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LAS AFINIDADES AFECTIVAS DE LA MELANCOLÍA Y LA MODERNIDAD
de Jorge Márquez Muñoz

(Max Weber en Ascona, Spanisch / Español)                                 PDF
Hinweis: Monte Verità, Erotik und Spiritualität:
Die Soziologen Max Weber und Winfried Gebhardt über  die Anachoreten von Ascona, 1994 und 2005

Max Weber und der Monte Verità

Eine Darstellung auf dem Kenntnisstand von 2010

Eine andere Betrachtungsweise, die den Stand 1997 wiedergibt, findet sich hier

Gusto Gräser um 1911

Ein Außeralltäglicher in Heidelberg

Ende Februar und Anfang März 1913 geht in Heidelberg ein Außeralltäglicher von Haus zu Haus. Besser gesagt: ein charismatischer Außeralltäglicher. Gusto Gräser ist unterwegs.

Am 25. Februar hatte er noch in Karlsruhe über „Blütezeit“ gesprochen und damit, wie es in einer Besprechung heißt, „manchen in seinem Heiligsten berührt“. Weiter schreibt das ‚Karlsruher Tagblatt’:

Brachte Gräser nicht einen Hauch jener Zeit, in der Freundschaft ein Wort voll Blut und Leben war? Dann stammelte er das höhere Wort Liebe. Ja – er stammelte. So hatte ihn das Wesenstiefste des Wortes ergriffen, daß er stammeln konnte. … In ihm, dem gereiften Manne, sehen wir unsres Ichs reinsten Blütenfrühling wieder. … Geläuterte Art klang aus seinen tiefdeutschen Versen, deren wundervolle Wortprägung in Herzens-sprache redete, sang und jubilierte.

Am 7. März dann spricht er im Theosophischen Verein in Heidelberg über ‚Das hohe Genießen“ (Heidelberger Stadtchronik für 1913, S. 207). Der volle Titel lautet, wie anderwärts vorgetragen: „Das hohe Genießen als Rettung aus niederem Genusse“.

Gräser konnte, wenn er irgendwo reden wollte, nicht auf eine hilfreiche Organisation oder aufwendige Werbung zurückgreifen. Er musste auf sich aufmerksam machen, Menschen ansprechen, Freunde und Förderer gewinnen, die ihn zu sich einluden oder einen Saal für ihn mieteten. Das war meist eine Sache von Tagen und Wochen. Dafür zeigte er sich nicht nur auf den Straßen und Plätzen, er ging auch in die Häuser und namentlich in solche von bekannten und einflußreichen Personen. Noch eher zu solchen, von denen er aufgrund ihrer Bildung ein wenigstens ahnungsweises Verständnis für die Hintergründe seines Tuns erhoffen konnte. Er ging also zu Künstlern, Reformern, Geistlichen und Philosophen, mithin oft und vorzugsweise zu Professoren. In Vagabunden-kreisen war man der Meinung, dass er nicht zu ihrer Zunft gehöre, da er nur bei Professoren die Klinken putze. Tatsächlich gibt es eine lange Liste von Universitätslehrern, die er nicht nur besucht hatte, die ihm auch mit Sympathie entgegenkamen. Im Sommer 1932 z. B. trug er bei drei Heidelberger Professoren aus seinem ‚Wortfeuerzeug’ vor und erhielt von allen dreien lobende und ermutigende Empfehlungsschreiben. „Es ist ein seltenes Erlebnis, einem Menschen zu begegnen“, unterzeichnet etwa der Germanist Friedrich Panzer „in aufrichtiger Verehrung“ (W 8).  So hatte er auch in Berlin einen guten Bekannten von Max Weber, den Philosophen Alois Riehl, besucht. Gräser also, der bei Riehl und Friedrich Naumann vorgesprochen hatte, der bei Richard Dehmel, Arno Holz oder Hans Thoma vortrug, der bei Gerhart Hauptmann und Hermann Hesse zu Gast war, der mit Michael Georg Conrad auf Duzfuß stand und von Johannes Schlaf geradezu enthusiastisch gefeiert wurde, dieser Menschensucher, der mit den führenden Köpfen seiner Zeit ins Gespräch kommen wollte und von vielen mit Respekt empfangen wurde – er konnte an einem Max Weber nicht vorbeigehen. Selbst wenn die Webers ihn abgewiesen haben sollten, so wären sie doch auf ihn aufmerksam geworden. Und wenn er selbst Webern übersehen hätte, was ganz unwahrscheinlich ist, so wäre er von seinen Heidelberger Freunden zu ihm hingeschickt worden.

Er war nämlich keineswegs zum ersten Mal in Heidelberg. Einer schwärme-rischen Vortragsankündigung der ‚Heidelberger Neuesten Nachrichten’ ist zu entnehmen, dass er „nach mehrjähriger Pause wiederum hier eingekehrt“ sei. Er war also bereits bekannt am Ort und hatte dort Freunde und Bewunderer. Er wird 1909 in die Stadt gekommen sein, als er bei Prominenten Geld für einen Hausbau in Siebenbürgen sammelte. Man darf sich aber nicht vorstellen, dass er als Bettler aufgetreten wäre, der um Almosen bat. Vielmehr trat er auf als einer, der zu geben hat. Stellte sich etwa als „Reformator der Gesellschaft“ vor, wie schon im Jahr 1900 aus Zürich berichtet wird. Da er außerdem von der vielbeschrieenen Siedlung Monte Verità berichten konnte, durfte er mit lebhaftem Interesse bei einer aufgeklärten und reformwilligen Intelligenz rechnen.

Gräser wird auch 1904 durch die Stadt gekommen sein, als er von Karlsruhe nach Mainberg unterwegs war. Mindestens einen seiner Bekannten können wir namhaft machen: den Lyriker, Gräzisten und Theosophen Carlo Philips (1854-1937). Weber erwähnt ihn in einem seiner Briefe als Kenner der asconesischen Szene (Briefe 1913-14; 222). Philips hieß eigentlich Karl mit Vornamen, aber da er seit etwa 1905 wechselweise auf dem Monte Verità lebte, hatte er – wie Gusto und Carlo Gräser – seinen Namen italianisiert. Wohl möglich, dass er von Gusto nach Ascona gelockt worden war. Philips war mit dem Privatdozenten Hans Ehrenberg befreundet, einem guten Bekannten der Webers. Beide, Philips und Ehrenberg, hielten sich im April 1913 gleichzeitig mit Weber in Ascona auf. Ob wir in dem manchmal als „Neobuddhist“ bezeichneten, jedenfalls theosophisch interessierten Philips den Verfasser jener enthusiastischen Vortragsankündigung zu vermuten haben? Möglicherweise war er es, der den Vortrag im Theosophischen Verein organisierte. Aus seiner Begeisterung für Gräser heraus könnte er anschließend mit seinem Freund Ehrenberg zum Monte Verità gezogen sein.

Ein anderer Monteveritaner war um diese Zeit ebenfalls in Heidelberg aufgekreuzt: der deutschrussische Philosoph, Pazifist und Anarchosyndikalist Otto Buek (1873-1966). Er war ein Schüler von Hermann Cohen in Marburg, wo er sich mit einem anderen Deutschrussen befreundete, dem später als „der Weise von Heidelberg“ legendär gewordenen Kurt Wildhagen (1871-1949). Buek, ein Gesinnungsgenosse des mit Weber befreundeten Robert Michels, besuchte Wildhagen und führte auch ihn nach Ascona, wo Wildhagen ein Mitarbeiter von Emil Ludwig wurde. Wildhagens Lebensstil als Bohemien, Caféhausgelehrter und Menschenfreund hat viel Gemeinsames mit der Lebensweise Gusto Gräsers. Wie Wildhagen in Heidelberg, so verbrachte Gräser in München die Nachmittage regelmäßig in einem Café bei der Technischen Hochschule, wo Studenten und Professoren ihn besuchten und befragten.

