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Grüne Urzelle
Siedlung GRÜNHORST
(im Roten Luch)
und Biologische Bewegung
1930 - 1936




 

  
 
  Gräser im Grünhorst
Buchauszug
ISBN 978-3-00-045-106-5
1. Auflage 2014

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Dr. Otfried Schröck:
Die Höhle des Zaratustra und Grünhorst, der „grüne
Mittelpunkt Deutschlands“ im Roten Luch (1921 bis 1936)

Vortrag im Rahmen der Ausstellung Einfach.Natürlich.Leben in Potsdam, 4.11.2015
Dr. Otfried Schröck: Die Siedlung Grünhorst im Roten Luch - der „grüne Mittelpunkt Deutschlands“ (1931 bis 1936), Aus: Landkreis Märkisch-Oderland. Jahrbuch 2015 und 2016. S. 36-39 und 78-81

1930:
Gertrud Gräser und Henry Joseph gründen die Siedlung Grünhorst im Roten Luch bei Berlin. Der Maler Max Schulze-Sölde schliesst sich ihnen an. Gusto Gräser und sein junger Freund Otto Grossöhmig sind oft zu Gast. Die kleine Landkommune wird ein Treffpunkt für Wandervögel und die "Biologische Bewegung" um den Dichter und Philosophe Ernst Fuhrmann. Ein Netzwerk alternativen Denkens bildet sich heraus: ökologisch, frei-sozialistisch, religiös.


Pfingsten 1930:
Schulze-Sölde ruft alle Freireligiösen zu einer Tagung nach Hildburghausen. Gusto Gräser redet. Die Zeitschrift
Der Dom erscheint. Dann die Zeitschriften Gegner, Der Strom, Utopia.

1931
Aus dem Tagebuch von Arthur Streiter, einem Mitbegründer der Siedlung Grünhorst.

1933:
Der lose "Bund um Grünhorst" wird zerschlagen, seine Zeitschriften verboten, Otto Grossöhmig und Harro Schulze-Boysen verhaftet und gefoltert. Ernst Fuhrmann, Franz Jung und andere gehen ins Exil. Schulze-Boyse organisiert die Widerstandsgrupe "Partei des Lebens". Sie wird 1942 enttarnt und ausgelöscht.

  Gräser um 1932 mit Sölde und Grossöhmig in Grünhorst

Grünhorst
Scheune in Grünhorst
Waschtag in der Landkommune Grünhorst

Trudel (Gertrud Gräser)  Grünhorst um 1932Henry Joseph, Gertrud Gräser, Max Schulze-Sölde, Heidi Gräser

Die Gräsertöchter Heidi, Waltraud und Gertrud um 1936
Trudel (Gertrud Gräser) mit ihren Töchtern Christel und Angela um 1936
Texte von Gusto Gräser: Meinen 3 Töchterlein Trudel (Gertrud), Heidi und Lottchen (Waltraud)     Gusto Gräser mit Trudel (Gertrud) 1932
Max Schulze-Sölde    Zeit der Technik, Gemälde von Max Schulze-Sölde

Christus und das Proletariat, Zeichnung von Max Schulze-Sölde    Jesus segnet streikende Arbeiter, Zeichung von Max Schulze-Sölde um 1929

Aufgaben und Ziele der Christ-Sozialisten, von Max Schulze-Sölde, 1924

Wir Christ-Sozialisten wollen den Sozialismus, die Religion der Proletarier, mit der Religion des Nazareners zu einer Einheit verschmelzen. Denn wir behaupten: ein wahrhafter Christ ist ein Sozialist und ein echter Sozialist ist ein Christ, selbst wenn er sich nicht zur Lehre Christi bekennt.

Max Schulze-Sölde 1924

Max Schulze-Sölde,
Mitglied der Landkommune Grünhorst
Weitere Informationen zu Schulze-Sölde finden Sie im Text weiter unten!
Einige Publikationen:

"Biologische Bewegung"

Grünhrst: Treffpunkt der Wandervögel und der Biologischen Bewegung

Um den Biologen und Biosophen Ernst Fuhrmann (1886 - 1956) sammelte sich die linksliberal und ökologisch orientierte
Psycho-Biologische Bewegung.

Ihre Organe:
GEGNER; DER STROM; DER DOM; UTOPIA, Zeitschrift für natürlichen Lebensbau.

Ihr konkretes "Utopia" war die von Gertrud Gräser und Henry Joseph 1930 gegründete
Siedlung Grünhorst
bei Berlin.

