(7)
In
fernen Waldes Grunde ward mir gar traute Kunde,
oh,
was ich da geschaut!
Ein
Hüttlein sah ich liegen, in seiner wilden Wiegen
gar
wonnig eingebaut.
Aus
sonnger Kindheit Auen, durch wüster Städte Grauen,
unheimlich
kahl und kalt,
auf
kaum beschrittnen Wegen, auf wurzelknorrgen Stegen,
kam
ich zu ihm gewallt.
Was
hab ich doch genossen an prächtiglichen Großen,
an
lauter Herrlichkeit!
Wie
dieses Hüttleins Stille in anspruchsloser Hülle
hat
mich noch nichts erfreut.
Es
ruht als wie ein Kinde im Arm der Mutter Linde,
vom
Sonnenstrahl umkost;
in
wuchtger Felsen Schutze, dem Wetterstrahl zum Trutze,
dem
Menschenkind zum Trost.
Zum
Hüttlein schritt ich leise, in ehrfurchtsvoller Weise
es
näher zu besehn;
oh
da, nach langem Harme, ist wunderlichte warme
Herzwonne
mir geschehn.
Inmitt
dem Hüttlein drinnen sah ich ein Mägdlein spinnen,
dabei
sang sie ein Lied.
Sie
sah's wohl wie ich hörte, doch nichts, kein Andres störte
ihr
einig Weltgemüth.
Mir
ward so wohlgemuthe, ihr ganzes Wesen ruhte
in
ihrem seelgen Sang;
was
hell aus Quellen plauschet, aus dunklen Wipfeln rauschet,
aus
ihrem Liede klang.
Aus
ihren Augen schaute, auf ihren Wangen thaute
ein
Hauch aus Wald und Flur;
ihr
ganzes reines Wesen, das athmete Genesen
der
heiligen Natur.
Auf
ihre Schwelle trat ich, leis um Erlaubnis bat ich,
da
fühlt ich mich umhalst:
Bin
warm bei Dir, erklang es, wo treubescheidnen Ganges
Du
Deiner Wege wallst.
Wie
so die Vöglein sangen, so bin ich weitergangen,
mit
leichtbeschwingtem Schritt;
denn
von der Maid ein Schimmer, ein sonnger, gleitet immer
auf
meinen Wegen mit.
(8)
Lass
Kirchenstuhl und Lehrerpult, vergiss die Schuld!
Lenk,
denk in dunkle Walden, durchflammt von Sonnengold
und
bau bei blühen Halden, bei wuchtgen Felsgestalten
dein
Leben hell und hold …
(9)
Weil
Du gar so heilig bist – Bergwaldwildnis – sei gegrühst!
Wärmer,
wie Dein Wehn ich spür, wärmer wird’s ums Herze mir,
denn
es lernet wieder lieben.
Wolken
wallen silbergrau überland – o Seele, schau,
wo
die Birken glänzen –
wie
das Licht dort Zauber webt, golden um die Lauben schwebt
an
des Tales Grenzen.
Unten
dort im duftgen Raum, schau den wunderalten Baum
in
dem Wolkenschatten.
Dunkel
ragt sein Heldenhaupt, lustvoll, kühn und queckumlaubt
aus
den sonngen Matten.
Mitten
dort im Sonnengrün – dass ich nicht der Felsen bin –
wie
sie den umkosen!
Heidekraut
und Brombeerstrauch und die Efeuherzen auch
und
die wilden Rosen!
Wildnis
– heiliges Gesicht! Deine Schöne fass ich nicht,
doch
mit meinen Augen
muss
ich mich, o Schauerglück, saugen, Du,
an
Deinen Blick!
(10)
In
die Wildnis sinnt mein Sehnen, wo frohrohes Leben quillt,
wo
die Wälder weit sich dehnen, wo der Falkenschrei erschrillt.
Hinter
Stadt- und Dörferwirren weit, wo die Buchen musizieren,
wo
die wilden Tauben girren, träumt ein Fels in Einsamkeit.
Dorthin
muss ich wieder lenken, dort bei Farn und Moos und Dorn
mich
versenken, mich verschenken, meine Seele heiter tränken
an
der Wildheit heilgem Born.
Horch,
da ist in goldnen Abendgluten aufgewacht ein rauher Männersang,
junge
Kehlen jubeln Antwortlieder, durch die Weiten wogt es hin und wieder
Antwort
rund den ganzen Ring entlang.
Fern
verklingt’s, die nahen Bronnen plauschen
und
vom Wald ein schlummeriges Rauschen –
still
–
Vogel
kehret heim zu seinem Aste
und
die Sterne blinken weit im Kreis.
Ein
Frucht noch, einen Gruhs dem Gaste,
tief
erathmend sinken sie zur Raste
nach
des Tages heissem Fleiss.
Stach
der Tag auch manche wehe Wunde,
Sternenruh
wiegt
sie ein im heilgen Grunde.
(11)
Ihr
heimatlichen Matten, bin wieder da bei euch!
O
Heimat, meine Freude, auf dieser Erdenweite
kommt
dennoch dir nichts gleich!
Wo
schauen mich die Bäume so freundlich an wie hier?
Wo fühl
ich mich gehoben? Wo kann ich danken, loben
o
Heimat, wie bei dir?
Wo, wo?
Ich frag vergebens – nur hier bin ich vertraut
mit
Hainen und mit Halden, mit Wegen und mit Walden,
die
ich so oft geschaut. …
Wie
lange wird es währen, dass wir beisammen sind?
Wie
lange werd ich bleiben? Wirst du mich weitertreiben?
O
Heimat, halt dein Kind!
(12)
Von den
stolzen Höhen steig
ich
zum Heimattale.
Werktagrauschen, Festgegeig,
Kinderjubel,
Dorf am Teich
winken
mir zum Mahle:
Iss
und trink, o Volkessohn,
komm,
lass dich nit bitten,
hier
in unsrer Mitten
ist
dein Heilgewohn!
*