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Ernst Heinrich Graeser Kronstadt 1884 - Stuttgart 1944 Weitere Dokumente und Links:
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Der
„Frühlingsgräser“
Der
Klabund-Forscher Hartmut Deckert
Webseite http://klabund.eu/wp/ schreibt über den Maler und Dichter Ernst
Heinrich Graeser
Am 8. Mai 1884 kommt Ernst Heinrich als jüngstes von fünf Kindern des Ehepaares Carl Samuel Gräser (1839–1894) und Charlotte, geborene Pelzer im siebenbürgischen Kronstadt, dem heutigen Brașov (Rumänien), auf die Welt. Sein älterer Bruder ist der spätere Lebens- und Sozialreformer Gustav Arthur (Gusto) Gräser, Mitbegründer der Reformersiedlung Monte Verità bei Ascona (1900). Die Eltern, der Gerichtssenator Karl Gräser und dessen Ehefrau Charlotte geb. Pelzer kommen aus angesehenen protestantischen Familien mit bedeutenden siebenbürgischen Vorfahren. Die Kinder werden in engem christlichem Sinne erzogen. Die frühe Jugend verbringt Ernst in Tekendorf bei Bistritz. Ernst ist wie seine zwei älteren Brüder vielseitig begabt: zeichnerisch, musikalisch (Geige), sprachlich (Gedichte). Er wird beschrieben als Kind mit „sonnigem heiteren Wesen“; wirkt trotzdem häufig sehr ernst, eher still, innig, feinsinnig, zuverlässig. Nach dem frühen Tod des Vaters, Ernst ist 10 Jahre alt, übersiedelt die Mutter nach Mediasch. Es ist überliefert, dass die Gräser-Buben in der Erziehung „die bürgerlichen Bahnen allzu eng gespürt haben und deshalb ihrer geistlichen Entfaltung freien Lauf lassen wollen“.1899, mit 15 Jahren, beginnt Ernst eine Ausbildung zum Architekten. Ab 1902 entscheidet er sich zum Studium der Malerei. Zunächst an der Akademie der bildenden Künste in München. Seine Professoren sind Herterich und von Löfftz. Ab 1904 folgen Studienjahre in Zürich und Aufenthalte in Ascona bei den Brüdern. In Locarno findet seine erste uns bekannte Ausstellung statt. Er lebt zu dieser Zeit bereits ausschließlich vom Verkauf seiner Bilder, u.a. an Hermann Hesse, der mit seinem Bruder Gusto befreundet ist. Eine erste Ausstellung in Deutschland ist 1907 in Freudenstadt belegt. 1907 wird er nach einer dritten Musterung vom Militärdienst freigestellt.
Von 1908 bis 1914
wechselt er an die Königlich
Württembergischen Akademie der bildenden Künste in Stuttgart. Seine
Professoren
waren dort für zwei Semester Christian Landenberger (7. April 1862 in
Ebingen -
13. Februar 1927 in Stuttgart), ein
impressionistischer
Maler und Professor an der Stuttgarter Kunstakademie und neun Semester in der
Komponier- (Meister-)Klasse bei Prof. Adolf Richard Hölzel
(13. Mai 1853 in Olmütz in Mähren -
17.
Oktober 1934 in Stuttgart), einem deutschmährischen Maler und frühen
Protagonisten der Abstraktion und Wegbereiter der Moderne. Seine Bilder um den
1.Weltkrieg zeigen Graeser von
überschäumender
völkisch-nationaler Begeisterung bis hin zur totalen Ernüchterung 1918.
Seine
Bilder „Engelskampf“ und „Um 1914“ beeindrucken mit ihrer Symbolik auf
verschiedenen Ausstellungen (s. Abb.). Wikipedia schreibt
über Christian Landenberger: „… Ab 1879 erhielt er eine künstlerische Ausbildung an der Stuttgarter Kunstschule. Von 883 bis 1887 studierte er an der Münchner Akademie, wo sich seit Mitte des 19. Jahrhunderts eine neue Malweise durchgesetzt hatte, die zu einer Schule der Freilichtmaler geführt hat. 1890 folgte seine erste öffentliche Ausstellung auf der Münchner Internationalen Kunstausstellung, zwei Jahre später wurde er Gründungsmitglied der Münchner Secession und stellte regelmäßig bis 1916 aus. Im Jahr 1895 gründete er eine private Malschule, zwischen 1899 und 1905 arbeitete er als Zeichenlehrer an der Damenakademie des Münchner Künstlerinnenvereins. Die Stuttgarter Akademie berief ihn 1905 „auf die im Etat (des Jahres) neuerrichtete Professur für ‚technisches Malen‘“. Christian Adam Landenberger war Mitglied im Deutschen Künstlerbund.“ Und über Adolf Hölzel: „… Adolf Hölzel, als Sohn des Verlegers Eduard Hölzel im selben Jahr geboren wie Vincent van Gogh und Ferdinand Hodler, absolvierte ab Mai 1868 eine dreijährige Ausbildung als Schriftsetzer in Gotha in der Kartographisch-Geographischen Verlagsanstalt von Friedrich Andreas Perthes und nahm privaten Zeichenunterricht. 1871 zog er mit seinen Eltern nach Wien. Von 1872 an studierte er an der Wiener Akademie Malerei und setzte seine Studien ab 1876 in München an der Kunstakademie fort. (…) Nach Beendigung seiner Studienzeit (1882) heiratete Adolf Hölzel Karoline Emilie von Karlowa (1858–1930). Das Ehepaar wohnte mit dem 1886 geborenen Sohn teils in Rothenburg ob der Tauber und teils in München. In München lernte er den impressionistischen Maler Fritz von Uhde kennen und gründete mit Ludwig Dill und Arthur Langhammer die „Dachauer Malschule“ (…), was ihn zu einem der ersten Vertreter der Künstlerkolonie Dachau machte. (…). 1904 beteiligte sich Adolf Hölzel an der ersten (noch von den Münchener Sezessionisten ausgerichteten) Ausstellung des Deutschen Künstlerbundes. (…) In Dachau lebte Hölzel von 1888 bis 1905. Seine neuartige Unterrichtsmethode zog bald junge Künstler aus dem In- und Ausland an. (…) Hölzel zählt nicht nur
zu den Gründern der Münchner
Secession, sondern auch zu denen der Wiener Secession. (…). Eng mit Carl Moll befreundet, zählt er zur
Gruppe der Stilkünstler um Gustav Klimt, die 1905 geschlossen aus der
Secession
austrat. (…) Nachdem Ferdinand
Hodler die Nachfolge Leopold von
Kalckreuths ablehnte, wurde Hölzel 1905 als Professor und Leiter einer Komponierschule (sic) an die „Kgl.