Ernst Fuhrmann: Was die Erde will

 Ernst Fuhrmann
Ein Wirken im Leben kann nur einen Sinn haben, wenn es unter einen millennearen Blick gestellt ist und wenn sich die Grundeinstellung vollkommen gegen heute kehrt.

Jede Gewordenheit der Natur und alle Wesen müssen zu ihren Zeiten in ihrer Entwicklung eine Pause eintreten lassen, um für ihre "Vermehrung" das Tempo anzuhalten.

Wenn wir die quantitative Wirtschaft über die qualitative wuchern liessen, so wäre uns ein schlimmer Stillstand geschehen.

In der Natur bleiben ist unser Werden.

Es ist eine weitreichende Andersart des Lebens, an der wir zu bauen haben.

Ernst Fuhrmann 1930

Der Dom, 1930Für Erhaltung der Naturdenkmäler, Belebung des Dorf- und Stadtbildes durch Erhaltung und Anpflanzung von Bäumen, Schutz der einheimischen Tier- und Pflanzenwelt vor völliger Ausrottung und Schutz einheimischer Gewässer vor Verschmutzung.

Friedrich Muck-Lamberty
1919

Gegner
Harro Schulze-Boyse wird 1932 der letzte Herausgeber des "Gegner". Nach 1933 sammelt er um sich den Widerstandskreis
"Partei des Lebens",
der  auf den Sturz der Hitler-Diktatur hinarbeitet.

Diese überparteiliche Gruppierung wird von den Nazis als kommunistische
"Rote Kapelle"
verleumdet und nach ihrer Enttarnung 1942 hingerichtet.

Mehr als 40 Verschwörer fallen dem Terror zum Opfer.








Der Strom
Je mehr die Massenbewegungen wachsen, desto mehr interessiere ich mich für die Einzelgänger - die letzten Wilden - Vertreter der Wildnis - oder besser: Bekenner der Wildnis. Leider gibt es für uns, sobald wir bekannt werden, nur Naturschutzparks = Konzentrationslager. ...

Heute kam auf diesem Wege der alte Gräser zu mir. Er sieht wie ein gutmütiger Indianer aus - viel Aufsehen. Alle Leute blieben stehen.


Hugo Hertwig: 
Tagebuch 1935/36
 


Dokumente zu Grünhorst


Henry Joseph, Gräsers Schwiegersohn, schreibt an seine Lebensgefährtin Gertrud Gräser in Grünhorst bei Berlin:

 Nachmittag 4. 2. 30.

Mein Lieb –

eben vor 1 Stunde ist Gusto hier unvermittelt reingeschneit. Die Polizei hat Ihn aus Eisenach gewiesen und nun ist Er da. Er will sehen, hier in Open [Oppershausen?] ein sonniges Zimmer zu bekommen, ich will noch mal auf dem Gut anfragen, ob Sie das Zimmer schon frei haben. Seine Sachen liegen in Eisenach bahnlagernd. Wenn es kein Zimmer gibt, weiss ich auch nicht, was Er vor hat. Bei uns hat Er keine Lust zum Wohnen, da alle Zimmer ohne Tagessonne, die Er zu seinem Schaffen braucht. Er macht uns noch andere Vorschläge: z. B. das Auto nachher verkaufen und Eselskarren anschaffen, durch die Lande ziehen – ich hab noch nichts darauf erwidert; das wollen wir gemeinsam besprechen. …  Dies alles in Eile, da ich gehen muß. Bringe bitte noch mit: Fotoalbum, Toiletteseife. Schreibe dir dann noch, was Gusto endgültig vor hat und wo Er wohnt.

Dein froher Henry.


Max Schulze-Sölde und Karl Strünckmann in: Die Kommenden, 5. Jg., 5. Folge, 31. Januar 1930, S. 55:

Aufruf zur religiösen Woche in Hildburghausen.

Auszug: In unheimlicher Weise mehren sich die Anzeichen des drohenden Chaos in unserem Volke. Zersetzung, Auflösung und Parteiung greifen immer mehr um sich. ... Die Zeit ist reif! - Je schwärzer sich die Finsternis um uns verdichtet, umso leuchtender strahlt das Licht des Christus-Geistes in unser Volk hinein.

Das Schicksal ruft die Christen an die Front! Sie haben das Beispiel zu geben ... Wir (stellen) nicht Moses oder Mohammed, nicht Laotse oder Buddha, nicht Zoroaster oder Wotan, nicht Lenin, Marx oder Nietzsche in den Mittelpunkt der neuen religiösen Kristallisation, sondern den Jesus von Nazareth. ...

