung, der Mode, des Tanzes
ein, kämpften um die
Emanzipation der Frau und waren bemüht,
konventionelle
Schranken niederzureissen.
Darüber zu lächeln war
damals sicher eine Möglichkeit – aber die
liberale Bevölkerung
im Tessin war doch wohl eher neugierig,
vielleicht
etwas befremdet – aber
nicht intolerant. So wuchs der Geist
dieses Berges und
wurde zum „Berg der Wahrheit“, der bis in unsere
Gegenwart ausstrahlt.
Was aber für eine
Wahrheit sollte es sein? Gibt es eine allumfassende
Wahrheit, die für alle
Zeiten gilt? Hier stellt sich die Frage nach
der subjektiv
empfundenen Wahrheit, wie sie sich oftmals spät und
quälend langsam im
Leben eines Menschen einstellt.
Führen wir uns den
Lebensweg eines hier Portraitierten vor Augen:
das Leben und den Tod
Erich Mühsams. Natürlich gab es bei ihm
bedenkenswerte
Überlegungen, so zum Beispiel seinen Pazifismus
und den Kampf gegen
den Militarismus, der in Europa ein Blutbad
anrichtete. (...) Sein
anarchistisches Bestreben ist so in der
Gegenwart
nicht nachvollziehbar,
aber damals als Reflexion auf eine
Autokratie
verständlich. Bei der
Betrachtung der gesellschaftlichen
Verhältnisse der
damaligen Zeit sollte auch bedacht werden, dass
die herrschende Klasse
die Realität des Lebens einfacher Menschen
nicht sehen wollte
(...).
Verfolgt man die
Vorstellungen der Avantgardisten vom „Berge der
Wahrheit“, so waren es
damals Versuche, oft utopisch anmutende
gesellschaftliche
Ziele, die sich hier und dort und ganz allmählich
verwirklichten bzw. in
Realitäten verwandelten. So bleibt der
Eindruck
bestehen, dass auch
sie sich in ihrer Zeit der Wahrheit näherten,
einer relativen
Wahrheit, ohne die absolute Wahrheit je für sich
reklamiert zu haben.
Ihr kann man sich, gefolgt durch neue Erkenntnisse, immer
nur nähern. (...)
Fassen wir zusammen:
Eine Tat, die sich zum Guten eventuell für
die Menschheit (siehe
Verhinderung der Klimakatastrophe) oder
für Gruppen oder
Individuen auswirkt, kommt wohl der Wahrheit
nahe. So haben sich
die Auffassungen und Praktiken der „Monteveritàner“ im
Nachhinein – und wie so oft posthum –
als
etwas Gutes oder
Akzeptables durchgesetzt. Das Neue
hat eben immer
Startschwierigkeiten, begleitet von Verleumdungen und Anfeindungen, und
wird zunächst hinweggefegt. Es tritt aber immer wieder auf – so ist es
eben mit der Wahrheit – und so lebt der
„Berg der Wahrheit“, der Monte
Verità, in den Herzen, in der Historie, im
Mythos
und in der Gegenwart
fort.
Das Neue kritisch
begleiten, aber neugierig bleiben, auch das
lehrt uns der „Berg
der Wahrheit“ mit seiner Geschichte. Natürlich
hat so manches Neue
auf Dauer keinen Bestand und wird vergänglich.
Manches bleibt im
Experimentellen stecken – aber die Resultate
der Bemühungen der
Avantgardisten vom Monte Verità waren
damals schon positiv
und sie sind es bis heute geblieben.
Aus Eberhard Mros: Hüllenlose und Heilsuchende. Phänomen
Monte Verità, Band 7, S. 60 und aus: Tessiner Zeitung vom 2.Juli 2010,
S. 13
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