Akademie der bildenden Künste“ in Stuttgart (heute Staatliche Akademie
der
Bildenden Künste Stuttgart) von Karl von Weizsäcker berufen. Er malte –
bereits
mehrere Jahre vor Wassily Kandinsky – abstrakte Kompositionen. Adolf Hölzel starb am
17. Oktober 1934 in Stuttgart.
Der große Erfolg blieb ihm versagt. Sein Grab befindet sich auf dem
Waldfriedhof Stuttgart. Bereits in den Jahren seines Studiums stand Ernst Graeser den Gedanken von Rudolf Joseph Lorenz Steiner (27. Februar 1861 in Kraljevec, Königreich Ungarn, heute Kroatien - 30. März 1925 in Dornach, Schweiz), einem Esoteriker und Begründer der Anthroposophie, nahe. In seiner Münchner Zeit lernte Ernst Gräser an der Akademie die einem alten ungarischen Geschlecht entstammende Geigerin und nicht weniger begabte Malerin Klementine Baronin Pongracz de Szentmiklos et Ovári kennen, die er im Februar 1916 in München heiratete, um mit ihr ein Leben freien Künstlertums zu führen. Dass Ernst Gräser, ebenfalls doppelt begabt, gelegentlich selbst zur Geige griff, um klassische Musik zu treiben, oder auch nur, um sich als besonderer Kenner ungarischer Zigeunerweisen zu erweisen, konnte die Verbundenheit des Künstlerpaares nur noch enger gestalten.“ (Hermann Müller) Die Ehe blieb kinderlos und das Ehepaar zog nach Stuttgart, lebte einige Jahre in Winnenden und ab 1926 wieder dauerhaft in Stuttgart-Sillenbuch. Unter anderem „tauchte“ er in diesen Jahren auch in Waiblingen auf und in Backnang entwarf er ein Fenster der Stiftskirche. Graeser drückt in der Zeit um den 1. Weltkrieg den Kampf des Guten gegen das Böse in vielen bildnerischen Darstellungen aus. Jetzt äußert er seine Gefühle gegenüber dem problematischen gesellschaftlichen und politischen Zeitgeschehen vor allem in Gedichtform. Die Gedichte sind meist in freien Rhythmen verfasst. In „Tod und Auferstehung“ (siehe Tafel) scheint Graeser klar das „Weltungewitter“ „tatenfolgenschwer“ erfasst zu haben. Die Gedichte seiner letzten Jahre fasst er zusammen in der Sammlung „Samen für die neue Erde“. Durch die Teilnahme an einer Vielzahl von Ausstellungen erwarb sich Gräser einen größeren Bekanntheitsgrad – 1920 wurde er z.B. Ehrenmitglied der Dresdner Kunstgenossenschaft und drei Jahre später war er Gründungsmitglied der Stuttgarter Sezession (1923–1932), an deren Ausstellungen er jährlich teilnahm. In den Jahren 1923, 1924 und 1927 wurde er dort Jurymitglied.
Zur Dresdner Kunstgenossenschaft sagt Wikipedia: „… Die Dresdner Kunstgenossenschaft wurde am 2. Dezember 1836 unter dem Namen „Dresdner Künstlerverein“ gegründet. Zu den Gründungsmitgliedern gehörten u. a. Ludwig Richter, Johan Christian Clausen Dahl, Ernst Rietschel und Gottfried Semper. Die Dresdner Kunstgenossenschaft stellte bis etwa 1890 jeweils die Leiter der staatlichen und städtischen Sammlungen, die Künstler-vorstandsmitglieder des Sächsischen Kunstvereins und vertrat die Interessen der Künstlerschaft in den behördlichen Kunstkommissionen.“
Und die Stuttgarter Sezession beschreibt die gleiche Quelle:
„… Die Stuttgarter Sezession (auch Secession geschrieben) war eine deutsche Künstlergruppe von Malern und Bildhauern, die sich im Frühjahr 1923 vom Künstlerbund Stuttgart aufgrund dessen veralteten Führungsstils und seiner konservativen Kunstpolitik abspaltete. Die Gestaltung der Ausstellungen war der wesentliche Streitpunkt, der zu dieser Abspaltung führte, welche sich im Namen an frühere Abspaltungen (= Secessionen) von Künstlergruppen anlehnte. (…) Heinrich Altherr war
von 1923 bis 1928 der erste
Vorsitzende. Seine Persönlichkeit prägte und dominierte die Stuttgarter
Sezession geistig. 1933 wurde die Künstlervereinigung im Zuge der
nationalsozialistischen Gleich-schaltung praktisch aufgelöst. Formal
existierte
sie allerdings noch bis Anfang 1937. Das endgültige Aus kam Ende 1937
durch die
Säuberungsaktion der Nationalsozialisten in der Staatlichen
Gemäldegalerie in
Stuttgart, bei der zahlreiche Werke der Mitglieder und
Ausstellungsteilnehmer
entfernt und zerstört wurden. 1947 wurde die
„Stuttgarter Sezession“ neu gegründet
und existierte ohne eigene Ausstellungsmöglichkeiten bis 1967.“ 1931 erleidet Graeser
einen herben wirtschaftlichen Verlust durch den nie aufgeklärten Brand
des
Münchener Glaspalastes. Das Feuer zerstört innerhalb weniger Stunden
das
gesamte Ausstellungsgebäude und damit auch die gastierende Sonderschau
der
Stuttgarter Sezession mit acht großen Gemälden Graesers. Wikipedia beschreibt
diesen Brand: „… Am 6. Juni 1931 brannte der Münchner Glaspalast vollständig ab, wie fünf Jahre später sein Londoner Vorbild. Der Alarm wurde um 3.30 Uhr ausgelöst. Am Morgen waren von dem Gebäude nur noch rauchende Trümmer, geschmolzenes Glas und verbogene Stahlträger übrig. Als Ursache wurde zunächst Selbst-entzündung von ölgetränkter Putzwolle vermutet, später wurde jedoch nach einem Gutachten Brandstiftung als Ursache ermittelt. Bei dem Feuer wurden
über 3000 Kunstwerke
unwiederbringlich zerstört, darunter die komplette, 110 Gemälde
umfassende,
Sonderausstellung „Werke deutscher Romantiker von Caspar David
Friedrich bis
Moritz von Schwind“. Weitere 1000 Werke
damaliger zeitgenössischer Künstler
waren schwer beschädigt worden und nur 80 Kunstgegenstände konnten
unversehrt
geborgen werden.“ Der Glaspalast war ein
Ausstellungsgebäude in der
Münchner Innenstadt auf dem Gelände des Alten Botanischen Gartens, 1854
errichtet und gänzlich aus Glas und Gusseisen erbaut. Wikipedia: „… Im Glaspalast wurde 1858 die „Erste deutsche allgemeine und historische Kunstausstellung“ veranstaltet, es folgte 1869 die „I. Internationale Kunstaus-stellung“, 1888 die „III. Internationale Kunstausstellung“. Ab 1889 wurde der Glaspalast fast ausschließlich für Kunstausstellungen genutzt. Diese entwickelten sich gleichermaßen zum Forum als auch zum Ort des internationalen Kunsthandels. In den 1880er Jahren erfüllte der Glaspalast nicht nur seine wichtigen Funktionen im künstlerischen, gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Leben der Stadt München, sondern begründete vor allem den Ruf Münchens als „Stadt der Kunst und Kultur“ und ermöglichte der Landeshauptstadt somit den Ruf eines Ausstellungs- und Messestandortes sowie einer Kongressstadt.“ Im „Neuen Wiener