Dr. Karl Strünckmann, Blankenburg a. Harz, Max Schulze-Soelde, Haubinda bei Hildburghausen i. Thür.




Das letzte Aufgebot

Die Tagung in Hildburghausen

Zu Ostern 1930 rief Max Schulze-Sölde zu einer „Religiösen Woche“ nach Hildburghausen. Die ihr zu Weihnachten 1929 vorangegangene „Biologische Tagung“ in Blankenburg zeigte die ökologische Komponente dieses Treffens an. Jetzt aber ging es vordringlich darum, alle religiösen Kräfte außerhalb der etablierten Kirchen zu sammeln und damit eine Gegenkraft zur anschwellenden nationalsozialistischen Strömung aufzubauen. Man war des Glaubens, „dass der ‚Christ-Sozialismus’ berufen ist, die Bewegung der National-Sozialisten abzulösen und zu erfüllen“ (zit. in Linse 141).

Eingeladen waren Jungkatholiken und Anthroposophen, Deutsche Christen und Jugendbewegte, Okkultisten und Christsozialisten, indisch und germanisch Gläubige und andere freireligiöse Gruppen. Zu Wort kamen neben Schulze-Sölde auch Muck-Lamberty, Karl Otto Paetel und Gusto Gräser. Auch mit diesem Treffen wollte Schulze-Sölde „den Sozialismus, die Religion der Proletarier, mit der Religion des Nazareners zu einer Einheit verschmelzen“ (zit. in Linse 142).

 Die Tagung begann mit einem Liebesmahl für die Alten, Armen und Arbeitslosen der Stadt – und mit einer öffentlichen Fußwaschung an solchen Menschen, stand also ganz im Zeichen christlich-sozialer Gesinnung. Schon die ersten Christen seien „Kommunisten“ gewesen und Jesus selbst ein „König der Armen“ (Linse 145). In diesem Sinne hatte Gräser schon 1919 von einem „Kommunismus des Herzens“ gesprochen. Und in diesem Sinne spricht Sölde ein Jahr nach der Tagung von der „Organisation des Religiösen National-Kommunismus“, die er nun anpacken wolle. Ostern 1931 gibt er seine Stellung als Zeichenlehrer auf und zieht in die von Gräsers Tochter und Schwiegersohn begründete Siedlung Grünhorst bei Berlin.

Gräser kann sich jedoch weder die genuin christlichen noch die sozialistischen noch die völkischen Anteile in Söldes Denken zu eigen machen. In Hildburghausen steht er deshalb abseits, lässt sich in die vorgesehene Programmreihe nicht einbinden. Erst am Schluss kommt er zu Wort. Sowohl die Äußerungen von Sölde selbst wie die der Teilnehmerin und Frauensprecherin Dora Kallmann bestätigen seine Sonderstellung. Jenseits aller Programme hatte er auf seine eigene Weise verwirklicht, was Söldes spiritueller Kommunismus erstrebte. Als Vorbild konnte er im Hintergrund bleiben, seiner Worte bedurfte es eigentlich nicht.

In der kurzlebigen Zeitschrift ‚Der Dom’, die das Organ dieser Sammlungsbewegung werden sollte, äußern sich Sölde und Dora Kallmann zum Tagungsverlauf und zu Gusto Gräser.


Hildburghausen

Max Schulze-Sölde an Dr. Karl Strünckmann

Dann kam endlich G u s t o  G r ä s e r  zu Wort. Ich hatte es in den vergangenen Tagen nicht fertig gebracht, ihn, den Einsamen, den ganz in seine Traumwelt Versponnenen, einzubauen in den Rahmen unserer Tagung. Er fühlte sich deshalb ständig von mir zurückgesetzt. Nun aber hatte sich nach einer gründlichen Aussprache am Nachmittage alles glücklich gelöst, sodaß er am Abend wunderschön in dichterischen Worten und Gleichnissen zu uns zu sprechen vermochte.

(In: Der Dom, Folge 1, 1930, S.8)

Dora Kallmann an Gusto Gräser, 1. Mai 1930

Lieber Gusto Gräser! Ich habe Dich auf dieser Tagung sehr lieb gewonnen. Darum möchte ich versuchen, Dir noch ein Mißverständnis zu erklären. Du fühltest Dich von Max zurückgesetzt und unterdrückt. Das kam nicht, weil wir Dich etwa zu tief einschätzten oder Dich nicht verstanden hätten. Sondern gerade, weil Du so selbstverständlich dastehst, wo alle hinsollen, war es unwesentlich, daß Du sprachst.

