Véronique Rizzo
Ausstellung in der Galerie du Tableau in Marseille 2012
Monte
Verità steht beispielhaft für den Zusammenfluss der Avantgarde der
Epoche auf allen Gebieten, von der Psychoanalyse über Architektur und
Literatur bis hin zum Tanz. Véronique Rizzo hat sich besonders für
Gusto Gräser interessiert, die radikalste Gestalt in dieser
Gemeinschaft, die den Wert des Geldes und der Kunst in Frage stellte.
Dieser Künstler und wandernde Dichter will zurück zum Urzustand,
befreit vom Kalkül der Interessen, auf Selbstversorgung und
Tauschhandel setzend, ohne Haus und Besitz. Er verkörpert den „neuen
Menschen“, den zu Beginn des Jahrhunderts Viele gesucht und erwartet
haben. Hermann Hesse, der sich ihm seit 1906 in Freundschaft verbunden
hatte, macht ihn zur Zentralgestalt in einigen seiner Dichtungen. Darin
liegt vielleicht der verstörendste Aspekt dieses Einbruchs der Fotos
von Gusto Gräser in die Collagen und Assemblagen von Véronique Rizzo:
Dieser Künstler entwickelte sich, und zweifellos bewusst, erst zu einer
öffentlichen Person, dann zu einem Mythos und schließlich zu einer
Ikone. Er hatte seine Gemälde verbrannt und sich dazu entschlossen,
kein Geld zu gebrauchen, bezahlte für seine Bedürfnisse, indem er
Gedichte vortrug, und wanderte quer durch Europa, um seine
Friedensmission zu erfüllen mit den Mitteln der Poesie und dem Zauber
eines Tanzes ohne Musik. Eine dieser Photographien ist besonders
bewegend und bezeichnend für den unzerstörbaren Heroismus eines
Einzelnen angesichts von Scheitern und Untergang. Gusto durchquert
allein, wie ein Phantom, die Ruinen des von Bomben zerstörten München
am Ende des Krieges.