Tagblatt“ vom 7. Juni 1931 ist über
den Brand zu lesen: „… Der Brand des Glaspalastes stellt eine der größten Katastrophen dar, die Europas Kunstwerke vernichtet hat. In Deutschland sind seit dem Dreißigjährigem Krieg nicht mehr auf einmal so viele Kunstwerke vernichtet worden wie durch diesen Brand. Von den 2820 ausgestellten Werken der Malerei, Graphik und Plastik sind nur 80 gerettet worden. Der Schaden wird auf 25 bis 30 Millionen Mark geschätzt. […] Eine besondere Tragikomik bildet der Umstand, dass in einem benachbarten Lagerschuppen die von der Jury abgelehnten Bilder von den Künstlern lagerten, die von dem Feuer nicht berührt wurden. Über die Ursache des Brandes werden nur Vermutungen bekannt. Vorläufig kursiert das Gerücht von einem Racheakt künstlerisch Missvergnügter, der aber durch nichts bestätigt werden kann. Die letzten Ermittlungen haben die Möglichkeit ergeben, dass der Brand in der Tischlerei ausgebrochen sein kann, wo am Tage zuvor noch gearbeitet wurde. 20 Feuerwehrleute wurden bei den Bergungsarbeiten verletzt. Generaldirektor Zimmermann, der sich unter Einsatz seines Lebens bemühte, Kostbarkeiten aus den 75 vollständig ausgebrannten Sälen zu retten, musste zunächst mit Gewalt von der Polizei zurückgehalten werden. In der am Nachmittag beendeten Besprechung im Kultusministerium wurde beschlossen, sofort durch einen öffentlichen Aufruf an das ganze deutsche Volk eine Hilfsaktion anlässlich des nationalen Unglücks einzuleiten.“ Eigentlich sollte der Glaspalast an der gleichen Stelle wiederaufgebaut werden, die Nazis haben es verhindert und statt dessen 1937 dort das Haus der Deutschen Kunst eröffnet. An der Stelle des Glaspalastes steht heute das Park Café, ein als Restaurant und Bar genutztes Gebäude mit vorgelagertem Biergarten. Aus einer geplanten
Berufung Mitte der 1930er Jahre
als Professor an der Berliner Kunstakademie ist sicher aus politischen
Gründen
nichts geworden. Aus Wikipedia: „… In der Zeit um den Ersten Weltkrieg drückte Graeser den Kampf des „Guten gegen das Böse“ in vielen bildnerischen Darstellungen aus. Zum Ende der 1930er Jahre äußerten sich seine Gefühle gegenüber dem problematischen gesellschaftlichen Zeitgeschehen vor allem in Gedichtform. Die in freien Rhythmen formulierten Gedichte fasste er um 1942 in der Gedichtsammlung „Samen für die neue Erde“ zusammen. „Samen für die neue Erde“ (um 1942)
Das Samenkorn
Es keimt ein Samen in eisiger Sturmesnacht
dem Sonnenschein der Zukunft entgegen.
Der Boden bebt, darinnen er ruht,
träumend vom Reichtum künftiger Entfaltung.
Doch mag es noch so stürmen und drohen,
er fühlt sich sicher geborgen,
Im Schoss seiner dunklen Erde.
Stark und warm keimt er, Hoffnung durchströmt,
kommendem Morgen entgegen.
Graeser war als Maler sehr
vielseitig – nicht festlegbar auf einen bestimmten Kunststil. Am ehesten können viele Gemälde Graesers dem Spätimpressionismus zugeordnet
werden.
Erhalten sind von ihm geblieben Radierungen, Ölgemälde
im Monumentalstil (biblische
Themen), Landschaftsmalerei, Aquarelle, Portraits, Illustrationen,
Zeichnungen
in Kohle, Feder und Tusche, Fresken und Glasmalerei. Von der
Kunstkritik in der
Zeit um den 1. Weltkrieg wird er als „der bedeutendste - auf alle Fälle
innerlichste - religiöse Maler seiner Generation“ bezeichnet. Unklar
ist Graesers Haltung zu der politischen
Entwicklung
Deutschlands in den 30er Jahren. Wie auch zu Beginn des 1.Weltkriegs
scheint Graeser zunächst als „Mitläufer“
völkisch-national
eingestellt zu sein.
Große Ehren werden Graeser zu seinem 50. Geburtstag 1934 zuteil, u.a. durch eine Würdigung in der anthroposophischen Wochenschrift „Das Goetheanum“. In den Räumen des Württembergischen Kunstvereins veranstaltet er eine umfangreiche Einzelausstellung mit Werken seiner bisherigen Schaffensperioden. Die Ausstellung führt zum Ankauf verschiedener Bilder durch die öffentliche Hand. Und nochmals
Wikipedia: „Heute befinden sich von ihm u.a. in den Depots der Staatsgalerie und des Kunstmuseums Stuttgart zahlreiche Gemälde und graphische Arbeiten. Nachweisbar sind in
den Jahren 1907 bis zu seinem Tod
insgesamt 42 Einzel- und Kollektiv-Ausstellungen. Zuletzt erschien
seine
Radierung „Engelskampf“ in einer Symbolismus-Ausstellung im
italienischen
Ferrara. Die frühesten Werke
seiner Studienzeit waren
vorwiegend Radierungen. Viele davon sind dem Symbolismus zuzuordnen.
Die
Radierung gehörte in diesen Jahren zu seinen Lieblingstechniken. Um die Zeit des Ersten
Weltkrieges bildete der
Themenkreis „Gewalt, Krieg und Tod“ einen besonderen Schwerpunkt. Auf
zahlreiche patriotische Kompositionen folgte gegen Ende des Krieges
Kritisches.
Für Ölgemälde entwickelte Graeser um die
gleiche Zeit
einen für seine Person charakteristischen Monumentalstil mit
großflächig
aufgetragener Farbe. Er setzte diesen Stil vorwiegend zur Darstellung
von
biblischen Themen ein. Die Kunstkritik nennt ihn den bedeutendsten, auf
alle
Fälle innerlichsten religiösen Maler seiner Generation. Nach dem Ersten
Weltkrieg wurde die Landschaftsmalerei
eindeutiger Schwerpunkt seines künstlerischen Schaffens. Graeser
wurde von der Presse bald als „Frühlingsgräser“ bezeichnet. Die
Vielseitigkeit
Gräsers zeigt sich auch in weiteren unterschiedlichsten
Darstellungsformen: in
seinen Kohle-, Feder- und Tusche-Zeichnungen, seinen teilweise
großflächigen
Aquarellen, in Buchillustrationen sowie seiner Porträt-Malerei.“ Bereits Ende der 20er
Jahre beschäftigte sich Gräser
mit den Entwürfen von Glasfenstern in Kirchen. „Von einer großen Zahl
an
ausgeführten Aufträgen sind heute noch 17 Standorte bekannt, darunter
die 1929
geschaffenen drei neun Meter hohen Fenster für den Chor der Backnanger
Stiftskirche. Das letzte bekannte und erhaltene Fenster entwarf er 1939
für den
Chor der kleinen St. Bernhardt-Kirche in Esslingen“ schreibt Wikipedia. Glasfenster von Ernst
Gräser: Backnang, Chorfenster in der Stiftskirche, 1929 Großheppach, Rundfenster und Freskogemälde in der St. Ägidius-Kirche 1929 Zwickgabel, ??