Ein anderer Botschafter vom Monte Verità war Bueks Leitbild, der Psychiater und Psychoanalytiker Otto Gross (1877-1920), der mit seinen exzentrischen Theorien die Heidelberger Intelligenz in helle Erregung versetzte, nicht zuletzt das Ehepaar Weber. Auch durch die Liebschaft von Emil Lask mit Frieda Gross gab es Beziehungen zum Lago Maggiore. Vertreten durch den „Asketen“ Gräser, den Theosophen Philips, den Philosophen Buek und den „Orgiasten“ Gross war die ganze spannungsvolle Bandbreite der asconesischen Ideen ahnungs- oder gerüchtweise schon präsent. Das Terrain war also vorbereitet für den Auftritt des „Gesellschaftsreformers“.

Kurzum: Nach den genannten Gegebenheiten und der üblichen Vorgehensweise von Gräser ist anzunehmen, dass er auch das Haus des allseits gerühmten Max Weber mit seinem Besuche beehrt hat.

Flugschriften und Sprüche von Gusto Gräser


In den ersten Tagen des März also dürfte er bei Weber vorgesprochen haben. Drei Wochen später, am 26. März, schreibt dieser seine erste Karte aus Ascona.  

Was bewegte ihn, an diesen eher berüchtigten Ort zu gehen? Gewiss, eine Kur im Frühjahr gehörte zu seiner Routine, aber dafür gab es wahrhaftig angenehmere und standesgemäßere Orte. Dieses armselige Fischerdorf am Lago Maggiore hatte nicht einmal ein Hotel zu bieten oder ein anspruchsvolleres Restaurant. Weber selbst spricht geringschätzig von einem „richtige(n) dreckige(n) Italienernestchen“ (MW in R 594). Die äußeren Gegebenheiten waren wenig komfortabel und einem Mann seines Ranges und Standes eigentlich nicht angemessen.

Was also trieb ihn in dieses „Italienernestchen“?  Was trieb ihn zu den „Naturmenschen“, diesen „neuen Wilden“ (R 589)? Und warum fühlt er sich bei ihnen „seltsam jung“ (MW in R 589)? Sollte es, wie Radkau und viele andere ihm unterstellen, allein an der Anziehungskraft der „Zauberweiber“ gelegen haben? Oder an seinem Wunsch, der in iuristischen Nöten befindlichen Frieda Gross zu helfen? Wenn dem so gewesen wäre, wenn Frieda Gross Motiv und Ziel seiner Reise gewesen wäre, dann hätte er mindestens ihre Adresse gewusst. Er schreibt aber am 28. März an seine Frau: „die Frieda wohnt, denke ich, oben am Berger, ich hier unten am See“. Und einen Tag später stellt er erstaunt fest: „als ich gestern von der Post kam, […] kam mir von der Thür meines Hauses her eine blonde Frau entgegen mit einem blonden, einem schwarzen Kind, – natürlich Fr[ieda]. […] Sie wohnt weiß Gott in meinem Hause, die Kinder mit dem Mädchen schräg gegenüber am Hafen. Aber man sieht sich nicht, wie das ja allein schon zeigt. Sie war etwas befangen, ist etwas in der Erscheinung ‚proletarisiert‘, aber sonst wie immer.“

Er hat also keine Ahnung, ist völlig unvorbereitet, findet sich zu seiner Überraschung im selben Hause wohnend wie Frieda und sogar im Zimmer ihres Liebhabers Ernst Frick untergebracht, der derzeit im Gefängnis sitzt.

Zu Recht fragt Joachim Radkau: „Wieso verbringt Weber zweimal im Frühling ohne Marianne einen ganzen Monat in Ascona? Ging es ihm wirklich, wie Sam Whimster meint‚ am Anfang ‚offensichtlich in erster Linie um Ruhe und Erholung‘? Für Weber war Ascona jedoch kein Urlaubsort wie jeder andere. […] Über die Sub- und Gegenkulturen auf dem Monte Verità muß er, schon bevor er dorthin fuhr, bestens Bescheid gewußt haben“ (Radkau 590).

Von wem wohl?

„Mit diesem Naturmenschentum kann sich ein Teil von ihm identifizieren“, schreibt Radkau. „Auf seine Art ist ja auch er ein Aussteiger; und zunehmend fesseln ihn andere Menschen, die sich der Alltagswelt entziehen. Das ‚Außeralltägliche’ wird zum Weberschen Reizwort“ (R 589). Aber auch „Charisma“ wird seit dieser Zeit für ihn ein Leitwort, „als einer besonderen Kraft der ‚Propheten, Asketen und Exorzisten’“ (R 599). Seine Lehre vom Charisma taucht nach Radkau „im Unterschied zu anderen Konzeptionen Webers ‚plötzlich’, ‚ohne erkennbare Vorstufe’ auf (WuZ 362), etwa ab 1913“ (R 601). Mit seinem Aufenthalt in Ascona beginnt eine neue Epoche seines Denkens, im besonderen sein Interesse für einen religiösen Idealtypus, den Charismatiker. „Die Charismatiker par excellence waren die Religionsstifter, die Apostel, die Propheten“ (R 602).

War ihm ein solcher im März 1913 auf den Straßen Heidelbergs oder im eigenen Hause begegnet? Das ist anzunehmen. Musste ihn eine solche Erscheinung – bei seinem bekannten Hintergrund von frommer Erziehung und „dämonischer“ Krankheit –  nicht zutiefst ergreifen, zumindest aber neugierig machen?

„Charisma“, „heroische Frömmigkeit“, „Liebeskommunismus“, „Brüderlich-keitsethik“, „Weltabgewandtheit“, „Außeralltäglichkeit“, „Ekstatik“ und „Gesinnungsethik“ gehören von nun an zu den Stereotypen seines Denkens und Schreibens. Ja, er spricht seit dieser Zeit sogar von einem „unbefangenen naturwüchsigen Heldentum“ (MW in R 606), hat „die neue Vision einer naturhaften Kultur“ (R 594).

Auf wen würden solche Kennzeichnungen eher zutreffen als auf Gusto Gräser?  Webern ist klar geworden: „Es ist dieses Außeralltägliche, Ekstatische, an keine ängstlichen Rücksichtnahmen Gebundene, das in der Geschichte die Macht der Gewohnheit durchbricht und das Neue schafft“ (R 603). Es ist die Kraft der Individualität, die strukturelle Zwänge durchbricht (R ebd.)

Nun sucht Radkau fast verzweifelt nach Menschen, die Vorbild für Webers Idealtypus des Charismatikers gewesen sein könnten. Er denkt erst an Bismarck, zieht sogar Wilhelm II. in Erwägung, geht weiter zu Friedrich Naumann und Stefan George, kommt schließlich unvermeidlich zu Tolstoi - aber jeweils mit negativem Ergebnis. Sein Suchen bleibt erfolglos. Kein Wunder: Er kennt diesen Gusto Gräser nicht.

Max Weber, gefangen im stählernen Käfig der Rationalität, wurde von der Frage umgetrieben: „Wie entstehen in dieser Welt der Eingestelltheit auf das ‚Regelmäßige’ … irgendwelche ‚Neuerungen?“ (MW in R 606). Seine Antwort: „nach allen Erfahrungen der Ethnologie scheint die wichtigste Quelle der Einfluß von Individuen zu sein, welche bestimmt gearteter ‚abnormer’ (vom Standpunkt der heutigen Therapie … als ‚pathologisch gewerteter’) Erlebnisse und durch dieser bedingter Einflüsse auf andere fähig sind“ (MW in R ebd.). Die „Narren“ bringen die Welt voran.

