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Gustos Brief an Tochter Trudel in Wandlitz vom 19.12.1947 An Gertrud Gräser
Josef in Wandlitz i.d.Mark Berlin, Stolzenhagenstr.75 Einschreiben
Ab. Arthur Gräser
in Freimann bei München, Hortensienstrasse 3 (Poststempel:) 30.12.47. 13-14 (Mark)b
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Freimann
5 Tag vor Weihnacht
Mein Trudel mit all den Deinen! Nun fliegt nach langlangem Schweigen wieder ein sichtbar Lebenszeichen zu Dir. - Jah, hab ich auch geschwiegen, von lebendigem Leben fliegen Grussvöglein, Lebenswelln ja immer in die Welt und berühren, ob Keiner's auch sieht, das heimliche Ziel, das sie zieht. Lebendig sind Wir wohl! So heissfleissig wie in letzten Zeiten hab ich noch nie geschafft. - Auch heut fuhr ich schon um 5 in die Strümpf. - Was ich hier mitschick, sind Spur der beiden letzten Werke - vor allem das "Siebenmahl Hier TRäumers Frucht - betrübte Welt!" wär wohl das erforderlich, förderlich Notwendige zu unsrem Weltgedeihn. Das: "Allbedeut Die Sprachlaute, heimliche Schlüssel zu unsres Lebens Entschluss." - wär (ist) die Würze zum heilsamen Mahl, ist noch nicht ganz reinreif genug. - Da kann noch geholfen werden, auch durch Hinweis, Anregung von Euch, werweiss! Nach Druckaussicht, dergleichen, darf Heilgeist nit fragen, hat sein Früchtel zu tragen, und immer lebsaftig erquicklichere Frucht voll tieferer Zeugetucht. Jah, mein Trudel - dies ist eigentlich Alles, was ich berichten kann, weil ohn solch Grundwortwerk ja doch kein Wirrwarr sich schlichten kann, keine Menschenwelt sich hellen, heilen und lichten kann. Unsern Mädeln, dem Kristel und Angelein, kann ich auch nichts besseres mitteilen und senden. Sind wohl jetzt erwachsen und wach genug, auch Geschmack und Reiz an solchem "Naschwerk" zu finden. Und Henrik? - Wie ist's mit ihm geworden? Grüss dich, Henriko, hast mir nach Kriegsende noch kein Wörtlein geschrieben - wie ist das zu deuten? - Fühlst Du dich an deinem Platz? - Giebts wohl zwischen Uns was zu schaffen? Das gäb Erfrischung dem was verdorrten Verkehr, brächt Blutflut in die Adern, Lebweben hinn und her! Ich hab nichts mehr zu kritzeln und Tinte zu verspritzeln und Leben zu versitzeln. Lebt, Kinder, lebet wohl - gebt auch ein Lebenszeichen eurem Grohsvater da! . |