Bernloch, St. Georgskirche, 1930 Sielmingen, verschiedene Fenster in der St. Martinskirche, 1931 Stuttgart-Sillenbuch, Martin-Luther-Kirche, 1933 Schwenningen, Stadtkirche, 1936, Esslingen, St. Bernhardtkirche, 1939 In allen Aufzeichnungen über Ernst Heinrich Graeser ist wenig über sein Verhältnis zu seinen beiden Brüdern zu finden. Bekannt ist aber z.B. die gemeinsame Arbeit von Gusto und Ernst wie schon im Kapitel Karl Gräser beschrieben, die zuerst im Winter 1906/1907 in Locarno eine Ausstellung von Bildern organisierten und dann in Karls Haus ober auf dem Berg eine ständige Gemäldegalerie einrichteten. In diesen Jahren zog es Ernst immer wieder auf den Berg und dort lebte er zeitweisen mit seiner Mutter und den Brüdern. Der Streit zwischen Karl und Gusto ist anderswo beschrieben, aber auch Ernst war darin verwickelt. Wahrscheinlich konnte Ernst trotz seiner Nähe zu Rudolf Steiner mit der Lebensweise seiner Brüder nicht allzuviel anfangen, bzw. war diese nicht „sein Ding“. Ernst Graeser lebt zu dieser Zeit bereits ausschließlich vom Verkauf seiner Bilder. So findet eine erste Ausstellung in Deutschland 1907 in Freudenstadt statt, in dem Jahr, indem er nach einer dritten Musterung vom Militärdienst freigestellt wird. Freigestellt wahrscheinlich aus gesundheitlichen Gründen, denn verweigert hat er den Militärdienst im Gegensatz zu Gusto nicht. Nach der „Machtergreifung“ der Nazis sind die Spannungen zwischen Gusto und Ernst sicher gewachsen. Gusto mit Verboten belegt – Ernst schreibt und malt ziemlich unbehelligt weiter. Ernst Gräsers Einstellung zum III. Reich sei unklar gewesen, schreibt Albrecht Vaihinger: „… Wie auch zu Beginn des 1. Weltkriegs scheint Gräser zunächst als „Mitläufer" völkisch-national eingestellt zu sein. Nur weniges Bekannte
aus
den 30er Jahren zeigt die Spannbreite dieser Lebensphase: 1934 veröffentlicht
der NS-Kurier Gräsers Artikel „Über das Staunen". Graeser
entwickelt in diesem Text Überlegungen darüber,
dass die Fähigkeit des Menschen zum Staunen für seine Weiter- und
Höherentwicklung von grundlegender Bedeutung sei. (…) Große Ehren werden Graeser zu seinem 50. Geburtstag 1934 zuteil,
u.a. durch
eine Würdigung in der (ab 1936 im Reichsgebiet verbotenen)
anthroposophischen Wochenschrift
„Das Goetheanum". In den Räumen des Württembergischen Kunstvereins
veranstaltet er eine umfangreiche Einzelausstellung mit Werken seiner
bisherigen Schaffensperioden. Die Ausstellung führt zum Ankauf
verschiedener
Bilder durch die öffentliche Hand. Dies bedeutet keine nachhaltige
Besserung
der bescheidenen finanziellen Lage in seinem letzten Lebensjahrzehnt. „Ernst hat in jungen Jahren zu Gusto eine nahe, später jedoch wegen der unterschiedlichen Lebensauffassungen und Lebensstile selten konfliktfreie Beziehung“ schreibt Albrecht Vaihinger. Davon zeugt ein Protestschreiben im August 1915 anlässlich der Verhaftung und angedrohten Ausweisung seines Bruders und mehrere Briefe an Gustos Tochter Gertrud. Hermann Müller
berichtet
über das Protestschreiben: „… Anlässlich der Verhaftung und angedrohten Ausweisung seines Bruders aus Stuttgart schreibt Ernst einen offenbar vervielfältigten Protestbrief, der vermutlich an die Polizeidirektion, das Gericht und an Privatpersonen versandt wurde. Aus seinem Schreiben geht hervor, dass er Gustos Waldandachten im Bopserwald mehrmals besucht hat. Vermutlich hat er seinen Bruder während dessen Aufenthalt seit Frühjahr 1913 – er wohnte mit seiner Familie in einem Gartenhaus in Degerloch-Falterau – auch sonst nach Möglichkeit unterstützt. Er zeichnet auch die beiden Töchter Trudchen und Bernhardine (in Rückenansicht, an einem Tischchen sitzend) in Falterau. Sein Brief ist allerdings, im Unterschied zu den geharnischten Protesten anderer Freunde von Gusto, auffallend lau und gewunden im Ausdruck. Eine innere Distanz wird spürbar. Es versteht sich, dass Gustos Auftritte in Stuttgart für ihn eine Belastung bedeuteten. „Die Ausweisung Gusto Gräsers nötigt folgendes in kurze Erwägung zu ziehen. Sind seine Vergehen vor unvoreingenommenen Augen derart, dass sie die schwere Maßnahme einer Ausweisung erklärlich machen? Oder – sind die Anregungen, von ihm gegeben durch das eigenartige Verhältnis, in das ihn sein Geschick und Streben zu Menschen rückt, nicht derart, dass man wünschen darf, der Richter hätte dies für sein Urteil berücksichtigen müssen? Ist er, der durch sein Dichten und Trachten die Verkörperung einer Lebensanschauung ist, die, wenn auch vielleicht ein Extrem und eine Reaktion unserer nicht so ganz einwandfreien Zivilisation bedeutet, nicht gerade hierdurch und für jede denkende Persönlichkeit unseres dankbaren Interesses wert? … Es scheint fast, als
ob die hier Richtenden gefürchtet
hätten, Gräser könne der Ordnung des Staates gefährlich werden. Da wäre
man
allerdings sehr falsch unterrichtet, zumal er zu allem, was Staatswesen
und
Politik heißt, kaum Fähigkeiten besitzt und deshalb, selbst wenn er
wollte,
nicht gefährlich werden könnte – und als Dichter und Künstler, als der
er
einzig zu nehmen ist, auch nicht gefährlich werden kann – denn als
solcher
wirkt er in seinen Reden an der Schillereiche, die übrigens qualitativ
merkwürdig verschieden sind, - aufbauend. Nebenbei bemerkt
bezweifle ich, dass der Richter von
seinen Untergebenen wohl unterrichtet werden kann, wie es hier geschah.
So sehr
an den Spürsinn dieser Leute geglaubt werden kann, etwa die
verwickelten
Absichten eines Diebes an dessen Nase abzulesen – bedingt doch die
sittliche
und künstlerische Beurteilung gerade Gräsers Vortragsart andere Organe.