Ein solches Individuum dürfte in Heidelberg vor seiner Tür gestanden haben. Gräsers Auftreten in Gewandung, Sprache und Tun war so sehr jenseits aller Regelmäßigkeit, dass er regelmäßig als „verrückt“ betrachtet wurde. „Der spinnt“, meinte nicht nur der Mann von der Straße. Auch die amtlich bestellten Psychiater bescheinigten ihm „Paranoia“. Paranoia heißt Andersdenken, ein unbegreifliches Andersdenken. Dass ein solcher radikal Andersdenkender doch Menschen anziehen und sogar für sich begeistern konnte, hatte Weber in Heidelberg vor Augen. Die Biografie Gusto Gräsers zeigt es immer wieder: Wohin er auch kam, er hatte im Handumdrehen Menschen für sich gewonnen, Freunde gewonnen, die sich für ihn einsetzten. So muss es auch in Heidelberg gewesen sein. Denn Gräser war weit entfernt, zu den Theosophen zu gehören, im Gegenteil, er stand ihnen äußerst kritisch gegenüber. Es müssen also die Theosophen selbst gewesen sein, die ihn trotz seiner keineswegs konformen Ansichten zu sich einluden – weil der Mann sie beeindruckte, wohl als Entsprechung zu einem indischen Heiligen gedeutet wurde. Der Text einer Vortragsanküdigung in den ‚Heidelberger Neuesten Nachrichten’ vom 4. März 1913 bestätigt das. In geradezu schwärmerischen Tönen wird Gräser als „Dichter und Denker“ und als „Wegweiser“ vorgestellt, der der Menschheit „auf sonniger Bahn“ entgegenkomme, ihr „den reinen Idealismus der Natur … zu offenbaren“.

Das Thema, das er dann behandelte - „Das heilige Genießen als Rettung aus niederen Genüssen“ – wirkt wie ein beziehungsvoller Wink an einen Max Weber, der in den niederen Genüssen des „Mastbürgers“ zu versumpfen drohte. Seine zügellose Esslust zu drosseln, war denn  auch eines der Motive für seine Kur in Ascona.

Webern muss es aber klar gewesen sein, dass der „Vegetarierfraß“ (MW in R 588) allein ihn nicht aus dem niederen Genusse würde retten können. In Ascona hat er sicher mehr gesucht als die Reize von Diätetik und Erotik. Die Regeln und Forderungen der Askese waren ihm ja nicht unbekannt. Was ihn an Gräser fesseln musste, war eben dieser andere Ausweg: nicht Askese - sondern Genießen, ein hohes, heiliges Genießen kann befreien, und ein solches ekstatisches Genießen ist trotz Armut, Not und ständiger Gefährdung möglich, ja, gerade, in ihr und durch sie möglich: durch die „Glücksmutter Not“ (Gräser). Dieser Gräser, das war das Erstaunliche und Ungewöhnliche, lebte zwar wie ein Asket, pries aber das Genießen, die Lust und in allem und jedem das erfüllte Leben im Diesseits. Darin eben unterschied er sich von christlichen und anderen Heilspredigern und Weltflüchtigen. Spiritualität, so seine Lehre, steht nicht im Widerspruch zum Genuss, sondern gibt ihm erst die echte Erfüllung. Daraus musste sich für Weber die Erkenntnis ergeben:

„Die ursprüngliche Kraft der Religion entspringt nicht der asketischen Lebensmethodik als solcher, sondern nur jener Askese, die ein Ausdruck des religiösen Enthusiasmus und ‚Liebeskommunismus’, der spirituell-erotischen und ekstatischen Religiosität ist“ (R 588).

Schriftblätter von Gusto Gräser


Gräser wurde oft als „Asket“ verstanden und angesprochen. Er hatte dafür nur ein Lachen übrig: „Nur Lust und Lieb kann retten!“ Im Aufstand gegen die lustfeindliche Tendenz des Christentums fand er ja zu seinem eigenen Weg, zu einer Mystik ekstatischer Leib- und Lebensbejahung, einer solchen freilich,  die unbedingte Leidensbereitschaft mit einschließt, ja voraussetzt. Gräser feiert die „Allweltmutter Not“ und den „heiligen Ineinanderschlang“ und bietet damit jenes Ineinander von Erotik und Spiritualität, nach dem Weber instinktiv auf der Suche war.  

Auf dem Monte Verità von 1913 und 1914, im Sanatorium von Henri Oedenkoven etwa, konnte er diese ekstatische Religiosität nicht finden. Es gibt auch keinerlei Anzeichen dafür, dass er sie dort gefunden hätte. In Frieda Gross und Franziska zu Reventlow begegneten ihm lediglich sehr randständige und teils sehr zweifelhafte Ableger der monteveritanischen Ideologie. Etwas näher kam Weber dem Zentrum in seinen Begegnungen mit dem inhaftierten Anarchisten Ernst Frick. Und dennoch wird niemand auf den Gedanken kommen, Frick könne das Urbild für seine Denkfigur des charismatischen Propheten gewesen sein. Der immer etwas verzweifelt und hilflos wirkende Frick weckte zwar mütterliche Gefühle bei Frauen, eine Ausstrahlung von Kraft und Reinheit oder gar eine mitreißende Botschaft ging nicht von ihm aus.

Überschriften von Gusto Gräser


Kurzum: Der Versuch von Joachim Radkau und anderer, Max Webers neue Denkbewegungen und Findungen, wie sie namentlich in den ‚Zwischenbe-trachtungen’ zum Ausdruck kommen, von seiner Begegnung mit den asconesischen „Zauberweibern“ abzuleiten, kann nicht überzeugen. In dieser Argumentation gibt es, wie Radkau selber empfindet, ein „missing link“, ein fehlendes konkretes Vorbild für seine neuen Einsichten und namentlich für seinen Idealtypus. Dieses „missing link“ finden wir überzeugend in der charismatischen Gestalt Gusto Gräsers und seiner ebenso ekstatischen wie naturwüchsigen Religiosität. Gewiss hat die heimliche Sehnsucht nach Else Jaffé zu Webers Wandlung wesentlich beigetragen. Aber wo denn wäre in dieser Person oder dieser Beziehung etwas von Außeralltäglichkeit, Heroen-gemeinschaft, Brüderlichkeitsethik, Weltabwendung, religiösem Orgiasmus, vom Heldentum askosmistischer Güte, von Liebeskommunismus und Charisma zu finden?  Das hieße ja einen ganz gewöhnlichen Ehebruch, Seitensprung, eine Liebesaffäre in religiöse Höhen zu schwindeln. Wohl aber konnte die gedankliche Annäherung an einen innerweltlichen Ekstatiker und seine lustbefreiende Lehre ihm als Legitimation dienen, seine Beziehung zu Else positiv zu deuten und damit zu rechtfertigen.

Die erotische Beziehung muß, von jeder religiösen Brüderlichkeitsethik aus angesehen, je sublimierter sie ist nur desto mehr, der Brutalität in ganz spezifisch raffiniertem Maße verhaftet bleiben. … Im Einklang steht der erotische Rausch … nur mit der orgiastischen, außeralltäglichen, aber in einem besonderen Sinne innerweltlichen, Form der Religiosität (MW in R 598).

