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Am FischbachdenkmalIn seiner Verteidigungsschrift
für Gräser berichtet Alfred Daniel:
Als Gräser den Ausweisungsbefehl auf 1. Oktober d. J. in der Hand hatte, konnte er sich selbstverständlich nicht stillschweigend darein ergeben. Und man sollte meinen, daß es - in Deutschland - gestattet sei, sein Recht oder das, was man dafür hält, öffentlich zu verstreiten. Gräser sprach deshalb am 1. August in seiner Waldandacht am Fischbachdenkmal mit ernster Schärfe gegen den Ausweisungsbefehl. Geschimpft oder gehetzt hat er dabei nicht, weil es seiner Art widerspricht. Aber siehe da: Am 4. August wurde ihm auf Betreiben der Stadtdirektion folgendes eröffnet:„Wenn Gräser fortfahren sollte, die von der Behörde ihm gegenüber getroffenen Maßnahmen öffentlich zu kritisieren oder sonstwie Umtriebe gegen seine Ausweisung, wozu auch das Sammeln von Unterschriften gehört, zu veranstalten oder zu fördern, so würde seine Ausweisung mittels Transports nach Friedrichshafen-Bregenz vollzogen werden.“ Die
Behörde verbietet also bei Gefahr sofortiger Verhaftung jede öffentliche Kritik
ihrer Maßnahmen und jeden Umtrieb zu ihrer
Aufhebung. Zeugt das von Stärke ihres Standpunktes? Ist das deutsche
Meinungsfreiheit im Jahre 1915? Das Denkmal für Heinrich von Fischbach, ein Granitblock mit Bronzeplakette im Wernhaldenwald unweit der Schillereiche, war erst 1906 errichtet worden. Über den so Geehrten schreibt Fritz Oechßler: Heinrich von
Fischbach (1837 bis 1900) war ein markanter Forstmann, der sich in den letzten
25 Jahren seiner Tätigkeit in der Kgl. Württembergischen Forstdirektion dem
Waldbau und der Landschaftspflege widmete. Seit 1876 war von Fischbach
im Ausschuss des Verschönerungsvereins tätig und wurde 1884 zum
Vorsitzenden des Vereins gewählt. Er übte dieses Amt bis zu
seinem Tode im Jahre 1900 mit großem Engagement aus. Während seiner Amtszeit wurde der Kriegsbergturm, zahlreiche Hütten, Aussichtspunkte
und viele Spazierwege gebaut. Die Karlshöhe wurde angelegt, große Erweiterungen
und Umgestaltungen erfolgten auf der Uhlandshöhe und auf der Feuerbacher Heide.
… Der Wernhaldenwald, in dem das an ihn erinnernde Denkmal aufgestellt wurde, lag von Fischbach wegen seiner exponierten Lage sehr am Herzen. Der Vorgänger dieses Waldes wurde am 1. November 1755, am Tage des großen Erdbebens in Lissabon, durch einen ungewöhnlich starken Sturm niedergeworfen. Die damals gesäten Forchen waren rund 130 Jahre später alte Forchen, die den hohen Bopser krönten und die bei der Fahrt mit der Zahnradbahn nach Degerloch besonders ins Auge fielen. Fischbach forderte und erreichte, dass dieser Forchenbestand zum Schutze der Landschaft möglichst lange zu erhalten sei. (Internet) Gewöhnlich hielt Gräser seine Ansprachen bei der Schillereiche. Im
Augenblick seiner drohenden Ausweisung stellt er sich vor das Denkmal für von
Fischbach. Sicher eine bewusste Wahl. Was er damit sagen wollte, wird sofort
klar, wenn man die Biografie von Fischbach zur Kenntnis nimmt. Dieser verdiente
Forstmann war ein engagierter Naturschützer und vor allem ein Schützer des
Waldes. Und eben das wollte auch Gräser sein – mit seinen Mitteln,
mit den Mitteln des Worts. Welt – wer kann dich wie dein Hochwald loben Wie sonst in die Nachfolge des Freiheitsdichters Friedrich Schiller, so stellt er sich jetzt, zu noch genauerer Verdeutlichung seiner Mission, in die Nachfolge des Waldschützers Heinrich von Fischbach. Seht her, wollte er damit sagen, ich kämpfe für die Erhaltung Eurer Wälder! Wollt Ihr wirklich diesen Schutzgeist, diesen Waldgeist ausweisen? Fünfundzwanzig
Jahre später, während der Naziherrschaft, stellte er in ähnlicher Lage die selbe Frage an die Herrschenden: Kolkrab, Bussard ziehn freih im Land, Das
Lob des deutschen Waldes „hoch da droben“ singen freilich hundert andere
Dichter auch, rühmen erst recht tausend deutsche Männerchöre. Gräser aber bleibt nicht stehen bei Rühmung oder Klage, er schwelgt
nicht lange in romantischen Stimmungen. Schon früh hat er die Bedrohung des
Waldes erkannt, hat vor seiner Vernichtung gewarnt. Wo Menschling hintritt, o Grauen, mit eiserner Vergewalt, So spricht er
schon in seiner Stuttgarter Zeit. Er ist weder Pessimist noch
Untergangsprophet, wohl aber ein wacher Warner vor gesellschaftlichen Irrgängen
und Fehlentwicklungen. Seine Dichtung ist nicht Stimmungslyrik sondern
Kulturkritik, Lebenslehre, Mahnung zur Umkehr. In seinen Spruchkarten dieser
Jahre sieht er, wohl unter dem Eindruck des Krieges aber nicht nur des Krieges allein, unsere Erde verdorben und in Trümmern. Das „Höret
auf!“ in seinem Doppelsinn bleibt sein oft wiederholtes Losungswort bis ans
Ende. Hören sollen wir auf das Lied der Wildnis und des Waldes – auch in uns.
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