Monte Gusto

 

Der Hügel Monescia über Ascona (321 m) wurde durch Henri Oedenkoven zum Monte Verità, der höher gelegene Felskegel Barbescio (462 m) wurde durch Gusto Gräser zum Monte Gusto (wenn auch nicht amtlich). In ihm befindet sich seine Grotte, Pagangrott genannt: die Höhle des Heiden. Dieser Fels, zusammen mit der darunter-liegenden Waldwiese, wurde ihm 1902 von der Gemeinde Losone zum Geschenk gemacht. Hier lauschte der junge Hermann Hesse auf seine Belehrungen; gemeinsam lasen sie die Bhagavad Gita und sprachen über Laotse. Hier auch ereignete sich Gräsers „Berggespräch“, hier hörte er die Stimme von Berg und Baum und goss sie ins Gedicht.

 

Hermann Hesse hat diese Gegend sein „heiliges Land“ genannt oder seine „Wüste Thebaïs“. Die letztere Bezeichnung ist irreführend, denn Gräser wollte kein Büßer und kein Asket sein sondern ein “Lebemann“, sogar „Urlebemann“. So hat er selbst sich genannt. Er feierte „das heilige Genießen“, nicht das „heilige Gewissen“. Er nannte seinen Berg den „Wonneberg“ oder „Berg der Freuden“, was mit „Monte Gioia“ oder „Monte Gusto“ zu übersetzen ist. Er lehrte nicht Weltuntergang und Weltverzicht sondern Weltfrömmigkeit, Welt-heiligung, „Erdsterns Dochblütezeit“.

 

Daher kann der Monte Gusto, ehemals Barbescio, im Wald von Arcegno gelegen, in der Mitte zwischen See und Alpenkamm, sehr wohl als Symbol stehen für sein Leben und Denken. Auf seinen Flanken, Kuppen und  Platten, in seinen nahegelegenen  Wasserfällen und auf seinen Bergwiesen spielte sich im August 1917 das „Sonnenfest“ Rudolf von Labans ab und 1978 die „Fiesta Monte Verità“.

 

Eine Festlandschaft, keine „Wüste Thebaïs“. Eher ein modernes Arkadien. Wie Gräsers Freund Adolf Grohmann schon 1903 geschrieben hat, ist dies eine Gegend, „wo sich Faune, Nymphen und Centauern niederlassen könnten. Hier wird sich das Leben meines Freundes abspielen und sein Schönheitssinn wird vor jenen Anblicken bewahrt bleiben, die ihm draussen in  der Welt so wehe thun“. Und so sieht es dort aus!

Hermann Hesse und Hilde Neugeboren auf dem Weg zur Pagangrott,  September 1916.
Im Hintergrund die abgerundete Kuppe des Monte Gusto.