Auf die Innerweltlichkeit, die Diesseitigkeit, die Weltbejahung kam es ihm an. Eine solche Art von Religiosität konnte er zwar auch in entlegenen, mehr oder weniger häretischen Lehren des Fernen Ostens finden. Aber konnte er sie übersehen, wenn sie ihm leibhaft in der Gestalt eines prophetischen Barfußpredigers vor Augen stand? Eines Predigers allumfassender Brüderlichkeit: „Das Miteinander lebt, das Miteinander nur!“ Eines Mahners zu „Kommunismus des Herzens“ (Titel einer Rede während der Revolution von 1919), also zu „Liebeskommunismus“. Eines Streiters wider die Zwänge von Schule, Kirche und Staat, eines Aufständischen gegen die gesamte westliche Kulturtradition überhaupt. Ein jesuanisch lebender „Asket“ und „Apostel“, der mit Weib und sieben Kindern durch die Lande zieht – für einen Traditions-christen eine fast schon blasphemische Erscheinung. Für den um die Integration seiner lange verdrängten Sexualität kämpfenden Max Weber musste eine solche Gestalt befreiende Wirkung haben. Seine nach 1913 entstehenden ‚Zwischen-betrachtungen’ schrieb er, nach eigener Aussage, in einer Art „Euphorie“ (MW in R 597).     

Übrigens: Nur wenige Tage nach seinem Auftreten in Heidelberg wurde Gräser in Mannheim wegen „unerlaubter Zettelverteilung“ festgenommen. Weil er wie üblich seine Schriften in den Straßen verteilte oder verkaufte. Drei Tage wurde er in Haft gehalten, dann aus Baden ausgewiesen und abgeschoben. In den ‚Heidelberger Neuesten Nachrichten’ vom 13.März 1913 wurde berichtet:

Heute Harmoniesaal in Heidelberg, morgen Gefängniszelle in Mannheim. Heute „Wegweiser für die Menschheit“, morgen „Bettler“ und Abschiebehäftling. Max Weber konnte den Schluss ziehen:

Die „mystische Erlösungssuche … fiel auch selbst der Weltherrschaft der Unbrüder-lichkeit anheim. Einerseits war ja ihr Charisma nicht jedermann zugänglich. Sie war also, dem Sinne nach, Aristokratismus höchster Potenz: religiöser Heilsaristokratismus. Und inmitten einer rational zur Berufsarbeit organisierten Kultur blieb für die Pflege der akosmistischen Brüderlichkeit selbst – außerhalb der ökonomisch sorgenfreien Schichten – kaum noch Platz: das Leben des Buddha, Jesus, Franziskus zu führen, scheint unter den technischen und sozialen Bedingungen rationaler Kultur rein äußerlich zum Mißerfolg verurteilt“ (RuG 560).

Im Schicksal des „Wegweisers“ von Heidelberg wurde dem Kulturbürger Weber eine Einsicht ins  Bewusstsein gedrückt, die er in eigenen Worten so formuliert:

Wer auch nur einen Pfennig Rente bezieht, die andere direkt oder indirekt zahlen müssen, wer irgendein Gebrauchsgut besitzt oder ein Verkehrsgut verbraucht, an dem der Schweiß fremder, nicht eigener Arbeit klebt, der speist seine Existenz aus dem Getriebe jenes liebeleeren und erbarmungsfremden ökonomischen Kampfes ums Dasein, den die bürgerliche Phraseologie als „friedliche Kulturarbeit“ bezeichnet … Die Stellung der Evangelien dazu ist in den entscheidenden Punkten von absoluter Eindeutigkeit. Sie stehen im Gegensatz nicht etwa gerade zum Krieg – den sie gar nicht besonders erwähnen – , sondern letztlich zu allen und jeden Gesetzlichkeiten der sozialen Welt (MW in Green 332).

In Gusto Gräser stand Weber ein Mensch vor Augen, der sich bewusst und provokativ außerhalb der Gesetzlichkeiten der sozialen Welt stellte. Der in Wort und Tat seine Mitmenschen herausrief aus der Gefangenschaft im eisernen Käfig:

Dies ist der Mörder: Macht ist sein Stern - Unmacht, das ist sein Zeichen.  

König ist er der Knechtleherrn, der geschäftigen Leichen.  

Hochverehrt braut er ganz commod mit Kultur allem Menschsein Tod.

Bist auch du sein devoter untertänigster Toter?

Winke zur Genesung 13 



Lotte Hattemer in ihrer Ruine


Die „charismatische Gesellschaft“ vom Monte Verità

Ist es Zufall oder sinnvolle und folgerichtige Ergänzung, dass ein heutiger Soziologe, Winfried Gebhardt, zweifellos in geistiger Nachfolge Webers, „die Kerntruppe der ‚Monteveritani’ als Beispiel einer Gemeinschaft“ deutet, „die sich dem Prinzip des ‚Charisma als Lebensform’ verpflichtet weiß“ (G 151)? Hier einige Auszüge aus seiner Untersuchung:

Karl Gräser, ein ehemaliger Oberlieutenant der österreichischen Armee, und Ida Hofmann [richtig: Jenny Hofmann] … bildeten den ideologisch „harten Kern“, um den herum sich noch einige andere Personen gruppierten: „Gusto“ Gräser, der Bruder Karls, Jenny Hofmann, die Schwester Idas, Lotte Hattemer und Ferdinand Brune.“ (G 162)

Karl Gräser war also der radikalere Denker, er suchte den absoluten Bruch mit der „alten Welt“ und ihren Vorstellungen von Eigentum und Kultur, blieb seinem „Willen zum bedingungslosen Austritt aus der normierten Kultur“ treu, orientierte sich an „kommunistischen Ideen“ und widersetzte sich allen Kompromissen. Er und seine Lebensgefährtin Jenny Hofmann setzten ihren ganzen Stolz darin, alles was sie zum Leben benötigten, selbst herzustellen. Sie wollten sich mit den primitivsten Bedarfsmitteln begnügen und lehnten es prinzipiell ab, sich auch nur im mindesten auf kapitalistische Geld- und Tauschbeziehungen einzulassen. (165f.)

Die Sezessionisten Karl Gräser, Jenny Hofmann und  Lotte Hattemer (blieben) fest entschlossen, ihre Ursprungsideale „rein“ zu erhalten. Sie verließen zwar das Gelände des gemeinsam begonnenen Siedlungsprojekts, nicht aber den Monte Verità. Sie siedelten sich in der Nähe der Oedenkovenschen Besitzung an und lebten hier ihr Ideal eines einfachen, harmonischen, nur dem Augenblick geweihten, sich selbst genügsamen Lebens absoluter Armut und fanatischer Kulturverachtung – Jenny und Karl gemeinsam, Lotte alleine, jeweils in der selbstgewählten Absonderung einfacher Erd-hütten, dafür aber im Einklang mit der „Natur“. … Auch „Gusto“ Gräser zog es für eine gewisse Zeit wieder zurück nach Ascona, wo er in einer Erdhöhle Zuflucht fand, bevor er endgültig die Gegend verließ, um als Wanderprediger für eine „natürliche Lebensweise“ durch Deutschland und Europa zu ziehen. (167 f.)

Gebhardt hat einen Teil dessen aufgedeckt, was Max Weber in Ascona gegenwärtig war, was er nicht übersehen haben kann, auch wenn er in seinen Briefen nicht davon spricht. Sein Nachfolger ist allerdings über Gusto Gräser schlecht informiert. Er weiß nicht, dass Karl ein „Jünger“ seines Bruders Gusto war, und zwar, in dessen Augen, ein schwacher. Er soll ihn sogar als „Mammonknecht“ bezeichnet haben, weil Karl nicht alle seine Güter von sich warf. Dieser wiederum nannte seinen Bruder einen „von Güte und Schönheit Besessenen“ (Brief an Gusto vom Sommer 1907). Man ersieht daraus, um wieviel radikaler (und damit „charismatischer“) Lebens- und Denkform Gusto Gräsers war, gemessen an den von Gebhardt so bezeichneten „säkularen Anachoreten“ vom Monte Verità (G 168).

