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Grüne
Urzelle Siedlung GRÜNHORST (im Roten Luch) und Biologische Bewegung 1930 - 1936 |
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1930: Gertrud Gräser und Henry Joseph gründen die Siedlung Grünhorst im Roten Luch bei Berlin. Der Maler Max Schulze-Sölde schliesst sich ihnen an. Gusto Gräser und sein junger Freund Otto Grossöhmig sind oft zu Gast. Die kleine Landkommune wird ein Treffpunkt für Wandervögel und die "Biologische Bewegung" um den Dichter und Philosophe Ernst Fuhrmann. Ein Netzwerk alternativen Denkens bildet sich heraus: ökologisch, frei-sozialistisch, religiös. Pfingsten 1930: Schulze-Sölde ruft alle Freireligiösen zu einer Tagung nach Hildburghausen. Gusto Gräser redet. Die Zeitschrift Der Dom erscheint. Dann die Zeitschriften Gegner, Der Strom, Utopia. 1931 Aus dem Tagebuch von Arthur Streiter, einem Mitbegründer der Siedlung Grünhorst. 1933: Der lose "Bund um Grünhorst" wird zerschlagen, seine Zeitschriften verboten, Otto Grossöhmig und Harro Schulze-Boysen verhaftet und gefoltert. Ernst Fuhrmann, Franz Jung und andere gehen ins Exil. Schulze-Boyse organisiert die Widerstandsgrupe "Partei des Lebens". Sie wird 1942 enttarnt und ausgelöscht. |
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Wir Christ-Sozialisten
wollen den Sozialismus, die Religion der Proletarier, mit der
Religion des Nazareners zu einer Einheit verschmelzen. Denn
wir behaupten: ein wahrhafter Christ ist ein Sozialist und ein
echter Sozialist ist ein Christ, selbst wenn er sich nicht zur
Lehre Christi bekennt.
Max Schulze-Sölde 1924
Max Schulze-Sölde,
Mitglied
der Landkommune Grünhorst
Weitere
Informationen zu Schulze-Sölde finden Sie im Text weiter
unten!
Einige
Publikationen:
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"Biologische Bewegung" |
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Um
den Biologen und Biosophen Ernst
Fuhrmann (1886 - 1956) sammelte sich die
linksliberal und ökologisch orientierte Psycho-Biologische Bewegung. Ihre Organe: GEGNER; DER STROM; DER DOM; UTOPIA, Zeitschrift für natürlichen Lebensbau. Ihr konkretes "Utopia" war die von Gertrud Gräser und Henry Joseph 1930 gegründete Siedlung Grünhorst bei Berlin. |
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Ein Wirken im Leben kann nur
einen Sinn haben, wenn es unter einen millennearen Blick
gestellt ist und wenn sich die Grundeinstellung vollkommen gegen
heute kehrt.
Jede Gewordenheit der Natur und alle Wesen müssen zu ihren Zeiten in ihrer Entwicklung eine Pause eintreten lassen, um für ihre "Vermehrung" das Tempo anzuhalten. Wenn wir die quantitative Wirtschaft über die qualitative wuchern liessen, so wäre uns ein schlimmer Stillstand geschehen. In der Natur bleiben ist unser Werden. Es ist eine weitreichende Andersart des Lebens, an der wir zu bauen haben. Ernst Fuhrmann 1930
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Für Erhaltung der Naturdenkmäler,
Belebung des Dorf- und Stadtbildes durch Erhaltung und
Anpflanzung von Bäumen, Schutz der einheimischen Tier- und
Pflanzenwelt vor völliger Ausrottung und Schutz einheimischer
Gewässer vor Verschmutzung. Friedrich Muck-Lamberty
1919 |
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Harro
Schulze-Boyse wird 1932 der letzte Herausgeber des "Gegner".
Nach 1933 sammelt er um sich den Widerstandskreis
"Partei des Lebens", der auf den Sturz der Hitler-Diktatur hinarbeitet. Diese überparteiliche Gruppierung wird von den Nazis als kommunistische "Rote Kapelle" verleumdet und nach ihrer Enttarnung 1942 hingerichtet. Mehr als 40 Verschwörer fallen dem Terror zum Opfer. |
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Je mehr
die Massenbewegungen wachsen, desto mehr interessiere
ich mich für die Einzelgänger - die letzten Wilden -
Vertreter der Wildnis - oder besser: Bekenner der
Wildnis. Leider gibt es für uns, sobald wir bekannt
werden, nur Naturschutzparks = Konzentrationslager. ...
