Albine Neugeboren (1861 - 1940)

Albine Neugeboren war die erste (und vielleicht die einzige) Jüngerin von Gusto Gräser. Sie soll als Krebskranke von den Ärzten aufgegeben und dann durch eine von Gusto verordnete Diät gerettet worden sein. Wanderte mit ihm über die Alpen bis ins Rhonetal, ging abends als "Quartiermacherin" in die Häuser der Bauern. Gab ihre etwa zwölfjährige Tochter Hildegard zu Karl Gräser in die Lehre, wo das Kind, wie die Achtzigjährige erzählte, "Schreckliches" erlebte. "Hatte immer Hunger". Ging nachts auf die Felder, um Kraut zu stehlen. Hasste deshalb die Gräsers. 1909 brachte Gusto seine siebenköpfige Familie ins Haus der Neugeborens. Hildegard musste für die Kinder Kleidchen nähen, wiederum nicht zu ihrer Freude. Dennoch war ihr ganzer Lebensstil von den Gräsers geprägt. Sie war es, die Hermann Hesse 1915 zu sich einlud, worauf er 1916 tatsächlich ihr Gartenhäuschen bezog. In ihrem Hause in Monti (d. h. dem ihrer Mutter Albine) trafen sich Hesse und Gräser am 7. September 1916 erstmals wieder nach jahrelanger Entfremdung.

Landmann berichtet, dass nach dem Rauswurf Gustos durch Oedenkoven (November 1900) sich in Monti um ihn eine Gruppe Geistesverwandter versammelt habe. Ihr Standort und Stützpunkt dürfte das Haus von Albine gewesen sein. Dort fanden später auch Ernst Bloch, Klabund, Jakob Flach und angeblich auch Lenin einen Unterschlupf. Ohne die gräserische Gesinnung von Frau Albine hätte sich diese Freistatt rebellischer Geister nicht bilden können.

>>> Siehe auch "Hesse Demian"
>>> Siehe auch Hilde Jung-Neugeboren

>>> Weitere Dokumente zu Albine und Hilde Neugeboren, deren Haus in Monti Trinità sopra Locarno, der Beziehung zu den Gräsers und Hermann Hesse hier!

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                                  Albine Neugeboren, von Fidus im August 1939 aufgenommen -  Die einstige Villa Neugeboren in Monti 2007

Ernst Bloch in Monti

Mitte März im Kriegsjahr 1917 fährt Bloch nach Locarno, genauer: nach Monti della Trinità oberhalb von Locarno, wie aus einer späteren Karte an Georg Lukács hervorgeht. Er wohnte, wie vor ihm schon Hermann Hesse, im Hause der mit Gräser befreundeten Familie Neugeboren. Im Herbst 1916 hatten dort, nach jahrelanger Trennung, Gräser und Hesse wieder zusammengefunden.

Von der hochgelegenen Villa Neugeboren hatte man den Monte Verità ständig im Blick. Und dies auch im geistigen Sinn. Dass Bloch diesen Ort fand, dass er sich dort einquartierte, lässt allein schon auf eine Verbindung schließen, die seine Schriften aus jener Zeit bestätigen.

Postkarte des Haupthauses in Monti

Das Anwesen der Neugeborens bestand aus mehreren Häusern. In welchem von ihnen Bloch mit seiner Frau gewohnt hat, wissen wir nicht. Vermutlich jedoch in dem hier abgebildeten Haupthaus. Die anderen Häuser und namentlich das zeitweise von Hesse bewohnte Gartenhäuschen bezeugen durch ihren Stil die lebensreformerischen Neigungen der Besitzerin Albine Neugeboren.

 







Das Waldhaus
Mutter Neugeborens „Winkelchen“

In einem dieser Gebäude, vermutlich im Haupthaus, wurde ‚Geist der Utopie’ zuende geschrieben. Und dies nicht nur äußerlich im Blick auf den Monte Verità.
Hermann Müller

Blick vom Hause Neugeboren auf den Monte Verità (über der Baumspitze in der Mitte)