Wenn also Gebhardt heute – aus historischer Entfernung – in den schwächeren, weil anpassungbereiteren Schülern und Nachfolgern Gustos das Beispiel einer charismatischen Gesellschaft entdeckt, die er mit dem urchristlichen Eremiten-tum gleichstellt, um wieviel mehr muss Max Weber seinerzeit, sowohl im Anblick der Gräserfreunde auf dem Berg wie erst recht in der anzunehmenden Begegnung mit Gusto selbst, von Ethos und Ausstrahlung dieses Mannes berührt, ja, ergriffen worden sein! Sein bohrendes Nachdenken über den Ideenkomplex, den er in den ‚Zwischenbetrachtungen’ und anderswo ausbreitet, gibt davon beredes, vielsagendes Zeugnis.

Bekannt ist seine Alternative: „Entweder – oder! Entweder dem Uebel nirgends mit Gewalt widerstehen, dann aber: - so leben wie der heilige Franziskus und die heilige Klara, oder ein indischer Mönch, oder ein russischer Narodnik (?). Alles andere ist Schwindel oder Selbstbetrug. Es gibt für diese absolute Forderung nur den absoluten Weg: den des Heiligen.“ (MW in Hanke 188)

Weber hatte ein Beispiel dafür vor Augen.




 
War Weber auf dem Monte Verità?

Max Weber war in Ascona, aber war er auch auf dem Monte Verità? Weder in seinen Briefen aus Ascona noch, meines Wissens, irgendwo sonst erwähnt er ihn. Sollte er ihn, obwohl am Ort, ignoriert haben? Stieg er nie hinauf auf den Berg der Reformer, der Aussteiger, der Naturmenschen?

Aber gewiss war er dort! Auch wenn wir das ohnehin als selbstverständlich voraussetzen müssen – wir haben dafür einen ausdrücklichen und aussagekräftigen Beleg. Und zwar im von Marianne Weber verfassten ‚Lebensbild’ ihres Mannes. Dort heißt es:

Frühjahr 1913 und 14 verbringt Weber in einem Oertchen an einem der ober-italienischen Seen, das mancherlei seltsamen Menschen Zuflucht gewährt, die sich von der bürgerlichen Gesellschaft geschieden haben: Anarchisten, Naturmenschen, Vegetariern und anderen modernen Sektierern, die hier ihre Ideale verwirklichen und dadurch die Zelle einer neuen Weltordnung bilden wollen. Auch Anhänger des Freudjüngers haben sich dorthin zurückgezogen, Anarchisten und Kommunisten. Sie stellen hier ihr Dasein ganz auf ihre Ideale: vor allem Freiheit von jeder überlieferten Norm – leben in Armut und Ungeborgenheit und tauschen dafür Außeralltägliches ein, das seelische Abenteuer, den Kampf um Selbstbehauptung in einer Existenz voll Bedrängnis aller Art (L 494).

Ein erstaunliches Dokument! Erstaunlich deshalb, weil es in der Zeit um 1925, als diese Zeilen niedergeschrieben wurden, noch keine Literatur über den Monte Verità gegeben hat (abgesehen von den sehr persönlichen Auslassungen in den Broschüren von Erich Mühsam und Ida Hofmann). Erstaunlich zum zweiten, weil Marianne Weber die Bewohner des Berges in einer Differenzierung beschreibt, die noch heute als gültig angesehen werden kann. Sie bietet ein Bild, das nicht nur gute Beobachtung sondern auch gründliches Nachdenken voraussetzt. Auch Sympathie spricht aus ihrem Bericht.

Tatsächlich hat Frau Weber ihren Mann in Ascona besucht. Gemeinsam werden sie auf den Berg gestiegen sein. Max Weber allein gewiss nicht nur einmal. Wenn aber schon seine Frau nach einem Kurzbesuch so gut Bescheid wusste, wieviel mehr ihr Mann? Und um wieviel mehr, als Denker aus Leidenschaft und Beruf, muss der Kulturforscher Weber sich Gedanken gemacht haben!

Vom bloßen Augenschein bei einem einmaligen Besuch war ein solcher Überblick, wie ihn Marianne Weber bietet, nicht zu gewinnen. Woher bezieht sie ihre Kenntnisse? Hat Weber an Ort und Stelle sich informiert? Ist er durch Kenner des Orts wie Carlo Philips direkt oder indirekt - etwa über Hans Ehrenberg – unterrichtet worden? Hat er die Richtungskämpfe in der SPD um 1905 beobachtet, an denen Raphael Friedeberg auslösend mitbeteiligt war?  Wurde er durch Robert Michels auf das Thema hingelenkt, der politisch in der Nähe Friedebergs stand? Michels hat diese Kämpfe später in einem Aufsatz dargestellt (Robert Michels, Eine syndikalistisch gerichtete Unterströmung im deutschen Sozialismus (1903-1907), in: Festschrift für Carl Grünberg zum 70. Geburtstag, Leipzig 1932). Dass Bebel, Kautsky und Singer 1905 den Monte Verità bestiegen haben, zeigt zur Genüge, dass der Berg schon zu dieser Zeit in den Focus politischer Interessen gelangt war.

Zum andern hatten sich die Webers, wie bekannt, mit der Theorie und Praxis von Otto Gross schon um 1907 energisch auseinandergesetzt. Dass die Grossianer in Ascona ihren Ursprung und Stützpunkt hatten, war ihnen gewiss nicht unbekannt. Auch musste Max Weber schon aus seinen diätetischen und allgemein gesundheitlichen Problemen heraus einen suchenden Blick auf die Naturheiler werfen. Nicht zu reden von der „freien Liebe“, dem Genossenschaftsexperiment und anderen Reformansätzen, die dem Berg eine erregte Aufmerksamkeit sicherten. Es gab also Gründe und Anlässe genug, sich mit dem Monte Verità intensiv zu befassen.

Die einzigen, möglicherweise noch greifbaren literarischen Quellen dafür waren die Broschüren ‚Ascona’ von Erich Mühsam (1905) und ‚Monte Verità’ von Ida Hofmann-Oedenkoven (1906). Aus ihnen ließ sich zur Not ein ungefähres Bild der verschiedenen Gruppierungen auf dem Berg herausdestillieren. Weber wird sich diese kleinen Schriften besorgt, wird sich mit den Ideen der Siedler beschäftigt haben.

Warum ist davon in seinen Briefen aus Ascona nichts zu lesen? Warum füllt er sie mit Kleinigkeiten und Alltäglichkeiten, die einem Bierbauchphilister bestens anstünden? Liest man sie oder die Darstellung etwa eines Sam Whimster, dann gewinnt man den Eindruck, dass sich der Herr Professor am Lago Maggiore einem stumpfsinnig-gedankenlosen Faulenzerleben ergeben hat, hauptsächlich mit Magen-, Darm-, und Schlafproblemen beschäftigt war.

Warum fällt das Wort „Monte Verità“ nicht ein einziges Mal?

Wer sich diese Frage stellt, dem muss auffallen, dass auch Marianne weder den Namen „Ascona“ nennt noch gar das Wort „Monte Verità“ über die Lippen bringt. Das Wort ist für sie offenbar unaussprechbar. Schon der Hinweis „Ascona“ wäre zuviel für sie gewesen. Genauso und erst recht war die berüchtigte Vokabel offenbar für Weber selbst ein Unaussprechliches, war ein Tabu. Er schweigt brieflich gegenüber seiner Frau auch in der Sache über das Thema. Dass sie aber darüber geredet haben müssen, das geht aus dem oben zitierten Passus einwandfrei hervor.

Marianne unterscheidet geradezu wissenschaftlich exakt: „Anarchisten, Naturmenschen, Vegetarier“. Eine solch klare Unterscheidung hat noch nicht einmal der grundlegende Katalog von Harald Szeemann ein halbes Jahrhundert später durchgehalten! Bis heute werden die drei klassischen Typen der Ansiedler in bunter Mischung durcheinander geworfen oder öfter noch über einen Leisten geschlagen.

