Biografie - Fried Blaschke
Geboren wurde Friedrich Blaschke, genannt Fried, am 17.11,1922 in
Groß Waltersdorf / Mähren.
Seine Mutter, eine einfache Kleinbauern, hafte ein
zweites Mal geheiratet, nachdem der erste Mann im Krieg
gefallen war, aus dieser ersten Ehe stammten seine fünf Halbgeschwister,
er war das einzige Kind aus der zweiten Ehe mit einem Schneidermeister, Er wuchs
in sehr bescheidenen, fast schon archaischen Verhältnissen auf. Der
kleine „Fridla" war erst
fünf Jahre alt, als der Vater an den Folgen
seiner Trunksucht starb.
Eine bleibende Erinnerung
an seinen Vater war, wie dieser im Schneidersitz auf seinem
großen Tisch thronend saß und nähte.
Der Reichtum seiner Kindheit und Jugend war die Nähe zur
Natur und die Liebe und Fürsorge von Mutter und Geschwistern. Vor alIem sein ältester Halbbruder Franz vertrat die Vaterstelle
für die Familie und ganz besonders für ihn. Zeit ihres Lebens waren die beiden Brüder eng verbunden.
Als ein Dorflehrer
erkannte, dass er außergewöhnlich begabt war, halfen
alle Geschwister zusammen, um ihm, dem Jüngsten, den Besuch des Gymnasiums
und ein darauf folgendes Studium zu ermöglichen. Seine anderen drei Brüder hatten nur einfache
Handwerksberufe ergriffen,
die Schwestern halfen im Haus.
In der Kreisstadt
Brünn begann er nach hervorragendem Abschluss des Gymnasiums,
sein Studium als Bauingenieur, das er aber wegen Kriegsausbruchs unterbrechen musste.
Als Soldat während des 2. Weitkrieges geriet er in französische Kriegsgefangenschaft und hatte
trotz allem das Glück, wie er
später einmal sagte, während
des gesamten Krieges nicht einen Menschen getötet zu haben.
Nach Kriegsende ging er nach München, schloss hier sein
Studium ab und wurde Jahre später in die „Bayerische
Architektenkammer“ aufgenommen.
In München lernte er seine Frau Hilde kennen, die er im Herbst 1949 heiratete.
Als die erste von zwei Töchtern geboren wurde, sorgte er dafür, dass die Familie die Stadtwohnung über dem
„Deutschen Theater“ gegen eine Mietwohnung in einem kleinen Haus mit Garten am Stadtrand tauschen konnte. Er wohnte fast 40
Jahre in diesem bescheidenen Haus, dessen kleines Paradies der große Garten war.
In den frühen 50er Jahren, als er als freier Architekt arbeitete, begegnete er Arthur „Gusto" Gräser
im Café „Klein Bukarest“. Später erzählte
er, dass ihn dieser nicht mit „du“ oder gar „Sie“, sondern mit „er“ ansprach und sofort
so etwas wie eine
geistige Verwandtschaft spürbar
war. Wie er es auch einmal ausdrückte, „Hirn und Herz" hatten sich getroffen... In den folgenden Jahren vertiefte sich diese geistige
Freundschaft, es kam zu intensivem Austausch und Zusammenarbeit.
Das bereits bestehende „Notwendmahl" von A.G. Gräser wurde zusammen
überarbeitet und ergänzt.
Für seine Familie
allerdings hatte diese Freundschaft etwas Bedrohliches. Seine Frau spürte sehr deutlich, dass dieser Mann
mit seinen Vorstellungen von Freiheit und seinem
Leben „ohne Zwang" großen Einfluss auf ihren Mann hatte,
und dass er ihn gerne als „Gesellen“ eines solchen Lebens gewonnen hätte. Zudem war Gräser eine so außerordentliche Erscheinung
in dieser Zeit, dass er bei
seinen Besuchen großes Aufsehen
in der kleinbürgerlichen Siedlung erregte, was ihr mehr als unangenehm
war.
Die Aufträge für den „Erbauer“ Fried Blaschke, wie ihn Arthur Gräser nannte, waren so rar, dass das Geld für den regelmäßigen Lebens unterhalt der Familie nicht reichte. Nur mit Hilfe der Verwandtschaft seitens seiner Frau, kamen sie in diesen
Jahren über die Runden. Letztlich musste er feststellen, dass ein Leben im Sinne von Gräser mit einer Familie kaum möglich war. Er hatte
die Entscheidung zu treffen zwischen einem etablierten Leben mit Familie
oder einem ungebundenen, freien Leben ohne die Verantwortung für eine
Familie.
Gusto
Gräser an seinen Freund und Helfer Friedrich Blaschke in Moosach, als dieser
mit dem Abtippen von Gräsers ‚Siebenmahl‘ in Verzug war, um 1955
Als er eine Anstellung als Hausarchitekt für die
alteingesessene Münchner „Spatenbrauerei“ angeboten bekam, nahm er an. Und entschied
sich damit, weil er nicht anders konnte, für seine Familie. Die Treffen
mit Arthur Gräser wurden seltener, bis sie ganz ausblieben, zu verschieden
war ihr Lebensweg geworden und zu knapp die Zeit.
Trotzdem blieb es ein
lebenslanger Wunsch von Fried Blaschke, Gräsers Werke, im Besonderen das
gemeinsame „Notwendmahl“ zu veröffentlichen. Er konnte diesen
Traum nicht mehr verwirklichen.
