Rudolf Steiner
in Monti und Ascona ... und in anderen Vorträgen mit Bezug auf Gusto Gräser |
Rudolf
Joseph Lorenz Steiner (* 27. Februar 1861 in Kraljevec, Kaisertum
Österreich, heute Kroatien; † 30. März 1925 in Dornach, Schweiz) war
ein österreichischer Publizist, Esoteriker und Vortragsredner. Er
begründete die Anthroposophie, eine spirituelle Weltanschauung, die an
die anglo-indische Theosophie Blavatskys, das Rosenkreuzertum, die
Gnosis sowie die idealistische Philosophie anschließt und zu den neuen
mystischen Konzeptionen der Einheit von Mensch und Welt aus der Zeit um
1900 gezählt wird. Auf Grundlage dieser Lehre gab Steiner
einflussreiche Anregungen für verschiedene Lebensbereiche, etwa
Pädagogik (Waldorfpädagogik), Kunst (Eurythmie, anthroposophische
Architektur), Soziales (Dreigliederung des sozialen Organismus),
Medizin (anthroposophische Medizin), Religion (die
Christengemeinschaft) und Landwirtschaft (biologisch-dynamische
Landwirtschaft).
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Steiner auf dem Erdenstein wer sitzt da oben auf dem Stein? das könnte Rudolf Steiner sein. gedenkt der keltischen Druiden, die allzu früh von hier geschieden, von diesem Urzeit-Heiligtum, dem großen Geist-Mysterium: Geist ist ja einst gar arg erkaltet, hat sich zu einem Stein gestaltet. doch soll aus dieser kalten Erden einst wieder warme Geistluft werden. drum geb ich heute dies zum Zeichen: ich werde diesen Stein erweichen, dass er dereinst als Gustogeist hoch über allen Sternen kreist. Hermann Müller
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Hünenstein
auf den Felsen von Arcegno
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Aus:
Rudolf
Steiner Gesamtausgabe, Band 262: Rudolf Steiner - Marie Steiner- von
Sivers. Briefwechsel und Dokumente, 1901-1925. 2. Auflage, Dornach
2002, S. 119f
„Gras war auch wieder da“. Das heißt ja, dass Gräser schon früher in seinen Versammlungen war. Und da Steiner in Zürich nur einmal auftrat, muss Gräser schon früher seine Vorträge gehört haben, sei es in Zürich oder anderswo. Etwa in Berlin, wo er sich nach der Aussge von Fidus schon vor 1903 aufgehalten hat, möglicherweise schon 1899. Beide bewegten sich im Milieu der KünstlerBoheme, unter Anarchisten und Nietzscheanern, beide waren arm und auf Hilfe angewiesen, Nietzsche und Goethe waren Leitsterne für beide.
Steiner befand sich zu dieser Zeit in ernsthaften finanziellen Nöten.
Aus seinem Umfeld wurde bereits für seine Wiener Zeit berichtet, er
habe in einer „elenden Wohnung [gelebt und sei] oft geradezu am
Verhungern" gewesen. So schlecht sei es ihm auch bis in die Weimarer,
ja auch Berliner Zeit gegangen. Zudem ist eine Zerrüttung des
Lebenswandels überliefert. Steiner zechte nächtelang mit
seinen Dichter-Freunden, teilweise sei er erst am nächsten Nachmittag
nach Hause gekommen. Rosa Mayreder, die Vertraute aus der Wiener Zeit,
meinte sogar, er sei „Alkoholiker gewesen, wenn auch nicht in jenem
Übermaß, wie man es bei Mystikern oft findet. [Erst ab der
Jahrhundertwende habe Steiner sich] ganz fest in die Hand genommen und
sei der geworden, als den ihn die Welt heute kennt". (Wikipedia)
In diesem geistigen und sozialen Umfeld mussten sie sich fast
zwangsläufig begegnen. Auf eine nahe Vertrautheit weist, das Steiner
keinerlei Erklärungen zu der Namensnennung gibt: „Gras“ genügt ihm. Er
setzt voraus, dass Marie von Sievers selbstverständlich weiß, wer damit
gemeint ist. Ernnt noch nicht einmal seine Vornamen Gusto. Dass Gräser
Steiner aufgesucht hat, legt sich nahe, denn dieser war um 1900 noch
entschiedener Nietzscheaner und Stirnerianer, hatte sogar ein Buch über
Nietzsche verfasst, nannte sich Anarchist. Ausserdem war Gräser mit dem
Nietzsche-Kommentator Gustav Naumann befreundet, einem Kollegen und
Vorgänger von Steiner am Nietzsche-Archiv in Weimar. Auch einen anderen
dieser Archivarbeiter hat er gekannt: den Philosophen Ernst Horneffer.
Die Nietzscheaner waren seine Freunde, hier suchte und fand er
Geistesverwandte, und so wird er auch auf Steiner gestoßen sein.
Nur
war er im Jahre 1905 offensichtlich mit der neueren Entwicklung
Steiners zum imaginierenden Theosophen nicht einverstanden. Er
verlangte in Zürich eine „natürlichere Theosophie“. Spürbar zum Ärger
von Steiner. Dessen Spekulationen wollte er nicht folgen, er wollte ihn
auf die Erde zurückbringen, im besonderen auf den Boden der
Lebensreform und damit der Natur..
Seine Mahnung blieb nicht ungehört. Jedenfalls ist zu beobachten, dass in der Folge Steiner immer mehr Elemente der Lebensreform in seine Lehre aufnahm: den Ausdruckstanz, die organische Bauweise, die Pflege des Handwerklichen und anderes. Selbst die Deutung der Sprachlaute, die Gräser schon damals beschäftigte. Wie groß sein Einfluss auf Steiner war, lässt sich nicht sagen. Doch sicher ist: er hat ihn in seine Richtung gewiesen, in die Richtung des Natürlichen, Bodenständigen, Erdennahen. |