Die Vegetarier – das waren in erster Linie die Gründer und Bewohner der Naturheilanstalt von Henri Oedenkoven und Ida Hofmann. Die Anarchisten dagegen waren keine Vegetarier sondern aus Berlin zugezogene linke Intellektuelle wie Raphael Friedeberg, Erich Mühsam und Johannes Nohl. Als „Naturmenschen“ wiederum wurden ausschließlich die Brüder Gräser und ihre Freunde bezeichnet, in polemischer Abgrenzung durch speziell die bürgerlichen Reformer um Oedenkoven, die mit den „Naturmenschen“ partout nicht verwechselt werden wollten, in ihnen einen schweren Schaden für den Ruf ihres geschäftlichen Unternehmens sahen. Die Anarchisten wollten erst recht keine Naturmenschen sein, auch keine Vegetarier, wollten weder auf Fleisch, Alkohol und Nikotin noch auf Schlips, Kragen und Bügelfalte verzichten. Diese Radikalrevolutionäre redeten sich untereinander in der Sie-Form an!

Frau Weber hat also die Differenzen mit einer Klarheit erfasst, die auf soziologische Schulung hindeutet – oder eben auf „Schulung“ durch einen Soziologen. Auch unter den Anarchisten wird von ihr noch einmal differenziert: Es gibt da die Anhänger des namentlich nicht genannten Freudjüngers Otto Gross, im Unterschied zu anderen wie Raphael Friedeberg oder Fritz Brupbacher, die nicht zu den Jüngern des Freudjüngers zählten. Unter diesen wiederum gab es einen Flügel mit bakunistischer Tendenz – hauptsächlich die Zürcher Anarchisten wie Franz Blazek und die Gebrüder Scheidegger – und einen Flügel mit kommunistischen Neigungen, so vor allem bei Erich Mühsam.

Auch weiß Frau Weber, dass die Siedler nichts Geringeres vorhatten, als „die Zelle einer neuen Weltordnung“ zu bilden. Das traf in erster Linie auf Gusto Gräser zu, dessen Lehrmeister, der Maler Karl Wilhelm Diefenbach, über die gewöhnliche Lebensreform mit ihren hygienischen Forderungen hinaus eine allgemeine und umstürzende Kulturreform anstrebte. Von ausgeprägten Vorstellungen für eine „neue Weltordnung“ konnte weder bei den Sanatoriums-Vegetariern noch bei den Anarchisten die Rede sein, wohl aber bei Karl und Gusto Gräser. Der Gedanke einer vorbildhaften sozialen Zellbildung geht  auch auf die utopischen Sozialisten und auf Gustav Landauer zurück. Die Dreiheit Diefenbach-Fourier-Landauer war maßgeblich für die Siedlungsvorstellung der Gräserbrüder. 

Ungenau ist Frau Weber, wenn sie den Bergbewohnern pauschal „Freiheit von jeder überlieferten Norm“ zuschreibt. Davon konnte, wie schon angedeutet, bei den Anarchisten und Vegetariern nur in Maßen die Rede sein, im vollen und radikalen Sinn aber bei Gusto Gräser. Auch „Armut und Ungeborgenheit“ treffen auf den besitzlosen Wanderer weit mehr zu als auf alle andern, und selbstverständlich auch der „Kampf um Selbstbehauptung in einer Existenz von Bedrängnis aller Art“. Man muss also annehmen, dass Marianne mit diesen letzten Charakterisierungen vor allem Gusto Gräser und dessen Bruder Karl im Auge hatte, umsomehr, als sie hier das Wort „Außeralltägliches“ verwendet, eine Prägung ihres Mannes, die dieser sehr wahrscheinlich im Hinblick auf die Gräsers, namentlich aber Gusto, geschaffen hat und die man als sein Codewort für diesen „seltsamen Heiligen“ verstehen kann.

Warum, noch einmal, spricht Max Weber nicht über den Monte Verità? Er befindet sich damit in „guter“ Gesellschaft. Denn weder ein Hermann Hesse noch ein Gerhart Hauptmann, weder ein Hugo Ball noch ein Ernst Bloch, kein Bruno Goetz oder Hans Arp und kaum irgendein anderer von den vielen Künstlern und Intellektuellen, die den Monte Verità besuchten, haben sich öffentlich und ausdrücklich dazu bekannt. Der Ort war berüchtigt als der Ort einer Avantgarde, wo ungeheuerliche Dinge geschahen oder möglich waren, insofern faszinierend und abstoßend zugleich, aber gewiss keine Empfehlung im bürgerlichen, literarischen oder wissenschaftlichen Milieu. Monte Verità war ein Tabu. Dort gewesen zu sein, konnte eine bürgerliche Existenz ruinieren.

Darum schweigt Weber zu diesem Thema.

Ein anderes, tieferes Moment spielt mit. Wer sich zu einem Gusto Gräser bekannte oder ihn auch nur irgendwie gut fand, der musste sich die Frage gefallen lassen (und sich selbst stellen): „Und Du? Was tust Du in seiner Nachfolge oder was nur halbwegs vergleichbar wäre? Wer bist Du neben ihm?“ – Es ist die Scham der Beschämten im letzten Grunde, die seine Zeitgenossen zum Schweigen verurteilte. Wenige hatten den Mut, offen auszusprechen, was sie empfanden, so wie die Dichterin, Pfarrfrau und Vorfrau der Bekennenden Kirche Esther von Kirchbach: „Diesem Manne müsste man eigentlich nachfolgen, was uns aber überfordert.“

Auch darum schweigt Weber zu diesem Thema. Dass er seine Briefe mit Banalitäten vollstopft, die einem spießbürgerlichen Klatsch bedenklich nahekommen, darf als eine Wand verstanden werden, hinter der der Denker Weber verbirgt, was eigentlich in ihm vorgeht, was ihn im Stillen – und vielfach noch unbewusst – beschäftigt. Auch sein juristischer Beistand für die Ex-Frau von Otto Gross war hervorragend geeignet, als Schirm und Ablenkung von Anderem, Tiefergehendem zu dienen. Eben sein Schweigen über einen Ort, der als extreme Herausforderung an seine gewohnten Überzeugungen gelten muss, eben dieses Schweigen spricht. Nicht in seinen Briefen, wohl aber in seinem Werk, namentlich in den oft genannten ‚Zwischenbetrachtungen’ und in der Rede über ‚Politik als Beruf’, haben wir die Spur des Monte Verità zu suchen.

Die ehemalige Casa Abbondio, jetzt Via Moscia 14, an der Seeuferstraße nach Brissago, steht oberhalb der Brücke, unter deren Torbogen Gusto Gräser zeitweilig schlief und von wo er mit seinem Einbaum-Boot in den See stach. Es handelt sich vermutlich um den hässlich modernisierten hellen Kastenbau am Ende der Brücke.



Aufstieg zum Berg

Von der Casa Abbondio aus konnte Weber den Monte Verità über einen Fußweg in fünfzehn Minuten erreichen. War der „Berg“ auch nur ein Hügel, so war der Weg zum Gipfel doch steil und steinig, nicht viel mehr als ein ausgewaschenes trockenes Bachbett. Eine Fahrstraße vom Ort hinauf zum Sanatorium gab es damals noch nicht, die Zufahrt wurde auf der Rückseite des Berges, von Losone her, erschlossen.

Um die selbe Zeit wie Weber, 1914, hat auch der Münchner Schriftsteller Hans Brandenburg den Berg besucht. Von ihm stammt eine poetische Beschreibung des Weges, den auch die Webers gegangen sein müssen. Brandenburg „klimmt die rohen Steinstufen eines Fußpfades hinan“.