Eine
Persönlichkeit kann nur von einer Persönlichkeit beurteilt werden. Dies im Namen vieler,
die an Gräsers edles Wollen
glauben. E. H. G. 1928, 16. 11. Ernst
schreibt
an Gustos Tochter Gertrud: „Liebe Gertrud! … Zwischen deinem Vater und mir bestehen ja mancherlei schmerzliche Gefühle, an denen ich selbst ja sicher einen Teil Schuld trage. Doch können wir Menschen nicht miteinander leben, wenn wir nicht den Willen haben, auch etwas gegenseitig zu tragen an dieser Schuld - oder Unvollkommenheiten – u. da meine ich vorerst nur die inneren Gefühle, die hierbei eine Rolle spielen. Die Lebensweise deines Vaters stellt an die Kraft seiner Mitmenschen jedenfalls außergewöhnliche Anforderungen (an) dieselbe, besonders, wenn man das Leben anders ansieht, was ja an u. für sich zwischen strebenden Menschen nie ein Hindernis sein braucht. In des Lebens Praxis werden natürlich auch andere Bedingungen eine Rolle spielen, was man bei einem unmittelbaren Zusammenleben merken kann. … Wir wohnen schon seit
5 Jahren nicht mehr bei Fr.
Geiger – u. seit 3 in Stuttgart. So leb wohl – grüß deinen Bräutigam
und deinen
Vater herzlich. Dein Ernst Onkel.“ 1928, 25. 12. Zweiter Brief von Ernst an Gertrud in Berlin: „Liebes Trudchen … Hast du deinen Vater mit meinem letzten Brief gegrüßt? Ich grüße ihn auch in diesem – u. horche auf ein Echo –leise od. laut.“ 1929, Dezember, Ernst
an
Gertrud Gräser: Liebes Trudchen! … Dein
Brief klang nicht schlecht – dass Ihr draußen wohnt, kann angenehm
sein, dass
dein Mann an einem Verlag tätig ist, förderlich. Die
Goetheanum-Bücherstuben
überragen jedenfalls alles, was literarisch und geistig in Druck
gegeben werden
kann. Sie können wohl die beste Nahrung auf allen Gebieten geben. … Ich
spreche
vor allem von den Werken Dr. Rudolf Steiners. Inzwischen war auch
dein Vater in Stuttgart. Ich weiß
es leider nur von andern! Als ich’s hörte, versuchte ich ihn in seiner
früheren
Wohnung zu treffen – vergeblich. Als ich in dem vegetarischen
Restaurant nachfrug, war er schon offenbar
nicht mehr in Stuttgart. Wenn ich mich auch
nicht immer so gegen meinen Bruder
benommen hätte – er macht es einem wahrhaftig schwer – wie es genau
genommen
recht gewesen wäre, habe ich trotz allem mit meiner ganzen Kraft
gestrebt, den
Kontakt aufrecht zu erhalten. Dies kann ich von mir und andern sagen.
Ob er
sein Verhalten in diesem Falle verantworten kann?“ 1930, 21. 12. Ernst an Gertrud in Oppershausen
bei Mühlhausen: Liebes Trudchen! Nun habe
ich schon deinen 2ten Kartengruß … der gerade in den Tagen der
Anwesenheit
deines Vaters in Stuttgart eintraf. … Möget Ihr u. dein Vater trotz
allem
Dunkel in der Welt warme u. lichte Weihnacht feiern. Dein Ernst Onkel. Eine Geschichte über
das Verhältnis der beiden
Brüder erzählt Hermann Müller: „… Gustos jüngerer Bruder, Ernst Heinrich Graeser (1884-1944), ein überzeugter Anhänger Rudolf Steiners, war ein angesehener Kirchen- und Landschaftsmaler geworden. Im Herbst des Jahres 1931 sucht der wohnungslose Wanderer Gusto bei ihm ein Obdach. An seine Töchter berichtet er später über seine Ankunft in Stuttgart: … (Alfred) Daniel muss heim - fährt mich aber erst noch zu Freunden Willi Bauers, die nichts, kein Winklein für die Nacht, die nasse Nacht, aber wohl Helferwillen haben. Mit Hilfe Willis komm ich nun zu einem Schlüssel zu einem Gartenhäuschen, das weit in Botnang liegt; ich fahr und tapp mich hin durch dunkle Nacht und Matsch und Quatsch - endlich bin ich darin - ein hartgeripptes enges Feldbett und zwei ganz kümmerliche Decken warten mein - ich denk: so muss es sein - und dank, dass ich bei Bäumen bin, die mich mit Frucht frisch laben. Da hätt' ich mich für
den Anfang, bis zu Bessrem,
wohl zurechtgenistet, aber ein Lieblicher schickte Nachricht: "Da oben
kein weiteres Wohnen gestattet." Punkt - . Weiter über andre Bekannte
kam
ich nun zu einem biedern Tischlermeister, Körner heißt er - der konnt mich nun auf seinem Werkstattboden genug
gut betten,
mit seiner Schwabenseel' und seinen Matrazen. Das wär für eine Weil
ja auch nit
Puh und Pech gewesen, ababer aber Etwas
schien mir
doch zu ungereimt - ging's Euch nit auch
schon durch
den Sinn: "Hab doch, wennn ich nit irr, ein Bruderherz hier, nun wär's doch
schön, wenn
wir bei diesem Anlass, dieser kleinen Not, mal wieder so recht
brudergut
zusammen-kämen". Doch es wird spät, 9
Uhr des Abends wird's, bis ich
Entschluss fass: "Ja - ich muss gehn,
sonst wär
es mein Verfehlnis". - Und denkt, wie
schön zur
rechten Zeit ich kam. - Der Bruder Ernst war noch im Reisemantel, 5
oder 10
Schritt vor mir trat er ein, er kam von Wien zurück, ein weiter Weg.
Und seine
Frau, von andrer weiter Reise, traf eben soviel
Schritt etwa vor ihm im Hause ein, wie ich hörte, ohne vorherige Stundvereinbarung. (Ob vielleicht auch nit
Tagverein-barung, muss das noch klarer
machen.) War das nicht schön? War das nicht Wink vom
Leben: „Allso
nun, ihr Brüder - lasst ihr's so rinnen, ruhn,
oder
werdet ihr nun auch Dieses, todesbang, zertun
???" - - - Ein Stündchen ging im
Schwung des Wiedersehns, und meinerseits
auch dank des schönen
Dreifalls, genügend traulich hin, doch dann musst ja vom Nächsten,
Nötigsten
die Rede kommen, wie schön, wenn sie von seiner, ihrer Seite kommen
wär:
"Wo wohnst du, Bruder? - Paar Tage wenigstens, bis wir das Weitre
finden,
wirst du doch nun ein Weilchen Gast uns sein!?" Was lag näher? - Was
war selbstverständlicher? -
Aber nein - nach meiner Frage: "Könnt Ihr raten, taten?" kam die
Pein. – Dann musste ja der
Aufbruch kommen, konnt meinen
Tischlermeister, übrigens auch Ernst mit
Namen, doch nit ins Bodenlose so warten
lassen. Da
kam ein Schrein, so halb Gewein: "Ich war
doch
immer der Zusammenhalter der Familie, und Du fühlst Dich jetzt abgestossen!" - "Heut nacht
doch bleibst Du hier", meint sie, die Klemmy
(Clementine, Frau von E. G.). - Er - keinen Thon dazu. - Dann
plötzlich,
unvermittelt: "Ja - wenn man immer meint, Ich - Ich, sonst Kaner (Keiner)" - dann wieder Schluss. Das galt
offenbar meiner Nichtanbetung (Rudolf) Steiners. - "Ich geb mich ganz und freu mich aller andern, die
auch ihr
Theil ganz zur Gemeinschaft tun. Wieso - warum jetzt das? - Ich komme
wieder,
wenn ich Wohnung hab - schlaft gut!" – So ging's doch wieder
auseinander - geht es immer,
wo unser Herztun Hirnfrost grausam frisst. Nun gingen Monate
herum - ich schlief beim andern
Ernst. Vom Werkstattboden kam ich auf den Stubenboden, dann auf ne enge Polsterbank, ich machte sie mir breiter
mit paar
Stühlen und war ein Monat wohl beim Biedermann.“ Dazu schreibt Ernst
Heinrich Graeser an Gustos Tochter
Gertrud, Ende
Dezember 1931: „… Am Weihnachtsabend war dein Vater bei uns. Wir tun ehrlich schwer miteinander. Hoffen möchte ich, dass zu seiner inneren Einsamkeit nicht auch eine äußere zu sehr zunimmt. Er erfordert sehr viel Kraft im Verkehr u. meiner Art mich zu bewegen – eine Kraft, die uns beiden (m. Frau) kaum zur Verfügung steht, wodurch leicht scheinbare u. wirkliche Ungerechtigkeiten entstehen. Ich wünschte, er fände im Leben noch die Eigenschaft, die zu den Dingen u. Menschen leichter ‚Ja’ sagen (kann), man soll u. darf diese suchen. Kann man sich wunder nehmen, wenn sich die Menschen so oft u. zutiefst verneint fühlen, dann die Flucht ergreifen. Möchte dies besser werden.“ Hermann Müller
beschreibt diesen „Weihnachtsabend
und die folgenden Wochen: „… Am Weihnachtsabend des Jahres 1931 kamen die Brüder dann doch noch zusammen. Aber offenbar nur für einen Abend und ohne Freude. Sie tun sich schwer miteinander. So schwer, dass Gusto weiterhin um ein Nachtquartier sich durchbetteln muss, weiterhin mal in einer Gartenhütte, mal auf einem Stubenboden oder Werkstattboden oder auf Stühlen liegend die kalten Nächte verbringen muss. Endlich, es muss zu
Anfang des Jahres 1932 gewesen
sein, findet er Unterkunft bei einem alten Bekannten in Sillenbuch,
also nicht
weit von der Wohnung des Bruders entfernt. Edmund Müller ist es, der
ihn
aufnimmt, ein Journalist und Fotograf, den er schon seit 1929 kannte.