Du selbst hast in Deinen Worten am Abend klar gesagt, daß es gegenwärtig gilt, die Hülle, die Schale fortzunehmen. Du, Dein Leben und Dein Sein haben ja keine Hüllen und Schalen. Dich brauchen wir also nicht vor den anderen herauszuschälen. Darum sagte auch Max: "Du wirkst am meisten durch Dein Dasein!"

Bei dieser Tagung galt es, diejenigen sprechen zu lassen, von denen trennende Schalen fortzunehmen waren. Es fügte sich darum auch ganz richtig, daß Du am letzten Abend,  nachdem  die Gemeinschaft gefunden war, sprachst.

Wir sind durch die Tagung trotz allem dem Punkte, wo Du stehst und auf uns wartest, schon viel näher gekommen.

Ich freue mich so sehr, daß Du ein  M e n s c h  bist.

Dora Kallmann
(In: Der Dom, Folge 1, 1930)




Gertrud Heinze-Gräser  an H. M.

Zu der Zeit, als ich neunzehnjährig nach Grünhorst zog, arbeitete Henri [Joseph, ihr Lebensgefährte] noch an der Zeitschrift 'Die Kommenden' mit, aber auch nur knapp zwei Jahre. Es war schon ein Idealismus, in Grünhorst zu beginnen, 1930. Wenn man solche Eltern wie ich hatte, steckte es wohl in Fleisch und Blut, so zu handeln und zu leben - innerlich froh zu sein, naturergeben, ohne viel zu reden.


Der Völkische Beobachter, Kreis Hildburghausen, vom 29. 4. 1930

Haltet die Augen offen, Nationalsozialisten in den Bauerndörfern! Gegenwärtig durchzieht ein Redner, namens Schulze-Sölde, die Dörfer unseres Kreises …


Max Schulze-Sölde an Friedrich Muck-Lamberty; 5. 5. 1930

Die Nazis sind mir wenig grün und fangen schon an vor mir zu warnen. Aber mir solls recht sein. Je toller der Kampf, desto lieber ist es mir.


Friedrich Muck-Lamberty an Schulze-Sölde, Mai 1930

Ich habe manchmal das Gefühl, als würden die NSDAP-Leute in ihrem Fanatismus bereits vollkommen im Sinne einer deutschen G.P.U. [russische geheime Staatspolizei] sich auswirken . . . Überall gesteigertes fanatisches Wesen, statt große starke Güte und Weisheit. Dabei hungert das Volk nach Menschen, die im großen Eros stehen, zu deuten und zu leiten wissen, und gesund an Leib und Seele werden wollen.


Schulze-Sölde an Hugo Hertwig, Flarchheim, 20. 3. 1931

Ich werde an Ostern meine Zelte hier abbrechen, um mit einigen Freunden zusammen in der Nähe von Berlin eine Siedlung zu beginnen. Ich glaube es ist an der Zeit, nun bald mit der Organisation des Religiösen National-Kommunismus zu beginnen.


1.6.1931
Aus dem Tagebuch von Arthur Streiter, einem Mitbegründer der Siedlung Grünhorst: "... Also der Bruch ist unausweichlich ..."


Gertrud Heinze-Gräser in Briefen an H. M.

Grünhorst, weit draußen vor  Berlin gelegen, war ein total verlassenes Vorwerk, das einem gewissen Baron Borscheid gehörte. Es lag sehr einsam am Wald, rings von Natur umgeben. Mein Gefährte pachtete es für etwa sechs bis sieben Jahre. Wir fingen allein an alles aufzuubauen, biologisch zu düngen und nur Reformhäuser zu beliefern, mit Gemüse, Brot, Kräutern, die herrlich dufteten, und Eiern von etwa 60 Hühnern.

Nach Jahren unseres Dortseins stellte sich der meinem Mann bekannte Freund Max Schulze-Sölde ein, zuerst alleine, dann kam von Eden seine Frau Irma Leidig hinzu. Ich selbst war damals für unsere kleine Siedlung viel unterwegs, mit Sprüchen und Bildkarten von meinem Vater sowie von Max, um zu unserem Aufbau beizutragen. Max war in inneren und äußeren Nöten, suchte einen Platz, um seinen Wunschtraum einer Siedlung verwirklichen zu können.