„Dieser führte auf eine ausgedehnte, vielfach zerklüftete, ehemals fast nackte Felskuppe, die über dem Ort und dem See in breiter Welle den Hintergrund der höheren Berge schlug und auf der sich allerhand Siedler ansässig gemacht hatten, Leute aus aller Herren Länder, zum Teil Naturmenschen und Pflanzenesser, angelockt durch den mehr als billigen Preis des Bodens, auf welchem, so steinig er war, doch ein beinahe tropisches Wachstum sich entfaltete, wenn man ihm eine Schicht guter Erde auflegte. Von und nach den verschiedensten Seiten liefen ähnliche Steige, geröllig wie die Betten reißender Gebirgsbäche, in die sie sich bei Regen auch in der Tat verwandelten, so dass man dankbar sein musste, wenn man über die herausragenden Steine ziemlich trockenen Fußes durch die Fluten gelangen konnte. An diesen Steigen lagen, weit sichtbar oder halbversteckt, größere oder kleinere Häuschen aus Stein oder Holz, meist inmitten von Obst-, Gemüse- und Baumpflanzungen, Bambus-gehegen und Weingärten, und Reben spannen, an granitenen Säulen emporkletternd, an vielen Stellen grüne Dächer über den Weg, den überall niedrig geschichtete Cyklopenmauern säumten, aus welchen große Smaragd-eidechsen wie grüne Blitze durch die Sonne sprühten. Schon auf halber Höhe dieses Berges hatte man das Städtchen unter sich, es lag einem mit seinen gestreckten Dächern und der ragenden Säule seines Kirchturms zu Füßen, als wäre es droben aus den Felsen herausgebrochen und dann hinabgeworfen worden, und dahinter entbreitete sich in langem Flusse der blaue See mit zwei kleinen Inseln und dem Rahmen der Berge. …

Überall, wo kein Garten war, wucherte allsogleich wieder die Wildnis über den nackten Fels, Farren und Moose, Krüppelbirken, Brombeersträucher und Preißelbeerkraut und immer wieder Edelkastanien. Diese bildeten schließlich zur Rechten wie zur Linken, wo sie den See und jeden Ausblick verdeckten, einen Hain, ganze Pfeilerbündel ihrer Stämme schossen zwischen den moosigen Blöcken des Felsens auf, und durch die gefiederten Laubmassen zog der Steig mit seinen beiden Mäuerchen eine tiefe, lauschige Gasse, die am Ende gegen ein Muttergotteshäuschen lief. Vielmehr war dies nur ein steinerner Sockel mit einem Dach, unter dem das Relief einer schwarzen Madonna, in leuchtendgelbem Kleide, den Jesusknaben hielt“ (Hans Brandenburg: Das Zimmer der Jugend. Roman. Stuttgart Heilbronn 1920, S. 307f.).

Der Fußsteig führte und führt geradewegs auf das Haus von Karl Gräser zu, das also kein Bergbesucher übersehen konnte, auch deshalb nicht, weil es den Anblick eines originellen Eigenbaus bot, durchweg handgemacht, von Zyklopenmäuerchen eingerahmt. Auf einer flachen Schwelle unterhalb des eigentlichen Gipfels liegend, stellte es so etwas wie die Torwache zum Sanatorium dar. Jedem aufmerksamen Beobachter musste klar sein: Aha, hier wohnt ein „Naturmensch“. Unterschied sich Karl in Kleidung, Gebaren und Behausung doch deutlich von den bürgerlichen Reformern auf dem Berg, den wohlbetuchten Kurgästen und den dienstbeflissenen Angestellten der Naturheilanstalt. In seinem Falle konnte mit Recht die Rede sein von „Armut und Ungeborgenheit“ und vom „Kampf um Selbstbehauptung in einer Existenz voll Bedrängnis aller Art“ (L 494) - und in diesem Sinne von „Askese“. So hatte schon Erich Mühsam ihn beschrieben: „Auf ihn (Karl Gräser) sind die Faust-Verse anzuwenden:

 Nur der erwirbt sich Freiheit und das Leben,
 der täglich es erobern muss.“ (Ascona, S. 55)

Wenn Weber sich tatsächlich die Broschüre von Mühsam besorgt hat, muss er auch diese Zeilen gelesen haben.

Luftaufnahme des Berges von 1929. Links von der Mitte des unteren Bildrands führt der Weg vom Ort Ascona kommend auf das erste Haus von Karl Gräser zu, dessen Blechdach als weißer Rhombus zwischen den Bäumen zu erkennen ist. Im rechten unteren Bildviertel schließt sich sein Garten an und das von ihm und seinem Bruder um 1906 erbaute Zweithaus, das sogenannte „Demianhaus“. Darüber die Gebäude und der Park der Naturheilanstalt von Oedenkoven.                              

(Foto:  mit Dank an Wolfgang Wackernagel aus www.ymago.net)

Karl Gräser glich vom Äußeren her einem Tolstoianer, in seinen Anschauungen nur bis zu einem gewissen Grad. Es gab aber auch bekennende Tolstoianer, wie den ungarischen Ingenieur Wladimir Straskraba (1869-1934), der auf  halber Höhe des Berges das vegetarische Restaurant ‚Zur Heidelbeere’ betrieb, in das auch Weber gelegentlich eingekehrt sein dürfte. Straskraba gab eine eigene Zeitschrift heraus, in der selbstverständlich sein großes Vorbild gewürdigt wurde. Ein anderer Tolstoianer war der Deutschrusse Paul von Rechenberg-Linten (geb. 1871), ein Bruder jenes anderen Rechenberg, der pro forma der Ehemann von Franziska von Reventlow geworden war. Dieser fromme Rechenberg, der für seine Überzeugung zwei Jahre in der Festung Neogeorgiowsk gelitten hatte, war mit den Gräsers befreundet. Als eine der Pflegetöchter von Gusto erkrankt war, nahm er sie für fast ein Jahr bei sich auf. Auch die Lebensweise des Schwaben Carlo Vester hatte stark tolstoianische Züge. Und schon von allem Anfang an, noch bevor der Monte Monescia gekauft wurde, hatten die Brüder Gräser mit dem slowakischen Arzt Albert Skarvan (1869-1926) Freundschaft geschlossen, einem Freund und Mitarbeiter von Tolstoi und Übersetzer seiner Schriften. Skarvan war ebenfalls wegen Kriegsdienstverweigerung in Festungshaft gekommen und hatte sein Arztpatent verloren. Eine Ansammlung, ja eine ganze Kolonie von „Gesinnungsethikern“ hatte sich  auf dem Weinberg von Ascona angesiedelt.

Der ungarische Ingenieur Wladimir Straskraba-Czaja, Inhaber
 der vegetarischen Gaststätte ’Heidelbeere’, mit seiner Familie.

Bei seinen wochenlangen Aufenthalten am Ort kann Weber diese Menschen nicht übersehen haben. Er spricht aber nicht von ihnen sondern nur von Ernst Frick, weil er mit diesem als Beistand von Frieda Gross sozusagen beruflich zu tun hatte. Frieda gehörte in einem freundschaftlichen Sinn zur Weberschen Familie – und mit ihr auch Frick. Und obwohl dieser weit weniger als Andere in Ascona als „Tolstoianer“ anzusprechen war, exemplifiziert er an ihm, den er juristisch zu begutachten hat, seine tolstoianisch-erotische Aporie. An Marianne schreibt er:

„Im übrigen möchte er eben Güte und Nächstenliebe durch Akosmistik der Erotik zur Vollendung bringen. Ich hatte Dora schon gesagt, warum das nicht geht, und sie gibt zu, daß die eigentliche Konsequenz die Tolstoische Askese sei, zu der er ja auch immer wieder hinneigt“ (in Lebensbild 497).