Edmund
hatte damals Aufnahmen vom Vagabundenkongress auf dem Killesberg
gemacht. Bei
dieser Gelegenheit müssen sie sich kennengelernt haben. Edmund machte
mehrere
Bilder, in denen Gusto im Mittelpunkt steht; er war sichtlich von ihm
beeindruckt. Gusto seinerseits scheint sich im Winter 1932 an diesen
Bekannten
erinnert und bei ihm angeklopft zu haben. Edmund Müllers
Interesse am Vagabundenkongress war
kein rein berufliches, kein rein kommerzielles. Er hat sich dieses
Thema
ausgesucht aus christlich-brüderlicher Verbundenheit mit den Armen. Der
Fotograf gehörte dem Bund der Köngener an, einer jugendbewegten Gruppe, die aus
einem Bibelkreis hervor-gegangen war. Jesus stand für diese Menschen im
Mittelpunkt ihres Denkens, und zwar besonders unter dem Gesichtspunkt
des
Heute, der Gegenwart. Wie hat ein Christ heute zu leben, wie müsste ein
zeitnahes Christentum aussehen? Deshalb wurden, wie mir Luise Schäfer
berichtete, eine Ledige, die dem Haushalt von Müller angehörte, Redner
verschiedenster Richtung zu ihren Sitzungen eingeladen, von Theosophen
und Anthroposophen
bis zu Kommunisten. Zu diesem Sichkümmern
um die
Armen und Ausgestoßenen, die Randfiguren und suchenden Einzelgänger
gehörte es
auch, sich der Vagabunden anzunehmen, mindestens aus Interesse und
Neugier,
eher noch aus innerer Verbundenheit mit jenen, die wie einst Jesus ein
Leben
auf der Straße führten. So musste Edmund
Müller auf Gusto Gräser treffen;
so musste Gusto Gräser bei Edmund nicht nur eine widerwillig geduldete
sondern
eine liebevolle und ehrende Aufnahme finden. Den Fotos von Edmund ist
dies
abzulesen. Gusto nimmt an den Festen der Familie teil, auch seine
Tochter wird
eingeladen, gehört bald mit zum Haushalt. Auch andere Stuttgarter
Freunde von
Gusto können sich bei Edmund mit ihm treffen, so der Bankangestellte
Willy
Bauer, der, ein Buch lesend, auf einem der Fotos zu sehen ist. Gusto
scheint im
Hause von Edmund für einige Monate eine echte Heimat gefunden zu haben. Bitter muss es für ihn
gewesen sein – und letztlich
auch für Ernst -, dass Fremde ihn beherbergten, Fremde ihn ehrend
aufnahmen,
viele Fotos von ihm machten, der örtlich benachbarte Bruder aber nicht.
Gusto
durfte ihn zwar gelegentlich kurz besuchen, zum Bleiben eingeladen
wurde er
nicht. Andere fotografierten ihn, Ernst aber nicht. Mit Ausnahme einer
flüchtigen Skizze von 1942 scheint der Maler kein einziges Abbild
seines großen
Bruders geschaffen zu haben. Das sagt genug darüber, wie kalt die Luft
zwischen
den Brüdern war. Dabei war keineswegs
menschliche Abneigung im
Spiel. Die Kluft war eine weltanschauliche. Hier der Dichterprophet,
der die
kirchlich-christliche Weltsicht als lebensfeindlich bekämpfte, der dem
Diesseits sein Recht erstreiten wollte - dort der Maler, der aus
christlicher
und mehr noch aus anthroposophischer Überzeugung in der Weltüberwindung
seine
Bestimmung sah: – sie konnten auch bei gutem Willen nicht
zusammenkommen. Beide
litten unter diesem Zerwürfnis, beide suchten von Zeit zu Zeit die
Kluft zu
überwinden; letztlich aber blieben sie getrennt, getrennt durch ihre je
eigene
Überzeugung vom rechten Weg zum Heil.“ Am 12. März 1943
schreibt Ernst Gräser in sein
Notizbuch zu den am Vortag erfolgten Luftangriffen auf Stuttgart: „… Heut haben mit Donnergeklirr und Gekrache Bomben in Schwefeldunst – Dämonen, die der Mensch rief – in durchdröhnter Nacht die Strassen zerrissen. Und heut morgen - ? strahlt
klar schon wieder der Tag im Lichte des knospenden Frühlings und die
Vögel im
Blauen zwitschern dazu. O wärst du fähig, auch
nur einen Strahl dieses Ganzen
voll zu erleben, dünkt mich – du lerntest dem Wüten der Dämonen zu
wehren.“ Der von ihm
beschriebene Luftangriff ist nicht der
erste und wird auch nicht der letzte bleiben. Am 25. August 1940
beginnen die
Angriffe, die Bilanz 4 Tote und starke Zerstörungen in Gaisburg
und Untertürkheim. Am 19. April 1945 um 22.12 Uhr erfolgt der letzte
Angriff
auf die Stadt und auch hier Tote und Verletzte. Und just an diesem Tag machte sich einer der Getreuesten Hitler-Anhänger - Wilhelm Murr (16. Dezember 1888 in Esslingen am Neckar - 14. Mai 1945 in Egg) feige aus dem Staub. Murr war ab Februar 1928 bis zu seinem Tod Gauleiter der NSDAP in Württemberg-Hohenzollern, von März bis Mai 1933 außerdem Staatspräsident und dann bis 1945 Reichsstatthalter in Württemberg. Unter ihm wurden im
Dezember 1944 Evakuierungspläne
ausgearbeitet, die vorsahen, die Stuttgarter Bevölkerung nach Südosten
zu
führen und die Stadt zu zerstören. Diese Pläne gab er allerdings im
März 1945
auf. Am 10. April rief er noch zur Verteidigung der Stadt bis zum
Äußersten auf
und verbot am 13. April unter Androhung von Exekution und Sippenhaft
das
Zerstören von Panzersperren und Hissen von weißen Fahnen“, schreibt
Wikipedia.