Heute kam auf diesem Wege der alte Gräser zu mir. Er sieht wie ein gutmütiger Indianer aus - viel Aufsehen. Alle Leute blieben stehen. Hugo Hertwig:
Tagebuch 1935/36 |
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Dokumente
zu Grünhorst
Henry Joseph, Gräsers
Schwiegersohn, schreibt an seine Lebensgefährtin
Gertrud Gräser in Grünhorst bei Berlin: Nachmittag 4. 2. 30. Mein
Lieb – eben
vor 1 Stunde ist Gusto hier unvermittelt
reingeschneit. Die Polizei hat Ihn aus Eisenach
gewiesen und nun ist Er da. Er will sehen, hier in
Open [Oppershausen?] ein sonniges Zimmer zu
bekommen, ich will noch mal auf dem Gut anfragen,
ob Sie das Zimmer schon frei haben. Seine Sachen
liegen in Eisenach bahnlagernd. Wenn es kein
Zimmer gibt, weiss ich auch nicht, was Er vor
hat. Bei uns hat Er keine Lust zum
Wohnen, da alle Zimmer ohne Tagessonne, die Er zu
seinem Schaffen braucht. Er macht uns noch andere
Vorschläge: z. B. das Auto nachher verkaufen und
Eselskarren anschaffen, durch die Lande ziehen –
ich hab noch nichts darauf erwidert; das wollen
wir gemeinsam besprechen. … Dies
alles in Eile, da ich gehen muß. Bringe bitte noch
mit: Fotoalbum, Toiletteseife. Schreibe dir dann
noch, was Gusto endgültig vor hat und wo Er wohnt.
Dein froher Henry.
Max
Schulze-Sölde und Karl Strünckmann in: Die
Kommenden, 5. Jg., 5. Folge, 31. Januar 1930, S. 55:
Aufruf
zur religiösen Woche in Hildburghausen.
Auszug:
In unheimlicher Weise mehren
sich die Anzeichen des drohenden Chaos in unserem
Volke. Zersetzung, Auflösung und Parteiung greifen
immer mehr um sich. ... Die Zeit ist reif! - Je
schwärzer sich die Finsternis um uns verdichtet, umso
leuchtender strahlt das Licht des Christus-Geistes in
unser Volk hinein. Das
Schicksal ruft die Christen an die Front! Sie
haben das Beispiel zu geben ... Wir (stellen) nicht
Moses oder Mohammed, nicht Laotse oder Buddha, nicht
Zoroaster oder Wotan, nicht Lenin, Marx oder Nietzsche
in den Mittelpunkt der neuen religiösen
Kristallisation, sondern den Jesus von Nazareth. ... Dr. Karl Strünckmann, Blankenburg a. Harz, Max Schulze-Soelde, Haubinda bei Hildburghausen i. Thür.
Gertrud Heinze-Gräser an H. M. Zu der
Zeit, als ich neunzehnjährig nach Grünhorst zog,
arbeitete Henri [Joseph, ihr Lebensgefährte] noch an
der Zeitschrift 'Die Kommenden' mit, aber auch nur
knapp zwei Jahre. Es war schon ein Idealismus, in
Grünhorst zu beginnen, 1930. Wenn man solche Eltern
wie ich hatte, steckte es wohl in Fleisch und Blut, so
zu handeln und zu leben - innerlich froh zu sein,
naturergeben, ohne viel zu reden.
Der
Völkische Beobachter, Kreis Hildburghausen, vom 29.
4. 1930 Haltet die
Augen offen, Nationalsozialisten in den Bauerndörfern!
Gegenwärtig durchzieht ein Redner, namens
Schulze-Sölde, die Dörfer unseres Kreises …
Max
Schulze-Sölde an Friedrich Muck-Lamberty; 5. 5. 1930 Die Nazis
sind mir wenig grün und fangen schon an vor mir zu
warnen. Aber mir solls recht sein. Je toller der
Kampf, desto lieber ist es mir.
Friedrich
Muck-Lamberty an Schulze-Sölde, Mai 1930 Ich habe
manchmal das Gefühl, als würden die NSDAP-Leute in
ihrem Fanatismus bereits vollkommen im Sinne einer
deutschen G.P.U. [russische geheime Staatspolizei]
sich auswirken . . . Überall gesteigertes fanatisches
Wesen, statt große starke Güte und Weisheit. Dabei
hungert das Volk nach Menschen, die im großen Eros
stehen, zu deuten und zu leiten wissen, und gesund an
Leib und Seele werden wollen.
Schulze-Sölde
an
Hugo Hertwig, Flarchheim, 20. 3. 1931 Ich werde an Ostern meine Zelte hier abbrechen, um mit einigen Freunden zusammen in der Nähe von Berlin eine Siedlung zu beginnen. Ich glaube es ist an der Zeit, nun bald mit der Organisation des Religiösen National-Kommunismus zu beginnen. 1.6.1931
Gertrud
Heinze-Gräser in Briefen an H. M. Grünhorst,
weit draußen vor Berlin
gelegen, war ein total verlassenes Vorwerk, das einem
gewissen Baron Borscheid gehörte. Es lag sehr einsam
am Wald, rings von Natur umgeben. Mein Gefährte
pachtete es für etwa sechs bis sieben Jahre. Wir
fingen allein an alles aufzuubauen, biologisch zu
düngen und nur Reformhäuser zu beliefern, mit Gemüse,
Brot, Kräutern, die herrlich dufteten, und Eiern von
etwa 60 Hühnern. Nach
Jahren unseres Dortseins stellte sich der meinem Mann
bekannte Freund Max Schulze-Sölde ein, zuerst alleine,
dann kam von Eden seine Frau Irma Leidig hinzu. Ich
selbst war damals für unsere kleine Siedlung viel
unterwegs, mit Sprüchen und Bildkarten von meinem
Vater sowie von Max, um zu unserem Aufbau beizutragen.