Hier fassen wir eine erste Formulierung der Konfliktfrage, die Weber zu dieser Zeit und in den folgenden Jahren aus persönlichen Gründen beschäftigt und die er hier noch negativ beantwortet. Eine Heiligung der Erotik, ihre Steigerung zu Güte und Nächstenliebe könne es nicht geben, meint er. Heiligung sei nur möglich auf dem Weg der Askese. Einige Jahre später wird er die Frage anders beantworten.

Aus seinen Berichten über Frick wird aber spürbar, wie  sehr Weber von diesem „Gläubigen“ beeindruckt ist. Wie Rüdiger Safranski schreibt: „Der lebendige Glaube, der nicht von dieser Welt ist, faszinierte Max Weber so, wie man von einem Künstler oder Virtuosen fasziniert ist. Solche Menschen nennt er ‚Religionsvirtuosen’“ (Ein Meister aus Deutschland, S. 115).

Wie sollte Weber, wenn schon der terroristisch angehauchte Anarchist Ernst Frick ihm imponieren  konnte, wie sollte er nicht von den echten und radikalen Tolstoianern beeindruckt worden sein, wie sie ihm in Ascona vor Augen kamen? Und wieviel mehr von jenem Einzigen, der das Kunststück vollbrachte, jenes Kunststück, das Weber 1914 noch für unmöglich erklärte: nämlich tolstoianische Radikalität und freie Erotik ineins zu bringen. Den Eros durch Ethos zu heiligen, das strenge Ethos durch Eros zu mildern.

Gusto Gräser musste Weber wie ein Antwort auf Otto Gross erscheinen. Beide verkündeten die Freiheit und Freizügigkeit der Liebe, beide feierten – im Prinzip gleich – den orgiastischen Rausch. Gross allerdings, ohne religiöses Ethos, entfesselte den Eros zur Libertinage. In Gräser dagegen war das Ethos stark genug, den Eros zu bändigen, ohne ihm Fesseln anzulegen. Praktisch gesprochen: Wer sich auf der Straße mit Bekennergedichten durchbringen will, wer gar eine große Familie auf diese Weise durchbringen muss – und dies im Kampf für seine religiös-philosophischen Einsichten, gegen den harten Widerstand der Welt! - , der wird weder Zeit noch Kraft noch Bedarf für erotische Exzesse haben. Nicht der Eros, wohl aber das Ethos steigert sich bei Gräser in Kampf und Not zu Augenblicken einer Ekstase, die auch den Eros reinigt und erhöht. „REinigung“ ist das große Losungswort Gräsers. Und darin schwingt mit, dass Eros mit Ethos sich einigt und dadurch reinigt.

„Heilflammende Begeisterung ist Erdsternnotbemeisterung“, ist „REinigung“.

 
So muss ein rrreinigender Brand loh durch die Völker brennen,

bis von dem Ichwahn, knechtsneidstumpf, samt seinem öden Herrschgetrumpf,
geläutert, wir - erkennen!
Also uns warmbeherzten Haupts nimmer mit Wissgier spalten,
denn, unsrem Hochzeitsgeist gesellt, weise vermählend alle Welt,
als Gärtner in ihr walten.
*
Paarung ist Wahrung der Welt!


 
Quellen:             
  • Badische Neueste Nachrichten, Mannheim, 14. März 1913. Ausschnitt im NL Gusto Gräser.
  • Chronik der Stadt Heidelberg für das Jahr 1913. Heidelberg 1915.
  • Fingerle-Trischler, Brigitte (Hg.): Naturpropheten in Freimann. Gusto Gräser, Bruno Wersig und die Wirkung von Karl Wilhelm Diefenbach. Mohr-Villa, München-Freimann 2009.
  • Fügen, Hans Nobert: Max Weber  mit Selbstzeugnissen und Bilddokumenten. Reinbek 1985.
  • Gebhardt, Winfried: Charisma als Lebensform. Zur Soziologie des alternativen Lebens. Dietrich Reimer Verlag, Berlin 1994.
  • Gräser, Gusto: Winke zur Genesung unsres Lebens. Ascona 1918.
  • Gräser, Gusto: Erdsternzeit. Eine Auswahl aus dem Spätwerk. Umbruch-Verlag, Recklinghausen 2009 und 2010.
  • Gräser, Gusto: TAO – das heilende Geheimnis. Umbruch-Verlag, Recklinghausen 2008 und 2010.
  • Gräser, Arthur: Was ist’s mit Arthur Gräser? Potsdam o. J.  ( = W)

  • Gräser, Karl: Brief an seinen Bruder Gusto. Im Archiv der deutschen Jugendbewegung, Burg Ludwigstein.
  • Green, Martin: Else und Frieda, die Richthofenschwestern. München 1976. 
  • Green, Martin: Mountain of Truth. The Counterculture begins. Ascona, 1900-1920. University Press of New England, Hanover and London, 1986.

  • Hanke, Edith: Prophet des Unmodernen. Leo N. Tolstoi als Kulturkritiker in der deutschen Diskussion der Jahrhundertwende. Tübingen 1993.
  • Heidelberger Neueste Nachrichten vom 4. und 13. März 1913.
  • H. F.: Gusto Gräser-Vortrag in den Kaisersälen. In: Badische Neueste Nachrichten, 14. März 1913.
  • Karlsruher Tagblatt, Mittwoch, 26. Februar 1913. Ausschnitt im NL Gusto Gräser.
  • Krischke, Roland und Hepp, Frieder (Hg.): Kurt Wildhagen 1871-1949. Der Weise von Heidelberg. Heidelberg 1997.
  • Ludwig, Emil: Geschenke des Lebens. Ein Rückblick. Berlin 1931.
  • Mommsen, W. und Schwentker, W. (Hg.): Max Weber und seine Zeitgenossen. Göttingen 1988
  • Müller, Hermann (Hg.): Gusto Gräser. Aus Leben und Werk. Bruchstücke einer Biographie. Knittlingen 1987.
  • Raub, Michael: Opposition und Anpassung. Eine individualpsychologische Interpretation von Leben und Werk des frühen Psychoanalytikers Otto Gross. Verlag Peter Lang, Frankfurt/M. 1994.

  • Radkau, Joachim: Max Weber. Die Leidenschaft des Denkens. Carl Hanser Verlag, München Wien 2005.  ( = R)
  • Rall, Willo: Gusto Gräser. In: Badische Neueste Nachrichten, 2. März 1913.
  • Rall, Willo: Gusto Gräser. In: Badische Neueste Nachrichten, Pforzheim, März 1913. Ausschnitt im NL Gusto Gräser.
  • Roth, Guenther: Max Webers deutsch-englische Familiengeschichte 1800-1950. Verlag Mohr Siebeck, Tübingen 2001.
  • Schöllgen, Gregor: Max Weber. Verlag C. H. Beck, München 1998.
  • Szeemann, Harald (Hg.): Monte Verità, Berg der Wahrheit. Lokale Anthropologie als Beitrag zur Wiederentdeckung einer neuzeitlichen sakralen Topographie. Electa Editrice, Milano 1978.
  • Voswinckel, Ulrike: Die Ladies von Richthofen und der Rote Baron. Frauenwelten und Männerwelten des beginnenden 20. Jahrhunderts. Sendung des Bayerischen Rundfunks, Bayern 2, 3. Mai 1992, 21. 00 - 22. 00 Uhr.
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  • Weber, Marianne: Max Weber. Ein Lebensbild. München 1989. 
  • Weber, Max: Religion und Gesellschaft. Gesammelte Aufsätze zur Religionssoziologie. Zweitausendeins, Frankfurt 2006. ( = RuG)
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  • Whimster, Sam: Max Weber and the Culture of Anarchy. Hampshire and London 1999.
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  • w. [Will Rall]: Zur Verhaftung Gusto Gräsers. In: Badische Neueste Nachrichten, 14. März 1913.
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