Nach ihrer Flucht beginnen Murr und seine Frau Selbstmord. Nochmal Wikipedia: „… Zu Kriegsbeginn im September 1939 wurde Murr zum Reichsverteidigungskommissar im Wehrkreis V ernannt, was ihm einen Machtzuwachs bescherte. Wichtige Bereiche des Militärs und der Zivilverwaltung unterstanden ihm nun direkt oder mussten sich de facto mit ihm arrangieren. Ohne Zustimmung Murrs oder seiner Beauftragten konnte in Württemberg praktisch nichts mehr geschehen. Der Mord an den Juden und an den Geisteskranken konnte wegen Murrs bedingungsloser Ausführung der Befehle von Führer und Partei in Württemberg reibungslos vonstattengehen. Ende Januar 1942 wurde er zum SS-Obergruppenführer befördert.“ Wikipedia schreibt
über die Luftangriffe auf
Stuttgart: „… Bei den Luftangriffen auf Stuttgart wurde während des Zweiten Weltkrieges die württembergische Hauptstadt Stuttgart schwer getroffen. Bei 53 Angriffen kamen 4562 Menschen ums Leben, darunter 770 Ausländer, von denen der größte Teil Zwangsarbeiter waren. Der schwerste Luftangriff in der Nacht des 12. September 1944 durch die britische Royal Air Force, bei dem im Stuttgarter Talkessel ein Feuersturm entstand, forderte 957 Opfer. Insgesamt 39.125
Gebäude wurden zerstört oder
beschädigt, was 57,5 Prozent der Bausubstanz entsprach. Die Innenstadt
war
hierbei mit einem Zerstörungsgrad von 68 Prozent der Gesamtbausubstanz
am
schwersten betroffen. (…) Neben den über 4500
Opfern wurden bei den Angriffen
8908 Menschen verwundet, 85 Personen blieben vermisst.“ In Stuttgart bin ich
[der Autor weiter Teile dieses
Textes] aufgewachsen und zur Schule gegangen, an die zerstörte
Innenstadt und
die vielen Ruinen bis weit in die 50er Jahre erinnere ich mich noch
gut. Und
ein Lehrer erzählte mir, Gauleiter Murr sei beim Besuch einer
Stuttgarter
Schule gebeten worden, sich in das Gästebuch einzutragen. Er habe sich
zurückgezogen und dann nach einigen Minuten erklärt, er habe sich nun
vor dem
Herrn Homer verewigt. Homer sprach er aus, wie man es schreibt. Ein
ungebildeter Dummkopf war er also auch noch, bei Nazis keine Seltenheit. Mit 60
Jahren, am 10.12.1944 erliegt Ernst Graeser
nach
langem Krankenlager einem Krebsleiden in seiner Sillenbucher
Wohnung. Seine Urne wird auf dem Stuttgarter Waldfriedhof in der Nähe
seines
früheren Lehrers Prof. Hölzel beigesetzt. Ansprache von
Stadtpfarrer Daur bei der Feuerbestattung
von Maler Ernst Graeser, Stuttgart,
15.12.1944: „… Verehrte, liebe Trauergemeinde! Als ich gestern früh
am Totenbett des entschlafenen
Meisters stand und versunken das Gesicht des scheinbar sanft
Schlummernden
betrachtete, auf dem die Zeichen tiefen, schmerzvollen, aber mit wahrem
Heldenmut getragenen und nun sieghaft überstandenen Leidens lagen und
von dem
ein großer, stiller und stillmachender Friede ausströmte, da ging mir
plötzlich
ein Wort aus dem Neuen Testament durch den Sinn, das Wort des großen
Wissenden:
Selig sind, die reinen Herzens sind, denn sie werden Gott schauen.
Die in Liebe Dir
verbunden,
werden immer um Dich bleiben, Wetteifernd dienen:
das war sein Lebensweg. Er ist
diesen seinen Weg gegangen, lernend, dankbar empfangend und doch immer
ganz er
selbst, ganz ein eigener, mit seinen Gaben und Kräften dienend in
selbstlosem
Wetteifer, in tiefer Treue.
Versäumt nicht zu üben
die
Kräfte des Guten! Selig sind, die reines
Herzens sind, denn sie werden
Gott schauen. Dass wir ihn, sein Walten, seine Fürsorge (ach, wie oft
hat der
Entschlafene sie wunderbar erfahren!) auch jetzt im Dunkel des Leides
schauen
und dadurch stark, getrost und des ewigen Lebens gewiss werden möchten!
Selig
sind, die reines Herzens sind, denn sie werden Gott schauen.“ Rudolf (Rudi) Daur (26. Januar 1892 in Korntal - 17. Juni 1976 in Stuttgart) war evangelischer Pfarrer in Stuttgart und Leiter des Bundes der Köngener, auch „Köngener Bund“. Dieser war ein deutscher Jugendverband. Er entstand 1920 aus Älterengruppen der Schülerbibelkreise (BK), die von der deutschen Jugendbewegung beeinflusst waren, und löste sich 1934 auf. „1953 engagierte er sich gegen die Wiederbewaffnung Deutschlands und war verantwortlich für die "Erklärung württembergischer und badischer Theologen" gegen die Remilitarisierung Deutschlands“, so jedenfalls Wikipedia. In der Stuttgarter
Zeitung erscheint ein Nachruf auf
Ernst Gräser: „… „Der Maler Ernst Graeser“ Nachruf von Fritz Schneider In Stuttgart -
Sillenbuch ist nach längerem Leiden der
Maler Ernst Graeser im sechzigsten
Lebensjahr
gestorben. Dass die Wiege dieses deutschen und seit vielen Jahren im
Schwabenland heimatlich gewordenen Künstlers außerhalb der
Reichsgrenzen in
Siebenbürgen gestanden hat, hörten wir seinem Tonfall ab und der
besinnlichen Präzision
seiner Sprache. Es ist fast merkwürdig, dass uns, die den Verstorbenen
näher
kannten, die spontane Erinnerung an Ernst Graeser
nicht den großen Lyriker schwäbischer Landschaftsbilder ans innere Auge
stellt,
nicht den Zauberer duftiger Frühlingsstimmungen, halb bekränzter
Sommerauen und
Baumblätter herbstlicher Farbenräusche, sondern einen ernsten tiefen
Menschen
voll Gedankenleidenschaft, eine über das erwartete Maß gebildete,
denkerisch
ausgreifende Persönlichkeit. Im Anfang seines malerischen Schaffens
steht eine
Reihe figürlicher Kompositionen, in denen der Künstler sein geistiges
Welterleben
in Sinnbilder zu gestalten versuchte. Diese Tafeln, auch als
Lichterscheinung
dramatisch gespannt und voll künstlerischer Unruhe, bleiben eher doch
mehr vom
Gedanklichen her bewegt, als von der lebendigen Aussagekraft ihrer
malerischen
Form. Da aber dem Künstler echtes Gefühl für malerische Werte
innewohnte, im
Einklang mit einer ungewöhnlichen Empfänglichkeit für die schwebenden
Reize
jahreszeitlicher Landschaftsstimmungen, gedieh sein reifes Schaffen
immer mehr
zur stillen, farbig feingestimmter Kunst der landschaftlichen Idylle.