Mein Vater kam dann eines Tages in gleicher Absicht, eine Zuflucht zu finden, zu uns. Es war im Jahr 1933, als mein erstes Kind Christel geboren war. Für einige Monde blieb er mit Max Schulze-Sölde zusammen in Grünhorst. Max malte Bilder und schrieb an seinem Buch. Da aber die große Einsamkeit des Vorwerks oft lange Zeit nur von uns beiden belebt war, die körperliche Tätigkeit für Vater nicht in Frage kam, hielt es ihn da nur für kurze Zeit – dann flog er wieder ins Land.

Otto Grossöhmig

 Auszüge aus dem Lebenslauf von  Otto Großöhmig

Jahrgang 1909. Neuland-Siedler seit 70 Jahren; bio-dynamischer Landbau. Jugendbewegt-bündische Herkunft: 'Sozialistische Arbeiterjugend', 'Wander-vogel-Reformbewegung', 'Freideutsche Jugend', 'Deutsche Friedensliga' (Unterstützer des Antikriegsmuseums von Ernst Friedrich, Berlin, Parochialstraße), 'Weltjugendliga – Weltbund der Jugend für den Frieden'. Mitorganisator internationaler Jugendtreffen vor der Machtübertragung an Hitler. Einer der ersten Häftlinge im KZ-Lager Osthofen bei Worms.

1930/33: Freundschaft und Wanderungen mit Gusto Gräser, enge Bindung an dessen Tochter Heidi und Freundschaft mit Gräsers Tochter Trude und seinem Schwiegersohn Henry Joseph am 'Roten Lug' in Berlin.

1933: Im Juli von SA in Heppenheim verhaftet und ins KZ-Lager Osthofen bei Worms verschleppt. Wegen schwerer Erkrankung im Oktober aus dem Lager entlassen. In Heppenheim von der Polizei sofortige Rücküberstellung nach Osthofen angedroht. Flucht aus Heppenheim, bei Verlust des gesamten Eigentums, auch des Siedlungsgrundes und des aufstehenden Gebäudes. Ich wurde weiterhin von der GESTAPO observiert und unterlag einem besonderen behördlichen Anmeldezwang. Ich kam zunächst bei Dr. Nikolaus Ehlen in Velbert unter, Herausgeber der Zeitschrift 'Lotsenrufe'. Von Velbert schlug ich mich in meine Heimat, nach Bad Liebenwerda, durch. Hier nahm mir die Polizei sofort meinen Pass ab und stempelte den "Sperrvermerk für das Ausland" ein.

1934: Im Frühjahr nach Berlin. Arbeit in einer Gärtnerei in Michendorf. Zu Verhören von der SS "abgeholt" und aus Michendorf vertrieben.

1937: Heiratete ich Maria Gülden in Wuppertal. Unsere Hochzeitsfahrt ging nach Eden und zum Lebensumfeld von Gusto Gräser bei Berlin. Von Henry Joseph fanden wir nur noch dessen Backofen vor, der verrostet am 'Roten Lug' stand. Die Kontakte zu Gräser und den Freunden waren durch die Nazis aufgehoben.

1939: Im Sommer Ankauf von Siedlungsland bei Marienhagen und Aufbau von 'Neuland', für viele Jahre ein Fahrtenziel der anti-nationalsozialistischen bündischen Jugend des Bergischen Landes.

1945: Bald nach der Befreiung Fahrt nach Heppenheim. Hier erfuhr ich, dass drei meiner Freunde die Nazi-Tyrannei nicht überlebten:

Otto Mielus aus Kiel wurde von der SS abgeholt und in Mannheim ermordet. Er ging als gesunder kräftiger Mann; nach vierzehn Tagen erhielt seine Zimmerwirtin ein kleines Päckchen mit den letzten Habseligkeiten. Vermerk: "In der Haft verstorben". 

Sylvester-Arthur Schweigert, Jude, aus Weinheim/Bergstraße, wurde von SA erschlagen und in Eberstadt vor Darmstadt auf die Straßenbahnschienen geworfen, um einen Freitod vorzutäuschen.

Peter Anders, ein überzeugter "Grüner" und Jünger von Silvio Gesell, wurde von einem KZ ins andere geschleift, in Mauthausen an eine Baracke genagelt. Am nächsten Morgen war er tot. Die Häftlinge des Lagers mussten an dem Toten vorbeimarschieren.

1945/46  Wanderfahrten mit Paulus Buscher und anderen. Vertrieb von Gräser-Schriften.

1979: Mitbegründer der Partei 'Die Grünen'.


Harro Schulze

1936: GRünhorst ist abgebrannt
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