Max war in inneren und äußeren Nöten, suchte einen
Platz, um seinen Wunschtraum einer Siedlung
verwirklichen zu können. Mein
Vater kam dann eines Tages in gleicher Absicht, eine
Zuflucht zu finden, zu uns. Es war im Jahr 1933, als
mein erstes Kind Christel geboren war. Für einige
Monde blieb er mit Max Schulze-Sölde zusammen in
Grünhorst. Max malte Bilder und schrieb an seinem
Buch. Da aber die große Einsamkeit des Vorwerks oft
lange Zeit nur von uns beiden belebt war, die
körperliche Tätigkeit für Vater nicht in Frage kam,
hielt es ihn da nur für kurze Zeit – dann flog er
wieder ins Land. Auszüge
aus dem Lebenslauf von Otto Großöhmig Jahrgang 1909.
Neuland-Siedler seit 70 Jahren;
bio-dynamischer Landbau. Jugendbewegt-bündische
Herkunft:
'Sozialistische Arbeiterjugend',
'Wander-vogel-Reformbewegung', 'Freideutsche Jugend',
'Deutsche Friedensliga' (Unterstützer des
Antikriegsmuseums von Ernst Friedrich, Berlin,
Parochialstraße), 'Weltjugendliga – Weltbund der
Jugend für den Frieden'. Mitorganisator
internationaler Jugendtreffen vor der Machtübertragung
an Hitler. Einer der ersten Häftlinge im KZ-Lager
Osthofen bei Worms. 1930/33:
Freundschaft und Wanderungen mit Gusto Gräser, enge
Bindung an dessen Tochter Heidi und Freundschaft mit
Gräsers Tochter Trude und seinem Schwiegersohn Henry
Joseph am 'Roten Lug' in Berlin. 1933:
Im Juli von SA in Heppenheim verhaftet und ins
KZ-Lager Osthofen bei Worms verschleppt. Wegen
schwerer Erkrankung im Oktober aus dem Lager
entlassen. In Heppenheim von der Polizei sofortige
Rücküberstellung nach Osthofen angedroht. Flucht aus
Heppenheim, bei Verlust des gesamten Eigentums, auch
des Siedlungsgrundes und des aufstehenden Gebäudes.
Ich wurde weiterhin von der GESTAPO observiert und
unterlag einem besonderen behördlichen Anmeldezwang.
Ich kam zunächst bei Dr. Nikolaus Ehlen in Velbert
unter, Herausgeber der Zeitschrift 'Lotsenrufe'. Von
Velbert schlug ich mich in meine Heimat, nach Bad
Liebenwerda, durch. Hier nahm mir die Polizei sofort
meinen Pass ab und stempelte den "Sperrvermerk für das
Ausland" ein. 1934:
Im Frühjahr nach Berlin. Arbeit in einer Gärtnerei in
Michendorf. Zu Verhören von der SS "abgeholt" und aus
Michendorf vertrieben. 1937:
Heiratete ich Maria Gülden in Wuppertal. Unsere
Hochzeitsfahrt ging nach Eden und zum Lebensumfeld von
Gusto Gräser bei Berlin. Von Henry Joseph fanden wir
nur noch dessen Backofen vor, der verrostet am 'Roten
Lug' stand. Die Kontakte zu Gräser und den Freunden
waren durch die Nazis aufgehoben. 1939: Im
Sommer Ankauf von Siedlungsland bei Marienhagen und
Aufbau von 'Neuland', für viele Jahre ein Fahrtenziel
der anti-nationalsozialistischen bündischen Jugend des
Bergischen Landes. 1945:
Bald nach der Befreiung Fahrt nach Heppenheim. Hier
erfuhr ich, dass drei meiner Freunde die Nazi-Tyrannei
nicht überlebten: Otto
Mielus aus
Kiel wurde von der SS abgeholt und in Mannheim ermordet.
Er ging als gesunder kräftiger Mann; nach vierzehn Tagen
erhielt seine Zimmerwirtin ein kleines Päckchen mit den
letzten Habseligkeiten. Vermerk: "In der Haft verstorben". Sylvester-Arthur Schweigert, Jude, aus
Weinheim/Bergstraße, wurde von SA erschlagen und in
Eberstadt vor Darmstadt auf die Straßenbahnschienen
geworfen, um einen Freitod vorzutäuschen. Peter Anders, ein
überzeugter "Grüner" und Jünger von Silvio Gesell,
wurde von einem KZ ins andere geschleift, in
Mauthausen an eine Baracke genagelt. Am nächsten
Morgen war er tot. Die Häftlinge des Lagers mussten
an dem Toten vorbeimarschieren. 1945/46 Wanderfahrten mit Paulus
Buscher und anderen. Vertrieb von Gräser-Schriften.
1979:
Mitbegründer der Partei 'Die Grünen'. |
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