Und wenn
wir an viele Ausstellungseindrücke von Bildern Ernst Gräsers
zurückdenken,
bleibt uns in Summe die Erinnerung an eine lichte morgenfrische,
zärtlich aufgrünende und aufblühende Welt
duftiger Farbenklänge, in
einer fröhlichen Heimatwelt mit Wiese, Busch und Baum und bunter
Bauerngärten,
inwendig voll Musik wie ein Gedicht vom Schwaben Mörike.“ Wahrscheinlich noch
1946
schreibt die Stuttgarter Zeitung: „… Mit einer Gedächtnis-Ausstellung für den im Dezember 1944 verstorbenen Maler Ernst Graeser hat der Württ. Kunstverein eine Ehrenpflicht gegenüber einem Künstler erfüllt, der viele Jahre das Gesicht der Stuttgarter Malerei – wenn man diesen Begriff verwenden darf – mitbestimmt hat. … Es sind teils religiöse, teils Zeitprobleme, die darin behandelt werden, so der Kampf ums Goldene Kalb und eine deutliche Absage an den Krieg – wohlgemerkt schon 1914! … In diesen Werken erkennt man das große Wollen und die Ideenwelt des Künstlers, der an seiner Zeit und besonders unter dem Ungeist des braunen Regimes gelitten hat. – Der 1884 in Kronstadt in Siebenbürgen geborene Künstler, der über die Münchner Akademie 1906 nach Stuttgart gekommen ist und unter Landenberger und später Hölzel sich weitergebildet hat, war ein feiner und zarter Mensch, dessen Tod nicht zuletzt durch die Unterdrückung und Unfreiheit der Hitlerzeit beschleunigt worden ist. Eine charakteristische, ungemein lebendige Büste von Jakob Brüllmann hält die Züge des Verstorbenen fest.“ In der Siebenbürgischen Zeitung vom 30. April 2009 erscheint zum 125. Geburtstag Ernst Graesers eine Würdigung mit dem Titel „Vergessen und wiederentdeckt“. Auszüge: „… Die meisten seiner Werke sind dem Spätimpressionismus zuzuordnen. Trotzdem gehörte zu Gräsers Eigenheiten, dass er sich bewusst seine eigene künstlerische Freiheit erhielt und sich keinem „-ismus“ unterwarf. 1922 wurde dies in der Presse folgendermaßen beschrieben: „Ernst Gräser gehört zu der gar nicht großen Gruppe von Künstlern, die es verschmähen, sich eine Manier anzueignen. Das bedeutet bewussten Verzicht auf Popularität und Marktgängigkeit. Bilder, deren Urheber jeder halbwegs unterrichtete Kunstfreund auf den ersten Blick errät, sind nun einmal beim kaufenden Publikum am beliebtesten. Graeser aber hat sich die innere Freiheit bewahrt, auf verschiedene Stimmungen und Eindrücke verschieden zu reagieren“. Trotzdem lässt seine Landschaftsmalerei dieser Jahre einige Charakteristika erkennen. Dazu gehörte sehr dünner Farbauftrag, skizzenhafte Behandlung, die Bilder unfertig erscheinen lassen, meist gegen die Sonne gemalt, gewollter Kontrast durch figürliche Belebung. (…) Seit 1927 beschäftigte
sich Gräser zusätzlich mit
dem Entwurf von glasgemalten
Kirchenfenstern. Neben
der Freiluftmalerei war dies für etliche Jahre eine seiner wichtigen
Erwerbsquellen. Von ursprünglich 26 Standorten konnten noch 17 Kirchen
in
Württemberg mit Graeser-Fenstern ermittelt
werden.
Das wohl imposanteste Werk schuf er mit drei ca. 9 m hohen Fenstern für
den
gotischen Chor der Backnanger Stiftskirche. Über den Entwurf von
Kirchenfenstern erhielt er auch Aufträge für Freskomalereien in Kirchen
und
öffentlichen Gebäuden. Leider sind hierzu außer Abbildungen keine
erhaltenen
Werke mehr bekannt. Auf Grund der
politischen Entwicklung in
Deutschland löste sich mit dem Ende der Weimarer Republik die
Stuttgarter
Sezession auf. Ab 1933 wurden Künstler und Kulturschaffende in
Deutschland von
der „Reichskammer der bildenden Künste“ überwacht. Seit den
„Ermächtigungsgesetzen“ begleiteten Graeser
viele
Ängste, Spannungen und Schwierigkeiten. Auch wenn Graeser
mit seiner eher gefälligen und zeitlosen Kunst nicht auffällig wurde,
musste er
unter dem Wegfall der möglichen künstlerischen Vielfalt der Jahre vor
1933,
verbunden mit dem Schicksal vieler Künstlerkollegen/innen, die, da
„entartet“,
mit Ausstellungs- und Arbeitsverbot bestraft wurden, gelitten haben.
Schmerzhaft für ihn als Sympathisant der Anthroposophie waren deren
Verbot in
Deutschland ab 1935, eine nicht erfolgte Berufung auf eine Bewerbung
zum
Professor an der Berliner Kunstakademie sowie finanzielle
Schwierigkeiten durch
den Wegbruch des Marktes für christliche
Kunst. Hinzu
kommen Beziehungsprobleme mit seinem Bruder Gusto, dessen Verhaftung
und
Bestrafung mit fortdauerndem Schreibverbot, sowie gesundheitliche
Probleme
seiner Frau und der Beginn des eigenen langen Krankenlagers. Während seiner letzten
Lebensjahre erkannte Gräser,
dass die von ihm und anderen erhoffte geistige Erneuerung und
Veränderung in
Deutschland nicht stattfand. In den fortgeschrittenen Kriegsjahren,
auch unter
dem Erleben der Bombenangriffe auf Stuttgart, entstanden viele in
freien
Rhythmen formulierte Gedichte. Sie zeigen, wie sehr Gräser von den
Stürmen der
Zeit erfasst und betroffen war und immer wieder versuchte, sich neue
Hoffnungszeichen zu schaffen. Es entstand 1942 die Gedichtsammlung
„Samen für
die neue Erde“. Noch vor Kriegsende, am 11. Dezember 1944, erlag Gräser
in
Stuttgart-Sillenbuch einem Krebsleiden. Seine Ehefrau, Freiin
Klementine Gräser,
geborene von Pongrácz, lebte nach seinem
Tode
hauptsächlich vom Verkauf hinterlassener Bilder. Sie starb 1958. Wie
sich Ernst
Gräsers farbige Glasfenster aus vielen Teilen, hellen und dunklen,
zusammensetzten, fügt sich sein Leben zu einem interessanten
Gesamtbild.“ Hartmut
Deckert
(mit
von Reinhard Christeller eingefügten Ergänzungen von Hermann Müller)
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