Gusto Gräsers
Gedankenwelt, sein Vorbild eines „wahrhaft menschenwürdigen und freien
Lebens“, hatten ihn tief beeindruckt und geprägt.
Er selbst war Zeit seines
Lebens als Architekt fest angestellt gewesen.
In den späten 50er Jahren
plante und betreute er als Angestellter des „Universitäts-Bauamtes“ mit einem
Kollegen und Münchner Künstlern die Gestaltung des Restaurants und Cafés „Uni
Reitschule“. Und baute immer wieder Häuser für Freunde und
andere Auftraggeber. Nur sich selbst baute er keins.
Zuletzt beim Landbauamt
München tätig, war eines seiner letzten größeren Projekte, im Team mit
Kollegen, der Umbau des ehemaligen Armeemuseums, der jetzigen Staatskanzlei.
In den Jahren seines
Ruhestands bis zu seinem Tod 1992, lebte er zurückgezogen und die Werte und
Worte Arthur Gräsers, hatten wieder große Bedeutung für ihn erlangt.
Viele Visionen Gräsers, sah er Wirklichkeit werden, was die Entwicklung
des Menschen und unserer Gesellschaft betraf.
Sogar seine Frau Hilde
sagte einmal in späten Jahren, dass Gräser Recht behalten hätte damit wie die
Dinge sich entwickeln würden.
Friedrich Blaschkes Wiederkehr, um Ostern
1956
„Wir
haben uns zwar seit Weihnachten nicht wieder gesehen …
Kann ich Dich am Freitag wiedersehen?“
Möglicherweise hatte Gräser ihm das ‚Brieflein Wunderbar‘ in
den Weihnachtstagen überbracht
.
Gedicht
von Blaschke, vermutlich Beigabe zu obigem Brief
Blaschke
befand sich damals, wie er mir erzählte, in großer Geldnot. Ohne davon zu
wissen oder dazu aufgefordert zu sein, schickte ihm Gräser mit diesem
Schreiben einen Fünfzig-markschein – weil er die Not des Freundes intuitiv
gespürt hatte. Mit dem „Osterei“ meint er wohl den obigen Brief und das
Gedicht. Er wartet jetzt auf das zweite Osterei, auf Abtippungen des ‚Brieflein
Wunderbar‘, die Blaschke ihm am zweiten Freitag nach Ostern bringen werde.
Mit „Ostersamstag“ war der Samstag nach Ostern gemeint, der 15. April.
Gräser schreibt am 19. April 1956 an Blaschke:
Am zweiten Donnerstag nach Ostern erfährt
Gräser im Café Klein-Bukarest, dass Blaschke da war und ihn sprechen wollte
aber keine Papiere hinterlassen hat. Er ist sehr enttäuscht und schreibt ihm
eine zornige Mahnung. Er wartet auf fehlende Briefleinblätter. Demnach hatte
Blaschke früher schon einige Abschriften des ‚Brieflein Wunderbar‘ gemacht
und in Abständen überbracht. Letztgetipptes war dem Empfänger aber verloren
gegangen. Er erwähnt wiederum zwei Gesellen, die auf Durchfahrt seien und auf
das Brieflein warten würden. Da dieses an Stuttgart gerichtet war, dürfte es
sich bei den Gesellen um Stuttgarter oder jedenfalls Schwaben gehandelt
haben. Wahrscheinlich waren die schwäbischen Studenten Julius Kirchner und
Hermann Müller gemeint, die er als „Briefträger“ vorgesehen hatte. Während
Müller schon früher abgereist war, hatte sich Kirchner noch länger bei ihm
aufgehalten, hatte seine Dachkammer in Freimann mit ihm geteilt und seine
Gedichte abgeschrieben. Nachdem nun die Brieflein-Abschrift auf sich warten
ließ, zog Kirchner ohne diese ab, überbrachte aber immerhin seine
Gedichtabschriften an Hermann Müller nach Bad Boll.
Am selben Tag aber, also am Donnerstag, als
Gräser seinen Mahnbrief an Blaschke schreibt, erscheint dieser im Café
Klein-Bukarest und bringt die noch fehlenden zwei Blätter des Briefleins mit.
Am folgenden Tag, dem 20. April, schreibt Gräser einen Brief an Hermann
Müller, dem er später das ‚Brieflein Wunderbar‘ und einige andere Blätter
beilegt. Am 25. April bringt er die Sendung zur Post, wie der Stempel auf dem
Umschlag belegt.
Gräser schreibt am 20. April 1956 in seinem Brief an
Hermann Müller:
„Schön war’s, wie’s gestern abend ging –
saß in meinem Caféwinkel – dieser Brief lag fertig, an dem Brief an Blaschke
bastelte ich grad rum, um ihn auch zu beschließen – Da – wer steht vor mir,
Er, unser Friedrich selbst … Fred brachte auch zwei Tippblätter mit, die zur
Ergänzung des ‚Briefleins W.‘ und zur endlichen Abfertigung dieses Briefes
sehr erforderlich waren.“
Dies ist eine hypothetische Rekonstruktion
des Geschehens. Ob der Ablauf sich tatsächlich in dieser Reihenfolge
abgespielt hat, muss offen bleiben.